[TU Berlin] Medieninformation Nr. 3 - 6. Januar 2004 - Bearbeiter/in: sn


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"e-Learning im Strafvollzug" 

An der Technischen Universität Berlin suchen Wissenschafter nach Wegen, die Grenzenlosigkeit des Internets mit den Grenzen einer Haftanstalt zu vereinbaren

Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt "e-Learning im Strafvollzug", kurz "e-LiS", will das Internet als Lernmittel an den Gefängnissen einführen. Sechs Bundesländer beteiligen sich an dem Projekt: Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Darüber hinaus kooperiert das Projekt europaweit, hat Partner in Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien. Gefördert wird "e-LiS" durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. 

"e-Lis richtet sich an Randgruppen der Gesellschaft, an jene, die ohnehin Bildungsdefizite haben und bislang erfolglos in der theoretischen Wissensaneignung waren", sagt der TU-Professor Wilfried Hendricks. Ziel sei es, lernschwache Strafgefangene - Jugendliche, Frauen und Männer - während ihrer Haftzeit mit dem Medium Computer als Instrument der Wissensaneignung so zu fördern, dass sie bei Entlassung den sich rasant verändernden Anforderungen des modernen Arbeitsmarktes in Ansätzen gewachsen sind und somit eine Chance haben, sich in die Gesellschaft wieder zu integrieren. "Wenn die Reintegration der Häftlinge politisch gewollt ist, dann müssen sich auch die Haftanstalten den veränderten Wirklichkeiten auf dem Arbeitsmarkt stellen. Deshalb ist e-Lis ein Versuch, den Weg zurück in die Gesellschaft zu unterstützen, indem die Häftlinge lernen, mit dem Computer zu lernen", so Hendricks.

Um dies zu erreichen, müssen alle Lehrkräfte in den Haftanstalten sowohl über ein fundiertes technisches Wissen als auch über die nötige didaktische Kompetenz im Umgang mit neuen Medien verfügen. Außerdem sollen sie dazu befähigt werden, multimediale Unterrichtsmaterialien selbst zu entwickeln und zielgruppengerecht im Unterricht zu nutzen.

Ein Schwerpunkt des "e-Lis"-Projektes ist deshalb die Schulung der Lehrer selbst. Seit anderthalb Jahren werden zum Beispiel die "Gefängnis-Lehrer" der Brandenburger Haftanstalten in Online-Fortbildungen und in Präsenzschulungen an der Technischen Universität Berlin für ihre neue Aufgabe fit gemacht. Die Schulungen werden vom Institut für Bildung in der Informationsgesellschaft (IBI) durchgeführt. Das Institut ist durch Kooperationsvereinbarungen an der Technischen Universität Berlin angesiedelt und in den Bereichen der Qualitätsprüfung von Bildungssoftware sowie der Forschung und Entwicklung innovativer Konzepte für multimediales Lernen aktiv. Der Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Wilfried Hendricks vom Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre an der Technischen Universität Berlin leitet das Institut. Dort arbeiten Erziehungs-, Sozial- und Kommunikationswissenschaftler sowie Informatiker und Designer zusammen.

Das IBI schult aber nicht nur die Lehrkräfte, sondern managt das gesamte Projekt in acht Brandenburger Haftanstalten und bewertet zudem das gesamte Projekt in den sechs Bundesländern. So werden zum Beispiel die Anstaltsleitungen, die Lehrenden, aber auch die Gefangenen befragt, was sie vom Einzug des Computers und des Internets in den Strafvollzug halten.

Ein anderer Schwerpunkt von "e-Lis" ist die Entwicklung einer eigenen technologischen Infrastruktur für web-basierte e-Learning-Konzepte im Strafvollzug. "Wenn wir wollen, dass die Häftlinge mehr Medienkompetenz haben sollen, dann kann das Internet nicht ignoriert werden, dann müssen sie auch den Umgang mit diesem Medium trainieren. Für uns Wissenschaftler wird es die Herausforderung werden, wie unter sicherheitsrelevanten Aspekten ein Internetzugang möglich sein wird", sagt Professor Hendricks. Mit der Universität Bremen arbeitet das IBI an diesem Problem.


Weitere Informationen erteilt Ihnen gern: Prof. Dr. Wilfried Hendricks, Institut für Berufliche Bildung und Arbeitslehre, TU Berlin, Tel.: 030/399 02 402/400, Fax: 030/399 02 401, E-Mail: hendricks@ibi.tu-berlin.de 
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