TU intern - Dezember 2000 - Aktuelles

Wissenschaftssystem:

"Redundanzen sind für den Lernerfolg wichtig”


Podiumsdiskussion anlässlich der Verabschiedung von Alt-Präsident Prof. Dr. Dieter Schumann

Welche Rolle spielt der Staat bei der Regulierung des Wissenschaftssystems? Brauchen Forschung und Wissenschaft eine Steuerung von außen oder sollte es eher mehr Wettbewerb zwischen den verschiedenen Institutionen geben? Am 1. Dezember 2000 veranstaltete die TU Berlin anlässlich der Verabschiedung ihres ehemaligen Präsidenten, Dieter Schumann, eine Podiumsdiskussion zum Thema "Staatliche Steuerung und Wettbewerb im deutschen Wissenschaftssystem”. Moderiert von Dr. Sabine Etzold, Wissensredaktion "Die Zeit”, diskutierten Prof. Dr. Winfried Schulze, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, Prof. Dr. Detlef Müller-Böling, Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung, Prof. Dr. Klaus Landfried, Präsident der Hochschulrektorenkonferenz und Prof. Martin Hellwig, Vorsitzender der Monopolkommission, über die Zukunft des Wissenschaftssystems. Ausgangspunkt waren die vom Wissenschaftsrat im Juli 2000 vorgelegten "Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland” und das von der Monopolkommission kurze Zeit später publizierte Sondergutachten "Wettbewerb als Leitbild für die Hochschulpolitik”.

Ein deutliches Plädoyer für eine staatliche Steuerung hielt der Vorsitzende des Wissenschaftsrats, Winfried Schulze. Aufgrund der immensen Kosten im Bereich der Forschung sei eine genaue Planung und Prioritätensetzung von Seiten des Staates unbedingt notwendig. Dennoch sei es wichtig, innerhalb des Wissenschaftssystems mit seinen Abhängigkeiten und festen Strukturen für mehr Wettbewerb zu sorgen.

Martin Hellwig sprach sich gegen staatliche Reglementierungen im Wissenschaftssystem aus. Sie hemmen, so Hellwig, eigene Initiativen und Experimente und führen zu einem einheitlichen Angebot aller Universitäten. Die Monopolkommission fordert in ihrem Gutachten daher mehr Wettbewerb zwischen den Universitäten und eine Orientierung an Wirtschaftsunternehmen bzw. amerikanischen Privathochschulen. Als Mittel, den Wettbewerb zwischen den Hochschulen zu fördern, schlägt die Monopolkommission die Einführung von Studiengebühren vor.

Mit sieben präzisen Thesen zum Thema nahm der Präsident der HRK, Klaus Landfried, eher eine Zwischenstellung ein. Die angemessene Organisation der Wissenschaft, betonte Landfried, sei primär eine öffentliche Aufgabe. Das Wissenschaftssystem sei jedoch so komplex, dass staatliche Steuerung nur sehr allgemeine Regeln vorgeben könne. Die Selbststeuerung des wissenschaftlichen Arbeitens bedürfe eines professionellen Managements und der Bewertung von Leistungen sowie eine leistungsorientierte.

Detlef Müller-Böling, Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung, forderte neue Instrumente der Qualitätssicherung und Leistungsevaluation innerhalb des Wissenschaftssystems sowie mehr Autonomie gegenüber dem Staat. Dies sei insbesondere nötig, da die Konkurrenz von Hochschulen im Ausland sowie die Neuen Medien die Bildungsmonopole der staatlichen Hochschulen aufbrächen.

Lebendig wurde die Diskussion, als TU-Präsident Hans-Jürgen Ewers fragte, was der Staat überhaupt im Wissenschaftssystem zu suchen habe. Aber auch hier fand man schnell einen Konsens: Zumindest die Grundlagenforschung müsse durch den Staat unterstützt und gefördert werden. Wie man Teile der Wissenschaftslandschaft privatisieren kann und ob der Staat auch in Zukunft noch Träger wissenschaftlicher Einrichtungen sein muss, darüber wird sicher noch so manches Wort gesprochen werden.

mir

http://www.wissenschaftsrat.de/texte/4594-00.pdf
http://www.monopolkommission.de/aktuell.htm#sonder


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