[TU Berlin] Medieninformation Nr. 37 - 26. Februar 2001 - Bearbeiter/in: pp
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Spielerisch zur Führungskraft

Die Kugelschreiberfabrik: TU Berlin und die Siemens AG entwickelten ein Planspiel für Studierende und Manager"

So schnell habe ich noch nie so viel gelernt", freut sich der 24-Jährige Maschinenbaustudent Markus Marien. "Durch den Wechsel von Theorie und Spiel kann man gleich das Gelernte in der Praxis anwenden und sogar anschließend in einem richtigen Projekt aus der Industrie umsetzen." Markus Marien ist einer von 16 Teilnehmern des Prozessmanagement-Planspiels "Kugelschreiberfabrik", das die Qualitätswissenschaftler vom Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb der TU Berlin zur Zeit zum zweiten Mal als Lehrveranstaltung durchführen und das - weil es so erfolgreich ist - als Weiterbildung nun auch der freien Wirtschaft angeboten wird. Das Echo aus den Management-Etagen ist groß.

Semesterferien an der TU Berlin. Überall ruhiger Betrieb. Doch in den Seminarräumen des Produktionstechnischen Zentrums (PTZ) summt es wie im Bienenstock. 16 Studierende diskutieren, basteln Kugelschreiber zusammen und kleben bunte Schilder auf Stellwände, um Abläufe sichtbar zu machen. Die Teilnehmer simulieren Kundengespräche, Konferenzen und Kostenplanung. Sie spielen "Kugelschreiberfabrik", entwickeln möglichst wirkungsvolle und wirtschaftliche Prozesse für die Herstellung und den Vertrieb ihres Produktes, denn sie wollen mit ihrer Fabrik erfolgreich sein. Erfolgreicher als die Konkurrenz, die im Nebenraum, der zweiten Fabrik, genauso umtriebig ebenfalls Kugelschreiber herstellt und verkaufen will.

"Qualität ist heute ein ausschlaggebender Wettbewerbsfaktor", erläutert die Leiterin des Projektes, die wissenschaftliche Mitarbeiterin Kirsten Andernach, "und die Qualität von Produkten sowie Dienstleistungen hängt entscheidend von den dazugehörigen Prozessen ab. Mit diesem Spiel können wir den Studierenden innerhalb kürzester Zeit die Grundlagen und Techniken des Prozessmanagements vermitteln, z. B. die Prozessanalyse, das Lenken und Verbessern von Vorgängen über Kennzahlen, oder wie man vorgeht, wenn ein Unternehmen von Grund auf umgestaltet werden muss. Das heißt dann Business Reengineering." Durch das praktische Umsetzen der Theorien im Spiel können die Teilnehmer ganz unmittelbar ablesen, wie wirksam die von ihnen erarbeiteten Maßnahmen waren.

An das achttägige Training in den modernen PTZ-Räumen schließen sich vier Wochen Projektarbeit in der Industrie an. Dafür sucht Kirsten Andernach gemeinsam mit der zur Zeit finanzierenden Siemens AG Projekte aus, an denen Studierende das Gelernte "wie im richtigen Leben" anwenden sollen. "Für interessierte Manager aus der Wirtschaft können wir die Prozesse, die imaginären Arbeitsplätze und Stationen allerdings auch individuell an die Bedingungen in der jeweiligen Firma anpassen", ergänzt die Projektleiterin.

Entwickelt wurde diese neuartige Lehrform ursprünglich in einem Modellversuch namens "Projektmanagement" der Siemens AG und des Bundesinstitutes für Berufliche Bildung (BIBB), in deren wissenschaftlichem Beirat Prof. Dr.-Ing. Joachim Herrmann mitarbeitet. Er ist Leiter des Fachgebietes Qualitätswissenschaft an der TU Berlin. Er erklärt nicht ohne Stolz: "Wir haben den Modellversuch für den Einsatz an Universitäten ausgebaut und sind damit das einzige der zwölf deutschen Institute, die sich mit Qualitätswissenschaft beschäftigen, das diese besondere Lehrveranstaltung anbieten kann. Sie läuft bei uns als Pilotprojekt, das Industriepartner einbindet."

Diese Form der Zusammenarbeit ist nicht nur für die Hochschule interessant. Auch der Industriepartner profitiert: Durch die Projekte werden die Prozesse im Unternehmen verbessert, ohne dass die Firma eigene Leute dafür abstellen muss. Das Unternehmen kann die Studierenden, die meist kurz vor ihrem Abschluss stehen, kennenlernen und ihnen bei Bedarf Angebote machen. Eine ganz besonders wichtige und wirksame Recruiting-Maßnahme. Prof. Herrmann weist noch auf einen weiteren Vorteil hin: "Die Veranstaltung ist offen für Studierende verschiedener Ingenieurfakultäten und wir haben hier hochmotivierte Leute. Immerhin findet die Lehrveranstaltung in den Semesterferien statt, acht Tage lang acht Stunden täglich plus vier Wochen Projektarbeit in der Firma. Das könnte man während des normalen Semesters gar nicht schaffen."

Patricia Pätzold-Algner


Das Spiel läuft noch bis zum Donnerstag, den 1. März 2001, dann folgen die vier Wochen Projektarbeit. Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr.-Ing. Joachim Herrmann, Leiter des Fachgebiets Qualitätswissenschaften am Institut für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetrieb der TU Berlin, Produktionstechnisches Zentrum, Pascalstraße 8 - 9, 10587 Berlin, Tel.: 030/314-22005, E-Mail: herrmann@qw.iwf.tu-berlin.de oder Dipl.-Ing. Kirsten Andernach, Tel.: 030/314-21566, E-Mail: andernach@qw.iwf.tu-berlin.de