[TU Berlin] Medieninformation Nr. 154 vom 5. Juli 2005 - Bearbeiter/-in: stt


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TU-Forscher: Für den Ausbau von Autobahnen sind Public-Private-Partnerships (PPP) sinnvoll und empfehlenswert

Ökonomen der TU Berlin untersuchen alternative Finanzierungs- und Organisationsmodelle für Autobahnen und regen eine Weiterentwicklung des deutschen "A-Modells" an

Der Neu- und Ausbau von Autobahnen nach dem Public-Private-Partnership (PPP)-Ansatz ist grundsätzlich sinnvoll und empfehlenswert. Sowohl die Auswertung internationaler Erfahrungen als auch die Anwendung theoretischer Modelle zeigen, dass durch den PPP-Ansatz bei geeigneten Projekten und geeigneter Vertragsausgestaltung Kosteneinsparungen erzielbar erscheinen. Zudem können PPP-Projekte positive externe Effekte erzeugen, indem innovative Bau- und Erhaltungsstrategien gefördert werden sowie Wettbewerbsdruck auf die öffentliche Verwaltung ausgeübt wird. 

Zu diesen Ergebnissen kommen die Wissenschaftler vom Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) an der TU Berlin. Gemeinsam mit Prof. Christian von Hirschhausen (TU Dresden, Lehrstuhl Energiewirtschaft & Public Sector Management) untersuchen sie in Forschungs- und Drittmittelprojekten alternative Organisations- und Finanzierungsmodelle für Straßeninfrastruktur. Ein Schwerpunkt der Forschung liegt auf so genannten Public-Private-Partnership (PPP)-Modellen, welche im deutschen Sprachraum alternativ auch als Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP) bezeichnet werden. Im Rahmen von PPP-Modellen werden privaten Betreiberunternehmen über einen langfristigen Zeitraum von bis zu 35 Jahren die Aufgaben des Baus und der Erhaltung sowie in der Regel auch des Betriebs von Straßen übertragen. Nachdem im Ausland umfangreiche – sowohl positive als auch negative – Erfahrungen mit diesem Ansatz gesammelt wurden, plant das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), neue Wege zu beschreiten und den Neu- und Ausbau von deutschen Autobahnen mit Hilfe von PPP-Projekten zu realisieren.

In einer Studie im Auftrag des ADAC e.V. hat das Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) das deutsche Modell für den Ausbau von Autobahnstrecken, das so genannte "A-Modell", analysiert. Ergebnis: Dieses Modell entspricht nicht mehr dem heutigen "State-of-the-Art" für PPP-Modelle und es sind Kostensteigerungen möglich, weil der überwiegende Teil der Vergütung des privaten Betreiberunternehmens von der Verkehrsmenge abhängig ist. Da die Verkehrsentwicklung jedoch sehr unsicher ist, führt dies zu unnötig hohen Risikozuschlägen bei den Investoren. Insofern wird die Nutzung von PPP durch das BMVBW als alternativer Beschaffungsansatz für den Autobahnausbau zwar grundsätzlich positiv bewertet. Allerdings wird empfohlen, das deutsche A-Modell so schnell wie möglich weiterzuentwickeln und insbesondere das Vergütungssystem zu modifizieren. 

Prof. von Hirschhausen, der Forschungspartner der Ökonomen vom Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP), wünscht sich, dass Vorurteile gegenüber PPP abgebaut werden, und weist darauf hin, dass es in Deutschland Probleme bei der Implementierung von PPP gibt: "Zum Teil wird behauptet, dass PPP zu Kostensteigerungen führt, weil Baukonzerne und Finanzinvestoren als Betreiberunternehmen hohe Renditen einkalkulieren. Dieses Argument ist irreführend, denn PPP kann nicht nur vor dem Hintergrund einzelner Kostenwirkungen bewertet werden. Insofern erfordert eine Beurteilung von PPP als alternative Beschaffungsstrategie eine differenziertere Sichtweise. Des Weiteren versuchen Teile der Verwaltung Änderungen des Status Quo und die Umsetzung von PPP-Projekten zu verhindern. Andererseits wird von einigen Politikerinnen und Politikern das Potential von PPP falsch eingeschätzt und PPP als Heilsbringerlösung dargestellt. Dies führt zu einer kontraproduktiven Erwartungshaltung und erschwert die sachgerechte Implementierung von PPP-Projekten. PPP kann bei geeigneten Projekten eine sinnvolle Beschaffungsstrategie sein, um Kosteneinsparungen zu erzielen. Die nachhaltige Lösung von Finanzierungsproblemen im Autobahnnetz kann jedoch nicht mit dem PPP-Ansatz erfolgen. Vielmehr ist die Gründung eines Fonds sinnvoll, der für die Finanzierung des Autobahnnetzes verantwortlich ist und dem hierfür zweckgebunden Einnahmen aus Nutzergebühren und -zahlungen zufließen sollten, insbesondere aus der LKW-Maut sowie zukünftig auch aus einer PKW-Vignette. Wir empfehlen deshalb, in Deutschland die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) nach dem Vorbild des österreichischen Straßen-Fonds ASFINAG weiterzuentwickeln." 


Weitere Informationen zu der Forschung zu PPP und neuen Organisations- und Finanzierungsmodellen für die Bundesautobahnen sowie zum Bezug der Studie "Aktuelle ÖPP-Modelle für die Bundesfernstraßen" erteilen Ihnen gern: Dipl.-Ing. Thorsten Beckers (tb@wip.tu-berlin.de, 030-314-23243 / 0179-5996838) und Dipl.-Volksw. Jan Peter Klatt (jpk@wip.tu-berlin.de, 030-314-28906) vom Fachgebiet Wirtschafts- und Infrastrukturpolitik (WIP) der TU Berlin und Prof. Dr. Christian von Hirschhausen (TU Dresden, cvh@mailbox.tu-dresden.de).

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