Der Sonne entgegen

Ein deutscher Ingenieur am Zuckerhut

parTU
Ausland

Die Nutzung der Solarenergie wird angesichts unvernünftiger Energie- gewinnung immer wichtiger. Nicht nur in unseren Breitengraden - auch für Dritte-Welt- oder Schwellenländer stellt die Fotovoltaik eine kostengünstige Alternative dar. Zahlreiche Wissenschaftler der TU Berlin beschäftigen sich damit - Absolvent Stefan Krauter baut an der Universität in Rio de Janeiro ein Solar-Labor auf.

Natürlich fahren die meisten Deutschen einen Mercedes, und das beliebteste Kleidungsstück ist selbstverständlich die Lederhose. Außerdem gibt es in Germany viel, viel Schnee. Das Deutschlandbild am Zuckerhut ist geprägt von Klischees - wie sollte es auch anders sein, liegen doch zwischen Rio de Janeiro und Berlin immerhin 14 Flugstunden. Dass jedoch ein Ingenieur aus dem kühlen Norden fast der Einzige in der sonnenverwöhnten 8-Millionen-Stadt Rio ist, der sich mit Solarenergie beschäftigt, verwundert doch etwas.

Stefan Krauter (36) bekam im März 1998 eine Professur Visitante an der staatlichen Universidade Federal do Rio de Janeiro. Dort beschäftigt er sich mit regenerativen Energiequellen und Energiemanagement. "Der Aufbau eines Solar-Labors ist hier echte Pionierarbeit", bekennt er. Mitte der 80-er Jahre, nach der Diplomprüfung in München, reiste er ein halbes Jahr um die Welt. "Viele Menschen führen ein beschwerliches Leben, weil ihnen Elektrizität fehlt. Dabei ist Energie so reichlich durch die Sonnenstrahlung vorhanden. Nur wir nutzen sie viel zu wenig." Seitdem beschäftigt sich der Diplom-Ingenieur für Elektro- und Informationstechnik mit Fotovoltaik. "Während meiner Promotion am Institut für Elektrische Maschinen der TU Berlin haben mir besonders die internationalen Kontakte meiner Kollegen genutzt", erinnert er sich. "Und ich hatte viel Freiraum für meine Forschung." Als wissenschaftlicher Mitarbeiter war er am Aufbau des Internationalen Solar Centers beteiligt und bekam 1995 den Berliner Solarpreis. Ebenfalls mitbegründet hat er die Solon AG für Solartechnik in Berlin.

"Meinen Studenten will ich auch die sozialen Folgen unvernünftiger Energiegewinnung und -verwendung deutlich machen." Die Schwere und Häufigkeit von Naturkatastrophen, insbesondere von Stürmen und Überschwemmungen, haben stark zugenommen: Während sie vor 30 Jahren weltweit volkswirtschaftliche Schäden von rund zehn Milliarden Mark verursachten, stiegen diese mittlerweile auf über 100 Milliarden an. Dies lässt sich auf den Treibhauseffekt zurückführen, da durch eine höhere Lufttemperatur auch die atmosphärische Aktivität zunimmt.

Die verstärkte Nutzung fossiler Brennstoffe hat noch weitere, bisher kaum berücksichtigte Effekte: Die Kosten, die durch Luftschadstoffe und sauren Regen an Gebäuden und Kulturdenkmälern in Deutschland verursacht werden, belaufen sich auf eine dreistellige Milliardensumme. Verglichen damit nehmen sich die Aufwendungen für die Erforschung regenerativer Energiequellen geradezu lächerlich aus: 150 Millionen Mark - weniger als ein Tornado-Kampfflugzeug mit Ausrüstung kostet - werden für alle Forschungseinrichtungen in Deutschland jährlich ausgegeben. "Die Beispiele zeigen", so Stefan Krauter, "dass noch viel Überzeugungsarbeit und kreative Ingenieurlösungen notwendig sind."

In Rio berät er neben seiner Lehrtätigkeit staatliche Auftraggeber und private Firmen. Vor allem aber schätzt der Baden-Württemberger das Improvisationsvermögen seiner Kollegen: "Da ist deutsche Bürokratie überflüssig. "Bei einem Punkt schwingt jedoch etwas Wehmut in seiner Stimme: "Bin ich in Berlin unterwegs, stehe ich nur selten im Stau, in Rio aber schwitze ich fast täglich in überfüllten Bussen und komme zu spät in die Uni." Erwähnt er noch, dass er in der Nähe der Copacabana, dem wohl berühmtesten Strand der Welt, wohnt, dann fallen so manchem Deutschen auch einige Klischees zu Brasilien ein…

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Nach seinem Studium der Elektro- und Informationstechnik an der TU München wechselte Stefan Krauter 1989 an die TU Berlin. 1993 promovierte er bei Prof. Dr.-Ing. Rolf Hanitsch über die Erhöhung des Wirkungsgrades von Solaranlagen. Es folgten Post-doc-Forschungsaufenthalte in Sydney und Rio, 1998 habilitierte er. Heute ist er Professor Visitante (1998 bis 2002) in Rio de Janeiro und hält Gastvorträge an der TU Berlin. Seine Hobbys sind Bergwandern, Reisen und Strategie-Computerspiele.

E-Mail: krauter@coe.ufrj.br
Internet: http://www.solar.coppe.ufrj.br mit einer Livekamera

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