TU intern - Februar/März 2000 - Aktuelles

Jedes zweite Wort ist Zukunft

Verstärkte Verknüpfung von Wirtschaft und Wissenschaft

Geht es um Berlin, dann versteckt sich mindestens in jedem zweiten Politikersatz das Wörtchen Zukunft. Es scheint fast so, als habe es magische Anziehungskräfte für all jene, die vor, während oder kurz nach einer Wahl fleißig Pläne schmieden. Handelt es sich dabei auch noch um ein vielversprechendes Entwicklungsfeld, dann können die Prognosen nicht euphorisch genug sein. Doch bevor die Zukunft beginnen kann, muss die Gegenwart gestaltet werden - und das ist das schwerere Geschäft von beiden.

Vor allem die Initiatoren des Berliner Zukunftsfonds merkten es: Nach langem Hin und Her bei der Finanzierung im vergangenen Jahr ist man nun Ende Januar 2000 einen wichtigen Schritt voran gekommen. Der Senat hat sich auf einen hochrangig besetzten, zehnköpfigen Beirat verständigt, der über die Verwendung der aus der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe gespeisten Summe von 310 Millionen Mark entscheiden soll.

KOMPETENZZENTREN

Marschlinie ist das Bestreben der Berliner Regierung, innovative technische und wissenschaftliche Projekte zu fördern, die vor allem aus den Bereichen Verkehr, Medizin- und Biotechnologien sowie Informationstechnik und Medien kommen sollen. Diese Intention entspricht auch der Grundrichtung für die Berliner Wirtschaftspolitik, wie sie in der Koalitionsvereinbarung zwischen CDU und SPD für die Legislaturperiode von 1999 bis 2004 festgeschrieben wurde. Nicht nur unter dem Stichwort "Zukunfts- und Innovationsfonds" findet sich dieses Denken. Das Ziel von Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) ist es, Prioritäten zu setzten. So will er die Berliner Forschungs- und Technologieschwerpunkte zu international konkurrenzfähigen Kompetenzzentren ausbauen. Dabei fordert er ein unkonventionelles Vorgehen ein: Berlin soll Modellvorhaben wie im Bereich Verkehrstelematik auch selbst erproben.

Um die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft ergebnisorientiert umsetzen zu können, bedarf es konkreter Vorschläge. Ein wechselseitiger Know-how-, Technologie- und Personaltransfer soll dazu dienen, so die Koalitionsvereinbarung, Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Ein unabhängiges Netzwerk-Management ist dabei gefragt: Das Aktionszentrum BioTOP Berlin-Brandenburg ist ein solches, für die anderen Bereiche fehlen jedoch ähnliche Serviceeinrichtungen.

EFFIZIENZSTEIGERUNG

Auch innerhalb des Senates ist eine stärkere Kooperation nötig, sollen doch die Bereiche Wissenschaft/Hochschule und Wirtschaft/Technologie gemeinsame Wege gehen. Der Fehler der letzten Legislaturperiode, die Technologie-Zuständigkeit in das Stadtentwicklungsressort zu legen, wurde nun korrigiert, und da die CDU beide Ressorts besetzt, scheint ein fraktionsbedingter Reibungsverlust künftig ausgeschlossen zu sein.

Neben der Schwerpunktsetzung steht auch eine Effizienzsteigerung auf dem Plan: So will das Branoner-Ressort die Wirtschaftsförderprogramme des Landes künftig an einer Stelle bündeln. Das "Förderkonzept 2000" soll auf eine Verschlankung der Programme hinwirken. Außerdem wird der Weg, den man mit dem Aufbau eines Gründernetzwerkes und den Existenzgründertagen begonnen hat, konsequent fortgesetzt. Verbesserte Rahmenbedingungen sollen unternehmerische Tätigkeiten und Existenzgründungen vor allem auch an den Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen initiieren.

Weiterhin genießen der Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Adlershof und der Biomedizincampus Berlin Buch als gesamtstädtische Projekte Priorität. Um sie als Leuchttürme der Wissenschaftsstadt zu etablieren, sind jedoch noch immense Anstrengungen nötig.

Die Berliner CDU jedenfalls will die Hauptstadt zu einer "Know-how-AG" machen. Der einzige Unterschied zwischen Vision und Realität in diesem Fall ist jedoch, dass die Aktionäre bei schlechten Unternehmenszahlen ihre Aktienpakete verkaufen können, doch Arbeits- oder Studienplätze, Krankenhausbetten oder Labore sind nun einmal nicht börsennotiert - Berlin kann man nicht tauschen.

Stefanie Terp


© 2-3/2000 TU-Pressestelle