TU intern - April 2000 - Medien

Auf den Malediven studieren

Online-Studium als Alternative zum Hörsaal


Die ideale Kombination von Urlaub und Studium

Wer es leid ist, in überfüllten Vorlesungen und Seminaren zu sitzen, der kann bald zu einer der im Aufbau begriffenen virtuellen Hochschulen wechseln. Den Anfang haben die Briten gemacht, jetzt holt auch Deutschland auf. Das deutsche Angebot ist allerdings noch nicht besonders üppig. Eines aber ist schon jetzt klar: Die Hochschulen der einzelnen Bundesländer werden das Online-Angebot gemeinsam in Angriff nehmen. Und: Es fehlt noch an entsprechenden Konzepten.

"In fünf Jahren wird mindestens die Hälfte aller Studenten an virtuellen Hochschulen studieren", gab der Bildungspolitiker Peter Glotz kürzlich zu Protokoll. Doch Studenten der Berliner Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) kamen zu einem anderen Ergebnis, als sie mehr als 1200 Kommilitonen via Internet zum Thema "Virtuelle Hochschule" befragten: Gerade einmal 16 Prozent der Befragten konnten sich vorstellen, online zu studieren, 60 Prozent sagten "Vielleicht", ein Viertel lehnte dankend ab.

In England stellt man sich im Gegensatz dazu vor, dass der Student der Zukunft sich über das Internet immatrikuliert, von zu Hause aus studiert und einen akademischen Grad online erwirbt. So sieht es ein Konzept vor, das das Britische Bildungsministerium in Zusammenarbeit mit den führenden Hochschulen des Landes erarbeitet hat, wie die Tageszeitung "The Independent" berichtete.

Hinter dem staatlich geförderten Projekt stehe die von Tony Blair verfolgte Absicht, die Zahl der ausländischen Studierenden erheblich zu erhöhen und damit auch die leeren Kassen der britischen Universitäten zu füllen. Schon heute bringen ausländische Studierende dem britischen Staat umgerechnet mehr als zwei Milliarden Mark an Studiengebühren ein.

Angeboten werden nur berufsbezogene Studiengänge, für die die Nachfrage weltweit am größten ist: ingenieurwissenschaftliche und technische Fachrichtungen, Betriebswirtschaft und Management, Recht, Medizin und Computerwissenschaften. Anders als die meisten Hochschulen wird die Online-Uni nicht vom Staat geführt. Sie soll autonom sein, auch bei der Festsetzung der Studiengebühren.

Auch einige deutsche Hochschulen bereiten sich auf ein Online-Angebot vor. Zumeist kooperieren die Hochschulen eines Bundeslandes miteinander, so in Bayern, Rheinland-Pfalz oder Niedersachsen. Am weitesten fortgeschritten ist das Angebot der FernUniversität Hagen. Wer hier studiert, kann einen Teil seiner Kurse, Vorlesungen und Seminare per Internet absolvieren, was zurzeit mehr als 600 Eingeschriebene nutzen.

Ob das Online-Studium der klassischen Hochschule so schnell Konkurrenz machen wird, ist fraglich. Wilfried Hendricks, der an der TU Berlin das Projekt Telestudent leitet, glaubt, dass ein universitäres Online-Angebot nur eine Ergänzung zum normalen Vorlesungs- und Studienprinzip sein wird. Anders äußerte sich Jürgen Zöllner, Bildungsminister von Rheinland-Pfalz. Er warnte vor der Annahme, die elektronischen Medien bedeuteten nur eine Ergänzung des gewohnten Lehrbetriebs. Der virtuelle Campus sei vielmehr eine zukunftsweisende Alternative.

Was viele Interessenten an einem Online-Studium wohl noch abschreckt, ist das befürchtete Einzelkämpferdasein. Doch die Erfahrungen zeigen, dass sich Online-Studierende sehr viel stärker in Gruppen organisieren als an der klassischen Uni.

Thomas Schulz


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