[TU Berlin] Medieninformation Nr. 44 - 18. Februar 2004 - Bearbeiter/in: bk


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ACHTUNG: Sperrfrist, 24. Februar 2004, 15.00 Uhr

Von Honigbienen, Feenmärchen, Windkraftanlagen und Stochastik

TU-Absolventinnen und Absolventen räumen beim Tiburtius-Preis ab

Überaus erfolgreich schneiden Absolventinnen und Absolventen der TU Berlin bei der diesjährigen Vergabe des Tiburtius-Preises ab. Gleich zwei erste Preise, ein zweiter Preis und ein Anerkennungspreis werden an ehemalige Doktorandinnen und Doktoranden der TU Berlin vergeben. Die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen (LKRP) verleiht jährlich drei Tiburtiuspreise und zusätzlich drei Anerkennungspreise an Doktorandinnen und Doktoranden der Berliner Hochschulen für hervorragende Dissertationen und drei Preise an Absolventinnen und Absolventen der Berliner Fachhochschulen für hervorragende Diplomarbeiten. Da der Preis im vergangenen Jahr nicht vergeben wurde, wird er in diesem Jahr an Arbeiten aus dem Jahr 2001 und aus dem Jahr 2002 vergeben. Insgesamt werden 18 Preisträgerinnen und Preisträger geehrt. 

Der Tiburtius-Preis wird am 24. Februar 2004 um 15.00 Uhr im Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6, 10099 Berlin verliehen.

Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern der TU Berlin:
 

Tiburtius-Preis 2003 für Dissertationen aus dem Jahr 2001

1. Preis – Dr. Ricarda Scheiner (TU Berlin), Dotierung 4.000 Euro
Gegenstand der Dissertation von Ricarda Scheiner ist das Lernverhalten von Honigbienen. "Sucrose responsiveness and behaviour in honey bees“ ist der Titel der Arbeit, die am Institut für Ökologie von Prof. Dr. Joachim Erber betreut wurde. Dr. Ricarda Scheiner zeigt in ihrer Arbeit, dass sich Honigbienen in ihrem "Schmecken" von Zuckerwasser individuell unterscheiden und dass diese Unterschiede in der Empfindlichkeit mit sehr vielen anderen Verhaltensunterschieden korrelieren. Die Zuckerwasserempfindlichkeit einer Biene wird mit Hilfe der sog. "Rüsselreaktion" bestimmt, d. h. man hält einer Biene verschiedene Zuckerlösungen an ihre Antennen. Wenn die Lösung "süßer" als ihre Geschmacksschwelle ist, streckt die Biene reflektorisch ihren Rüssel heraus. Bienen, die Pollen sammeln, sind zum Beispiel generell empfindlicher für Zuckerwasser als Bienen, die Nektar sammeln. Über die Rüsselreaktion lassen sich verschiedene Lernformen bei Bienen untersuchen. Bienen können zum Beispiel lernen, auf einen bestimmten Duft hin ihren Rüssel herauszustrecken. Häufig findet man bei dieser Art von Lernen große Unterschiede zwischen einzelnen Bienen. Die Experimente von Ricarda Scheiner zeigen, dass die Zuckerwasserempfindlichkeit in starkem Maße darüber entscheidet, wie eine Biene lernt. Gezeigt wird somit, dass die sensorische Empfindlichkeit der Honigbiene in Beziehung steht zu ihrem Sammelverhalten, zu ihrem Genotypus und zu ihrem Alter. 

Die 1972 in Berlin geborene Ricarda Scheiner studierte Biologie und Englisch an der TU Berlin und schloss ihr Studium 1998 mit dem 1. Staatsexamen ab. Zwischen 1998 und 2001 war sie Doktorandin im Bereich Neurobiologie bei Prof. Dr. Joachim Erber. Nach Abschluss der Promotion im Jahr 2001 war sie bis 2003 als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Ökologie tätig. Seit 2003 ist sie im selben Institut als Wissenschaftliche Assistentin tätig. 
 

Anerkennungspreis – Dr. Marc Uetz, Dotierung 500 Euro
In der Dissertation von Dr. Marc Uetz mit dem Titel "Algorithms for Deterministic and Stochastic Scheduling“ geht es um verschiedene Fragestellungen aus dem Gebiet "Scheduling", d.h. um die optimale Planung von zeitlichen Abläufen, z.B. bei der Projektplanung, bei der Produktionsplanung, oder bei der Ablaufplanung von Prozessen im Computer. Dabei geht es meist darum, vorhandene knappe Ressourcen, wie etwa Produktionsanlagen oder Prozessorkapazitäten, möglichst effizient zu nutzen. Marc Uetz hat in seiner Arbeit neue Lösungsverfahren für verschiedene solcher Planungsprobleme entwickelt. Ein Schwerpunkt der Arbeit befasst sich dabei mit Problemen, bei denen man Unsicherheit über zukünftige Ereignisse berücksichtigen muss. Eine Planung muss dann auf mögliche Veränderungen der Problemparameter, wie etwa Schwankungen bei bestimmten Produktionsabläufen, angemessen reagieren können. Für einige Modelle aus diesem Bereich wurden in der Arbeit zum ersten Mal effiziente Verfahren entwickelt, die in der Lage sind, eine beweisbar gute Lösung zu liefern. Ein weiterer Schwerpunkt befasst sich mit Verfahren zur Projektplanung. Die meisten kommerziellen Produkte aus diesem Bereich sind rein heuristischer Natur. Heuristische Verfahren liefern zwar Lösungen, jedoch keinerlei Aussage zu deren tatsächlicher Qualität. In der Dissertation wurde durch eine Kombination verschiedener Ansätze der diskreten Optimierung ein Verfahren entwickelt, das sowohl Lösungen berechnet, gleichzeitig aber auch Beweise zu deren Qualität mitliefert. Betreut wurde Marc Uetz von Prof. Dr. Rolf Hermann Möhring am Institut für Mathematik der TU Berlin.

Marc Uetz ist 1969 in Münster geboren und studierte bis 1997 Mathematik an der TU Berlin. Im Anschluss daran begann er mit seiner Promotion, die er im Jahr 2001 abschloss. Seit 2002 ist er Assistant Professor an der Universität Maastricht in den Niederlanden. 
 

Tiburtius-Preis 2003 für Dissertationen aus dem Jahr 2002

1. Preis – Dr. Detlef Schulz, Dotierung 4.000 Euro
In der Dissertation von Dr. Detlef Schulz zum Thema "Untersuchung von Netzrückwirkungen durch netzgekoppelte Photovoltaik- und Windkraftanlagen“ wird der Einfluss von Photovoltaik- und Windkraftanlagen auf das Versorgungsnetz untersucht. Betreut wurde die Arbeit von Prof. Dr. Rolf Hanitsch am Institut für Energie- und Automatisierungstechnik der TU Berlin. Innerhalb der letzten Jahre kam es zu einem verstärkten Zubau von erneuerbaren Energien, die in Deutschland fast ausschließlich netzgekoppelt, d.h. mit Anschluss an das öffentliche Netz arbeiten. Für die Energieeinspeisung in das Netz werden Wandler benötigt, deren Arbeitsweise die Qualität der Spannungsversorgung beeinträchtigen kann. Dies kann zu spürbaren Störungen in der Energieversorgung führen und auch Folgen für den finanziellen Ertrag bei der Netzeinspeisung haben. Detlef Schulz hat sowohl Laboruntersuchungen als auch Messergebnisse von Photovoltaikanlagen in Berlin und aus einem Windpark in Nechlin in der Uckermark ausgewertet. Besonders interessant waren dabei die Messergebnisse von sechs Windkraftanlagen in den Leistungsklassen von 1,5 und 1,8 MW, die bei gutem Wind gemeinsam eine Kleinstadt versorgen könnten. Die grundsätzliche Wirkungsweise der möglichen Beeinflussungen und die für den Netzbetrieb und die Anlagenbetreiber interessanten Fragestellungen der Leistungsbilanz und vor allem der zukünftigen Gestaltung des Netzanschlusses wurden von Detlef Schulz untersucht. Aufgrund des aktuell großen Interesses auf dem bearbeiteten Gebiet wurde Dr. Schulz vom VDE-Verlag zur Erstellung eines Fachbuches ermuntert. Dieses Buch mit dem Titel "Netzrückwirkungen - Theorie, Simulation, Messung und Bewertung“ ist Mitte Februar 2004 beim VDE-Verlag erschienen.

Der 1967 in Guben geborene Detlef Schulz hat nach einer Ausbildung zum Elektromonteur und einigen Jahren praktischer, beruflicher Tätigkeit 1992 mit dem Studium der Elektrotechnik an der TU Cottbus begonnen, das er 1997 abschloss. Nach einer Tätigkeit in der freien Wirtschaft, kam er 1999 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Fachgebiet Elektrische Maschinen und Erneuerbare Energien an die TU Berlin, wo er im Jahr 2002 seine Promotion abschloss. Seit Oktober 2003 ist er als EU-Projektleiter in der Forschungsabteilung der TU Berlin tätig und arbeitet parallel an seiner Habilitation.
 

2. Preis – Dr. Roswita Böhm, Dotierung 2.500 Euro
"Wunderbares Erzählen. Rezeptionshistorische und textanalytische Studien zu den Feenmärchen der Marie-Catherine d’Aulnoy“ ist der Titel der Dissertation von Dr. Roswita Böhm, die an der Fakultät I Geisteswissenschaften der TU Berlin von Dr. Margarete Zimmermann betreut wurde. Marie-Catherine d'Aulnoy ist eine der bedeutendsten französischen Autorinnen des ausgehenden 17. Jahrhunderts. Sie gilt als beispielhafte Vertreterin der femininen Salonkultur und als Initiatorin der Feenmärchenmode. In den Jahren 1697/98 veröffentlichte sie unter den Titeln Les Contes des fées und Contes nouveaux ou Les Fées à la mode acht Bände mit insgesamt vierundzwanzig Märchen. Die thematische Vielfalt und ihre erzähltechnische Kunstfertigkeit bereiten noch heute ein hohes Maß an Lesevergnügen. In ihrer Studie erforscht Roswitha Böhm zunächst die Rezeptions- und Editionsgeschichte der Märchen. Ihre Ergebnisse, die auf umfangreichem, bislang weitgehend unbekanntem historiographischem Quellenmaterial basieren, werfen ein neues Licht auf die Wirkungsgeschichte der Feenmärchen und auf Kanonisierungsprozesse. In subtilen Analysen einzelner Märchen wird dann erstmals den Mechanismen der écriture féerique, den inhaltlichen und stilistischen Spezifika des femininen Feenmärchens und der absichtsvollen Strategie eines vielstimmigen Erzählens nachgespürt. 

Dr. Roswita Böhm, geb. 1966, studierte Romanistik und Germanistik in Frankfurt/Main, Berlin und Paris. Von 1997 bis 2002 war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Romanische Philologie der Freien Universität Berlin und wurde 2002 mit einer Studie zu den Feenmärchen der Marie-Catherine d’Aulnoy an der Fakultät I der Technischen Universität Berlin promoviert. Seit Dezember 2002 ist sie Wissenschaftliche Assistentin am Frankreich-Zentrum der TU Berlin und arbeitet an einer Habilitation über die intermedialen und narratologischen Bezüge zwischen Literatur und Fotografie im französischen Gegenwartsroman.


Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne: Bettina Klotz, Presse- und Informationsreferat der TU Berlin, Tel.: 030/314-27650/-22919, E-Mail: pressestelle@tu-berlin.de
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