TU intern - Januar 2000 - Vermischtes

Diskussionen um den ”Ort des Weltgeistes"

TU Berlin lädt zu zwei Kolloquien über die Berliner Museumsinsel ein

1822 bis 1830 wurde das heutige Alte Museum von Karl-Friedrich Schinkel am südlichen Rand hin zum Lustgarten gebaut. Es folgte 1841 bis 1859 Friedrich A. Stülers Neues Museum, und 1866 bis 1876 baute Johann Heinrich Strack die heutige Alte Nationalgalerie am östlichen Rand. Das Bodemuseum füllt seit 1904 die Nordspitze. Im Westen bildet das Pergamonmuseum, das Alfred Messel und Ludwig Hoffmann bis 1930 bauten, den Abschluss
Der Ort des Weltgeistes, sinnstiftend mit europäischer Dimension und wahre Instanz hauptstädtischer Kultur - so oder ähnlich zitieren die Medienvertreter freudig die fulminanten Politiker-Worte, wenn diese über die Berliner Museumsinsel nachsannen. Ein Feuerwerk der Superlative, das jedoch angesichts des Objektes seine Berechtigung hat. Erst kürzlich bestätigte nun auch die Unesco mit der Aufnahme der Museumsinsel ins Weltkulturerbe diese Dimension: Die Insel mit ihren fünf Gebäuden sei ein ”einzigartiges Ensemble von Museumsbauten, das die Entwicklung modernen Museums-Designs über mehr als ein Jahrhundert illustriert".

Angesichts dieses Hintergrundes ist es nicht verwunderlich, wenn sich daran die Gemüter erhitzen. Gerade auch zu einem Zeitpunkt, zu dem sich Berlin anschickt, von einer verschuldeten Kommune zur deutschen Hauptstadt mit europäischer Ausrichtung heranzuwachsen. Gerade aber auch, wo Kulturstaatsminister Michael Naumann öffentlich und mit Nachdruck eine verstärkte Mitsprache des Bundes bei den von ihm mitfinanzierten Berliner Einrichtungen fordert. ”Es ist ein geistiges, ein nationales und zugleich ein europäisches Projekt", betont er in der ”Zeit" (5. 1. 2000) und stellt sich damit in Konflikt zur Kulturhoheit der Länder. Sie besitzen jedoch mit ihren dünnen Geldbeuteln oftmals wenig Gestaltungsraum. Der Konflikt zeichnet sich ab und könnte zur nächsten Debatte nach dem Holocaust-Streit werden, sofern auch die Medienvertreter auf den Zug aufspringen.

Neben diesen Diskussionen gibt es eine andere Ebene, die mit zwei Veranstaltungen an der TU Berlin verstärkt in den Mittelpunkt gerückt wird: Die Betrachtung aus der Sicht der Historiker, Kunstwissenschaftler, Denkmalpfleger und Architekten.

Am 29. Januar 2000 findet anlässlich des 200. Geburtstages von Friedrich August Stüler ein öffentliches Kolloquium statt. Stüler entwarf die nie vollständig ausgeführte städtebauliche Komposition der Museumsinsel, vor allem aber das Neue Museum. Bis heute stellt der 1855 eingeweihte Bau trotz seiner großen Kriegswunden einen der wertvollsten Kunstschätze der Stadt dar. Durch seine vielseitig-einflussreiche Stellung und durch die Fülle seiner Bauausführungen war Stüler für die Mitte des 19. Jahrhunderts führender Meister der preußischen Bauschule und damit ihr letzter Vertreter. Sein Werk ist eine Verbindung der Schinkelschen Tradition mit einer starken Vorliebe für Renaissanceformen. Der Thüringer begann seine Laufbahn 1830 mit der Berufung in die preußische Schlossbaukommission. Zuvor studierte er Architektur an der Bauakademie und der Universität. Schon bald fand die königliche Familie von Friedrich Wilhelm IV. Gefallen an seiner eleganten, detaillierten Architektur und er wurde zum königlichen Berater. Auch im Ausland - beispielsweise Ungarn und Schweden - setzte Stüler mit seinem Architekturstil Zeichen.

Am 12. Februar beschäftigt sich ein weiteres Kolloquium mit der Instandsetzung des Neuen Museums. Peter-Klaus Schuster, Generaldirektor der Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, und Vertreter der Bundesbaudirektion sowie aus dem Bereich Denkmalpflege werden gemeinsam mit Wissenschaftlern des Fachgebiets Kunstwissenschaft der TU Berlin dieses Thema erörtern. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie man verantwortungsbewusst mit historischer Bausubstanz umgeht. Ergänzend dazu stellt der britische Architekt David Chipperfield sein Modell für den Wiederaufbau des Neuen Museums vor. Sein am Klassizismus orientierter Entwurf sieht eine behutsame Einbringung der Reste des Baus in ein zeitgemäßes Museum vor. Eine Podiumsdiskussion wird die eintägige Tagung abschließen.

Stefanie Terp

Öffentliches Kolloquium anlässlich des 200. Geburtstages von Friedrich August Stüler

Termin: 29. Januar 2000, Veranstalter: TU Berlin, Fachgebiet Kunstwissenschaften, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Partner für Berlin und andere, Ort: TU Berlin, Architekturgebäude, Straße des 17. Juni 150/152, Raum A 053, 10623 Berlin, Kontakt: Dr. Kerstin Englert, Tel.: 314-2 12 97, Fax: -2 38 44, E-Mail: kerstin.englert@t-online.de, Beginn: 9.15 Uhr.

Öffentliches Kolloquium ”Instandsetzung des Neuen Museums auf der Museumsinsel"

Termin: 12. Februar 2000, Veranstalter: TU Berlin, Fachgebiet Kunstgeschichte, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Ort: TU Berlin, Flachbau Architekturgebäude am Ernst-Reuter-Platz, Raum A 151, Kontakt: Fachgebiet Kunstwissenschaft, Prof. Dr. Wolfgang Wolters, Tel.: 314-2 32 32, Fax: 030/314-23844, Beginn: 10 Uhr


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