Die soziale Ungleichheit lebt - in den Konzertsälen

Lieben Sie Wagner? Leben Sie allein?

parTU
Forschung & Entwicklung

Stefanie Hertel - der Shootingstar der Volksmusik sorgt für gut gefüllte Musikpaläste. Je nach Konzertart - ob Volksmusik, Pop oder Klassik - unterscheiden sich jedoch die Zuhörer in ihrer sozialen Zusammensetzung.

Volksmusikstar Stefanie Hertel
TU-Musiksoziologe Dr. Hans Neuhoff befragte in 20 Berliner Konzerten aller Musikrichtungen - von Karel Gott bis zu Metallica - 6500 Besucher. "Wir können nun erstmals eine genaue Landkarte musikalischer Geschmackskulturen zeichnen und den Hörer als Sozialfigur beschreiben."Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützte Projekt zeigte noch zwei weitere Aspekte: Demnach müssen ästhetische Gesichtspunkte als Hauptmotivation für einen Konzertbesuch um einen funktionalen Aspekt ergänzt werden: dem Wunsch nach Bestätigung des Wertesystems der eigenen sozialen Gruppe. Und außerdem ist heute noch "die traditionelle Form vertikaler, sozialer Ungleichheit im Kulturleben zu beobachten".

Vor allem das Volksmusikpublikum ist, was die Altersstruktur, den sozialen Hintergrund und die Lebensziele betrifft, eine vergleichsweise homogene Gruppe. Geborgenheit, Sicherheit und Familie sind für sie unter allen befragten Musikpublika am wichtigsten. Relativ hoch ist der Anteil an PDS-Wählern - ein Befund, der auch durch die vielen Besucher aus den neuen Bundesländern zu erklären ist.

Andere Indikatoren wie Führungspositionen übernehmen oder die Welt verändern, spielen für sie - im Vergleich zum Wagner-Publikum - eine geringere Rolle. "Musical-Veranstaltungen haben den höchsten Anteil an CDU-Wählern. In den Wagner-Aufführungen trifft man auf einen relativ hohen Anteil an SPD- und Grünen-Sympathisanten. Das Image des Wagner-Publikums, ein rechts-konservatives zu sein, muss für die Berliner Situation korrigiert werden", so Dr. Neuhoff.

Auch der soziale Hintergrund unterscheidet sich: Einen Hochschulabschluss besitzen rund die Hälfte der Wagner-Besucher, einen Haupt- / Volksschulabschluss hingegen viele Volksmusikliebhaber. Außerdem kommen zu einem Hertel-Konzert lediglich drei Prozent allein. Bei der Wagner-Gemeinde gibt es viele Einzelbesucher (30 Prozent) und Singles (40 Prozent).


Musical: Der Glöckner von Notre Dame

Datenbank:

Ansprechpartner: Dr. phil. Hans Neuhoff, TU-Berlin, Institut für Kommunikationswissenschaft, Medien- und Musikwissenschaft, Forschungsprojekt: Publikumsanalyse im Konzertsaal, Straße des 17. Juni 135, 10623 Berlin, E-Mail: muwi0134@mailszrz.zrz.tu-berlin.de, Tel.: 030/314-22789, Fax: 030/314-22235

Inhalt   Impressum   © TU-Pressestelle 7/2000