bunte kekse braucht es nicht h artwig bentele und christoph lauterbach sollen er- zählen, wie es ihnen gelingt, kreativ zu bleiben. vor ihrer antwort kommt ein lachen, impliziert die frage doch, dass kreativität eine ressource ist, die versiegen könnte. dieses problem haben die beiden aber nicht. „im gegenteil“, sagt christoph lauterbach, „wir müssen uns manchmal zügeln, weil wir mit zu vielen bällen spielen.“ sie brauchen weder bunte kekse noch kanariengelbe kuschelecken oder was sonst gerade in so-bleibe-ich-kre- ativ-ratgebern feilgeboten wird, schon gar kein ver- ordnetes brainstorming. was die synapsen der gründer von kunstmatrix, einem internetportal für die räumliche darstellung von kunst im www, arbeiten lässt, ist freiheit. deshalb versuchen sie alles, was ihr abträglich sein könn- te, weitgehend zu minimieren, besonders bürokratie oder das verschwenden von kraft an prozesse, die sie nicht mehr beeinflussen können. hartwig bentele: „bei uns hat sich die einsicht durchgesetzt, dass wir die vermarktung unserer produkte nur bis zu einem gewissen punkt pushen können, wenn es dann noch immer nicht rockt, hilft nur ein millionenbetrag oder manchmal nicht mal der. dann muss man loslassen können.“ sie, die an der tu berlin ar- chitektur studierten, organisieren deshalb ihre firma nach der devise: der unternehmerische alltag gehört so weit optimiert, dass das ideenkarussell rotieren kann. kreativität müssen sich die beiden nicht erarbeiten, sie ist ihnen gegeben. was ihrer gabe jedoch zugutekommt, das geben bentele und lauterbach zu, ist die branche, in der sie tätig sind. „die halbwertszeit von internetpro- dukten beträgt höchstens anderthalb jahre. danach kann man mit seinen dingen kein geld mehr verdienen, weil sie überholt sind“, sagt christoph lauterbach. „wer am markt bleiben will, muss sich immer wieder etwas neues einfallen lassen.“ bentele und lauterbach entwickeln technologien, mit denen auch der kunstmarkt ins digitale zeitalter überführt werden kann. das betrifft zum beispiel die konzeption von ausstellungen, indem sie die analo- ge und die virtuelle welt verknüpfen. bevor ein bild für eine exposition überhaupt gehängt wird, ist die hängung digital schon durchgespielt. sie wollen künstler, galeris- ten und kuratoren befähigen, dass deren ausstellungen im netz für die ewigkeit erlebbar bleiben und archiviert werden. bestände von museen, die niemals in der realen welt gezeigt würden, können mit den kunstmatrix-tools im internet zugänglich gemacht werden. sie sind unternehmer, die vielleicht ein wenig anders ti- cken. nicht nur, weil sie sätze sagen wie „wir machen uns nicht zum sklaven unserer firma“ und sie noch geschäfts- felder verfolgen, die mit kunstmatrix direkt nichts zu tun haben, sondern weil man bei ihnen auf einen ausgepräg- ten eigensinn trifft. eigensinn aber nicht im eigenbrötle- rischen, gar kauzigen sinne, sondern in dem sinne, dass sie etwas ganz und gar eigenes entwickeln wollen, etwas, was eben nur bentele und lauterbach hervorbringen können. denn nachahmung ist ihnen ein graus. deshalb arbeiten sie ausgesprochen interdisziplinär – zusammen mit künstlern, ingenieuren, osteopathen, technik-nerds. www.kunstmatrix.com/de bunte kekse braucht es nicht was für die gründer von kunstmatrix wichtig ist, um kreativ zu sein text sybille nitsche foto: philipp arnoldt photography entspannt: hartwig bentele und christoph lauterbach lassen sich von den zumutungen des arbeitsalltags nicht stressen. 2016/2017 4 3eins 36 etabliert – erfahrungen aus der praxis