Doktortitel - Sprungbrett oder Stolperstein?

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Jubiläum

Die zwei magischen Buchstaben vor den Namen zu bekommen, ist nicht einfach. Selbstzweifel, dann wieder Forscherdrang - dass muss ein Doktorand innerhalb von drei bis fünf Jahren Promotionszeit erst einmal verarbeiten.
Hinzu kommen oft finanzielle Schwierigkeiten, von den fachlichen ganz zu schweigen.
Die einen wurden vom Professor angesprochen, die anderen kamen während der Diplomarbeit auf den Geschmack. Dr. Meyer, Dr. Wagner klingt gut. Doch was bringt eine Promotion heute?
Unsere Gastautoren liefern einen Beitrag zur Diskussion.


Pro

Schön war's, promoviert zu haben

Von Dr. Olaf Plötner

"In unserem Unternehmen spielen Titel für die Karriere keine Rolle." Das hören viele Absolventen bei Bewerbungsgesprächen. Um so überraschter ist man, wenn man sich einige Vorstandslisten anschaut: Doktoren allüberall. Besonders hoch ist die Doktordichte bei großen deutschen Industrieunternehmen. So ist Heinrich von Pierer bei seinen fast ausschließlich promovierten Kollegen des Siemens-Zentralvorstands sogar ein Doppel-Doktor, titelübertroffen allenfalls noch von zwei Vorstandsmitgliedern mit einem "Prof." vor dem Namen. Bei kleinen und mittelständischen Firmen mögen Titel weniger verbreitet sein - allenfalls in den obersten Hierarchiestufen. Klar, es gibt auch viele, die ohne Doktorhut Karriere machen. Doch mit Titel geht es oft leichter.

Gott sei Dank ist es ohnehin nicht jedermanns Ziel, in die "obersten Hierarchiestufen" zu kommen. Doch auch für jene mag es sinnvoll sein zu promovieren, denn es kann Spaß machen. Gerade wenn man die Dissertation als Universitätsassistent verfasst. Die Beschäftigung an einem Lehrstuhl und die Forschung an einem (interessanten!) Thema stellen für viele eine sehr angenehme Phase zwischen Studium und Praxis dar. Dabei gibt es natürlich auch Momente der Lustlosigkeit oder der Verzweiflung. Doch spätestens, wenn man seine Arbeit als Buch vor sich liegen hat, ist man sich sicher: Schön war's, promoviert zu haben.

Dr. Olaf Plötner ist seit 1. Oktober 1999 Geschäftsführer des Instituts für Management & Technologie IMT Berlin. Zuvor war er u. a. bei der Boston Consulting Group und der Siemens AG tätig. Kontakt: http://www.imtberlin.de

Contra

Für ein lebenslanges Lernen

Von Hans-Joachim Rößler

Oft wird heute behauptet, dass für den beruflichen Erfolg eine abgeschlossene Promotion quasi Grundvoraussetzung sei. Aus meiner Sicht ist das eindeutig zu verneinen. Nur eine relativ kleine Zahl an Ingenieuren wagt den Schritt, sich den Mühen der wissenschaftlichen Tätigkeit zu unterziehen. Dies liegt u.a. daran, dass sich der Arbeitsmarkt gerade für viele Ingenieurberufe positiv entwickelt hat. Indiz hierfür sind zahlreiche Aktivitäten, qualifizierten Nachwuchs bereits durch Angebote während des Studiums zu finden.

Etwa drei bis fünf Jahre braucht der Doktorand, um den Titel zu erwerben. In dieser Zeit kann der "einfache Diplomingenieur" bereits einen bedeutenden Schritt auf der Karriereleiter nach oben beschreiten. Damit verbunden sind finanzielle Vorteile, die auch nach dem Einstieg des Promovierten nur schwer aufgeholt werden können.

Letztlich ist es nicht mehr entscheidend, ob ein Mitarbeiter den Doktortitel trägt oder nicht. Im Berufsleben sind Qualifikationen gefragt, die auch durch die Promotion nicht abgedeckt werden können: selbstverantwortliches Handeln, die Ableitung betriebswirtschaftlicher Kennzahlen und strategisches Planen. Außerdem wird künftig ein lebenslanges Lernen wichtig sein.

Der Autor ist Diplomingenieur und Geschäftsführender Gesellschafter der Primary Product Technologies GmbH, Berlin. In diesem Jahr brach der TU-Absolvent seine Promotion ab und beschritt den Weg in die Selbständigkeit. Kontakt: http://www.PPTec.com


Öffnet ein Doktortitel wirklich alle Karrieretüren oder ist er in der freien Wirtschaft doch nur eine Last?
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