[TU Berlin] Medieninformation Nr. 89 - 19. April 2004 - Bearbeiter/in: ehr


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Presseerklärung des Internationalen Symposiums

"Die Bedeutung von Arbeit aus der Sicht der Kinder“ 

An dem Internationalen Symposium "What does work mean to children?“, das vom 12. bis 17. April 2004 im Berliner Harnack-Haus der Max-Planck-Gesellschaft stattfand, nahmen 57 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Vertreterinnen und Vertreter von Kinderrechtsorganisationen aus Afrika, Asien, Lateinamerika, den USA und Europa teil. Sie präsentierten die Ergebnisse eigener Forschungen zur Kinderarbeit in den Ländern des Südens und Nordens und betonten übereinstimmend, dass in der weiteren Forschung den Erfahrungen, Sichtweisen und Stimmen der arbeitenden Kinder und Jugendlichen und ihrer Organisationen stärkere Aufmerksamkeit zukommen müsse. Um dieser Forderung Geltung zu verschaffen und die Zusammenarbeit zwischen den Forschungsgruppen der verschiedenen Länder zu intensivieren, kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums überein, eine International Study and Action Group in Support of Working Children (Internationale Forschungs- und Aktionsgruppe zur Unterstützung arbeitender Kinder) ins Leben zu rufen. Die Gruppe will sich für eine Welt einsetzen, in der arbeitende Kinder als soziale Akteure ernstgenommen und wertgeschätzt werden. 

Nach Auffassung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums muss sich jede Forschung zur Kinderarbeit von ethischen Maximen leiten lassen. Vor allem müsse sie zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der arbeitenden Kinder erkennbar beitragen, den Rechten der Kinder Geltung verschaffen und die Kinder als empfindende, denkende und handelnde Subjekte respektieren. Ebenso müsse die Forschung den Blick dafür schärfen, dass Arbeitserfahrungen je nach Bedingungen und kulturellen Kontexten für die Kinder nicht nur Nachteile mit sich bringen, sondern auch zur Stärkung ihrer sozialen Verantwortung und zu gesellschaftlichem Engagement führen können. Den Kindern sollte der legale Zugang zu interessanten und selbstbestimmten Arbeiten ermöglicht werden. Die Vorstellungen von Bildung müssten derart erweitert werden, dass Arbeit auch wichtige Lernerfahrungen ermöglichen kann. In Bildungssystemen sollte der bildende Wert von Arbeit zur Geltung kommen. 

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposiums halten es für erforderlich, künftig mit Begriffen wie Kinderarbeit oder child labour vorsichtiger und kritischer umzugehen. Die mit diesen Begriffen verbundenen negative Assoziationen trügen dazu bei, die soziale Realität der arbeitenden Kinder nur verzerrt und nicht in der nötigen Differenziertheit wahrzunehmen. Dagegen halten es die Forscherinnen und Forscher für geboten, die vielfältigen Bereiche, Formen und Bedingungen, unter denen Kinder arbeiten, zu beachten, z. B. der bislang zumeist ignorierte Bereich der Hausarbeit. Ebenso sei den Bedeutungen, die die Arbeit für die Kinder hat, stärkere Aufmerksamkeit zu widmen. Dabei sei insbesondere das verborgene oder missachtete Wissen der arbeitenden Kinder sichtbar zu machen und ihre Interpretationen der eigenen Realität seien ernster zu nehmen.

Die Beiträge des Symposiums ließen deutlich werden, dass Arbeit von Kindern kein marginales Phänomen kleiner Minderheiten ist, sondern im Süden wie im Norden zum Alltag der meisten Kinder gehört. Zu beachten sei, dass sich die Gründe und Bedingungen, unter denen Kinder in den verschiedenen Teilen der Welt arbeiten, erheblich unterscheiden. Vor allem im Süden führe die neoliberale Globalisierung zu neuen, teils extremen und oft versteckten Formen der Ausbeutung von Kindern. Andererseits wachse der Wunsch von Kindern, eine für sie einträgliche und interessante Arbeit auszuüben. Viele Kinder sowohl im Norden als auch im Süden betrachteten den eigenen Arbeitsverdienst als eine Möglichkeit, selbstständiger zu sein, mehr soziale Anerkennung zu finden und eine aktivere Rolle in der Gesellschaft einzunehmen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Symposium sehen in dem vom 19. April bis 2. Mai in Berlin stattfindenden Welttreffen der arbeitenden Kinder und Jugendlichen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas einen wichtigen Beitrag, um den Stimmen der arbeitenden Kinder des Südens Gehör zu verschaffen. 

Das Symposium wurde – mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) – vom Institut für Gesellschaftswissenschaften und historisch-politische Bildung der Technischen Universität Berlin veranstaltet. 


Weitere Informationen erteilen Ihnen gern: Prof. Dr. Manfred Liebel und Dr. Beatrice Hungerland, TU Berlin, DFG-Projekt äKinder und Arbeit“, Tel.: 030/314–73653 oder –73166, E-Mail: kinderarbeit@tu-berlin.de, WWW: http://www.kinderarbeit.de
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