[TU Berlin] Medieninformation Nr. 117 - 30. April 2004 - Bearbeiter/in: pp


[TU Berlin] [Pressestelle] [Medieninformationen] [<<] [>>]


Wer Geld macht, entscheidet sich im Kopf ... und im Bauch

Neu berufene TU-Professorin Dorothea Kübler untersucht Wirtschaftsmodelle mit sozialpsychologischen Methoden

Kann ein harter Geschäftsmann in einer Verhandlung das Ziel, sein Geld zu maximieren, schon mal aus den Augen verlieren? Gibt es zwischenmenschliche Regungen, Fairness und andere soziale Komponenten, die ihn anders als rational geplant reagieren lassen? Wenn es nach dem bislang gültigen Modell des "Homo oeconomicus“ geht, dann nicht. Er ist durch und durch rational und berechenbar. Doch die Wirklichkeit ist komplexer. Spieltrieb und die Schwächen des menschlichen Gedächtnisses spielen eine größere Rolle, als bisher gedacht. Wie die Psychologie dem "Homo oeconomicus“ einen Strich durch die Rechnung macht, daran forscht Dorothea Kübler, die erste Frau, die auf einen Lehrstuhl für Wirtschaft und Management an der TU Berlin berufen wurde.

Prof. Dr. Dorothea Kübler
Prof. Dr. Dorothea Kübler
Foto: TU Berlin

"Ich benutze die Spieltheorie als mathematische Theorie strategischen Verhaltens sowie Experimente, um die theoretischen Modelle empirisch zu überprüfen“, erklärt Professor Dr. Dorothea Kübler den wissenschaftlichen Hintergrund. Die Methode kommt aus der Sozialpsychologie. Mit experimenteller Wirtschaftsforschung will die Volkswirtin das Menschenbild bereichern und damit genauer klären, wie Märkte funktionieren. "Der Mensch ist nun mal rational beschränkt, anders als das Modell des genau berechenbaren ‚Homo oeconomicus’ es nahe legt. Das Gedächtnis ist nicht unendlich, der Mensch kann nicht unendlich viele Schritte seines Handelns überblicken.“ 

Ihre Experimente wird die Professorin mit Studierenden iPC-Pool ihrer Fakultät durchführen. Sie werden für ihre Teilnahme bezahlt und müssen in einer bestimmten Situation Entscheidungen fällen. Die Versuche sollen dazu dienen, bestehende Theorien von Verhalten in Verhandlungen oder auf Märkten zu überprüfen. Die Ergebnisse können für das Design von Institutionen, beispielsweise Marktplattformen im Internet hilfreich sein und testen, welche Marktregel die meisten Käufer anzieht und welche Marktregel den höchsten Gewinn liefert.

"Aber ich möchte Experimente nicht nur in der Forschung einsetzen, sondern auch zu didaktischen Zwecken in der Lehre“, sagt Dorothea Kübler. "Wer einmal selbst entscheiden muss, welchen Preis er als Firma für ein Produkt auf einem Markt setzt, oder wie man am besten mit einer anderen Person verhandelt, versteht das zugrunde liegende strategische Problem besser.“ Neben den psychologischen Komponenten des Verhaltens, die im Modell des "Homo oeconomicus“ keine Rolle spielen, will die neue TU-Professorin auch die Auswirkungen sozialer Normen auf das Verhalten in Firmen oder auf Märkten untersuchen, sowie die Veränderung der sozialen Normen über die Zeit. 

"Ich freue mich besonders über die Berufung von Frau Kübler“, erklärt die Frauenbeauftragte der TU Berlin, Heidemarie Degethoff de Campos. "Sie kommt aus einem Bereich, in dem wir wohl sehr viele studierende Frauen haben, aber nur sehr wenige, die den Mut zu einer wissenschaftlichen Karriere aufbringen. Frau Kübler wird besonders ihren Studentinnen hoffentlich ein Kristallisationspunkt sein und eine Ermunterung, sich für den Weg der Wissenschaft zu entscheiden.“

Dorothea Kübler kennt alle drei großen Berliner Universitäten gut: Nach einem Auslandsaufenthalt am College of Arts and Sciences der University of Pennsylvania, Philadelphia und ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre, der Philosophie und der Juristerei an der Universität Konstanz machte sie ihr Diplom in der Volkswirtschaftslehre an der Freien Universität Berlin. Dort wurde sie anschließend auch in das Graduiertenkolleg für Angewandte Mikroökonomik aufgenommen. Anschließend war sie fünf Jahre lang wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Humboldt Universität zu Berlin am Institut für Wirtschaftstheorie I bei Professor Wolfstetter. Sie promovierte dort mit äsumma cum laude“ und erreichte ihre Habilitation ebenfalls an der Humboldt Universität zu Berlin. Im November 2003 wurde sie an die Technische Universität Berlin berufen und hält in diesem Sommersemester ihre ersten Vorlesungen und Seminare an der TU Berlin. Dazwischen lagen viele Auslandsaufenthalte in aller Welt, zum Beispiel als Visiting Scholar an der Harvard Business School, an der Kennedy School of Government der Harvard Universität, ein Forschungsaufenthalt in Bergen (Norwegen) oder Hospitanzen im Finanzministerium in Kigali (Ruanda) und im Planungsministerium in Bujumbura (Burundi). Sie hielt Vorträge auf Konferenzen und in Forschungsseminaren weltweit, hat Erfahrungen in der universitären Selbstverwaltung und kann auf eine ansehnliche Liste von Veröffentlichungen verweisen. Beachtenswert sind außerdem Dorothea Küblers Gutachtertätigkeiten für verschiedene Fachzeitschriften wie die American Economic Review, die European Economic Review, die Games and Economic Behavior und viele andere. Außerdem ist sie regelmäßiges Mitglied des Auswahlausschusses der Studienstiftung des deutschen Volkes.

Ein Foto von Frau Prof. Kübler finden Sie auch im Internet unter www.tu-berlin.de/presse/pi/2004/pi117_kuebler.zip 


Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Dorothea Kübler, Technische Universität Berlin, Fakultät VIII Wirtschaft und Management, Fachgebiet Volkswirtschaftslehre, insbesondere Mikroökonomie, Straße des 17. Juni 135, 10263 Berlin, Tel.: 030 / 314-25263, E-Mail: d.kuebler@ww.tu-berlin.de
Impressum