Japanische Dimensionen

Ein Konflikt größten Ausmaßes

parTU
Ausland

TU-Absolventen im Ausland - die Konfrontation mit anderen Kulturen stand nicht auf dem Lehrplan, doch die Praxis hält sie reichlich bereit. Wie unsere Ehemaligen diese fremden Lebenslagen meistern - mit Erstaunen und Humor zugleich - lesen Sie auf dieser Seite.
Diesmal berichtet ein Absolvent über seine dimensionsbedingten Probleme mit der japanischen Müllentsorgung.

Jeder weiß es: In Europa ist alles so groß und in Japan alles so klein. Dies gilt ausgesprochen für die Abflussrohre. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie klein die Abflussrohre hier sind. Ich würde sagen höchstens 3,5 Zentimeter im Durchmesser. Durch so kleine Abflussrohre passen natürlich nur ganz saubere Abwässer mit klitzekleinen Abfällen dazwischen, aber keine großen europäischen Abfälle, denn sonst - richtig - verstopfen sie. Schlecht für Europäer! Verschlimmert wird das Problem aber dadurch, dass der Japaner selbst das große Ausländische bevorzugt und in Verkennung seiner eigenen natürlichen Ausmaße dimensionsmäßig völlig über die Stränge schlägt. So hat unser japanischer Hausbesitzer an seine Mikro-Abflussrohre eine amerikanische Küchenabfallzerkleinerungsmaschine von fulminanten Durchflusskapazitäten angeschlossen. Sozusagen einen Grashäcksler unter dem Spülstein, mit dem jeder bayrische Bergbauer seinen Silo für den Winter voll machen könnte. Da geht einfach alles durch und wird (im Prinzip) weggespült: Kaffeefiltertüten, Essensreste, Kartoffelschalen, Zeitungen, Kleinmöbel, Haustiere… Ich kenne mich ja nicht weiter mit den Ausmaßen amerikanischer Abflussrohre aus, aber nach ihren Küchenabfallzerkleinerungsmaschinen zu urteilen, müssen sie geeignet sein, auch ungebetene Gäste, Autowracks und letztlich das gesamte Haus über die öffentliche Kanalisation zu entsorgen.

Nicht so das japanische Abflussrohr und hier kommt als dritte nationale Komponente das katastrophenträchtige deutsche Wesen ins Spiel, das immer davon ausgeht, dass etwas funktionieren muss, wenn es einer gebaut und verkauft hat. Und dass es egal ist, ob es zur Katastrophe kommt, solange er nicht Schuld hat. Dies also ist das Gemisch, dass dazu geführt hat, dass ich für die kurze Zeit, die ich in Japan verbrachte, schon über ganz erstaunliche Kenntnisse der hiesigen Rohrverlegung, Abwasserbeseitigung, des Dichtungswesens und der verschiedenen Dinge, die passieren, wenn Abwasser nicht dorthin gelangt, wo es hingehört, verfüge. Es handelt sich dabei also um einen interkulturellen Konflikt größten Ausmaßes, der geeignet ist, Häuser unbewohnbar zu machen, Straßenzüge auszulöschen, ach was sage ich, das ganze Land in einer einzigen Kloake versinken zu lassen - wenn ich nicht doch vorher zu der Erkenntnis gekommen wäre, dass der Klügere nachgibt, und jetzt dieses (allerdings wirklich sehr praktische) Gerät nicht mehr benutze, sondern alle Abfallstoffe der überaus kryptischen japanischen Müllabfuhr übergebe.

Fortsetzung folgt. Euer Käpt'n Perry.

Wenn Sie, liebe Absolventen, ähnliche kulturelle Gegen-Erfahrungen bei Ihren Auslandsaufenthalten gemacht haben, dann schreiben Sie uns. Wir sind gespannt.
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