TU intern - Juni 2000 - Studium

100 Jahre Zeppelin in Deutschland

Architekturwettbewerb und Luftffisch auf der ILA


Renaissance des Zeppelins in Brand im Süden Berlins

Sommer 2001 - Auf dem Schlossplatz gegenüber dem ehemaligen Palast der Republik steigen Passagiere in ein Luftschiff zu einem Rundflug über Berlin. Langsam erhebt sich der Zeppelin von dem Ankermast und schwebt in einigen hundert Metern Höhe gemächlich über das Berliner Häusermeer. Wie von einem Balkonplatz über der Stadt können die Fluggäste bei einem Glas Champagner das Leben auf den Straßen und Plätzen betrachten und einen Eindruck von Struktur und Architektur Berlins gewinnen.

Dieses keineswegs unrealistische Szenario bildete den Ausgangspunkt für den diesjährigen Entwurfswettbewerb der Grundstudiumsprojekte des Fachbereichs Architektur. Anlass war das einhundertjährige Jubiläum des ersten Zeppelin-Fluges am 2. Juli 1900; Aufgabe war es, einen "ZEP-PORT" zu entwerfen. Diese Anlegestelle für Luftschiffe soll als temporäre Touristenattraktion auf dem Schlossplatz in Berlin-Mitte für das moderne Luftschiff als umweltfreundliches und komfortables Verkehrsmittel werben.

Heute hat man das Luftschiff als umweltverträgliche Alternative im Flugverkehr wiederentdeckt. 1997 stieg in Friedrichshafen der erste Zeppelin Neuer Technologie in die Luft. Bei der Konstruktion dieses Zeppelin NT wurden moderne Materialien und Bauweisen verwendet. Er ist deutlich kleiner als die alten Zeppeline und bietet neun Personen auf Rundflügen einen komfortablen Platz mit Rundumsicht. Seine Einsatzmöglichkeiten gaben den Ausschlag für den diesjährigen Entwurfswettbewerb.

DAS LUFTSCHIFF HAT TU-TRADITION

Die Studierenden des dritten Semesters entwickelten ein breites Spektrum von Lösungen für die Aufgabenstellung des ZEP-PORTs. Den ersten Preis, eine Fahrt mit dem Heißluftballon der Firma Cargolifter, erhielt Yan Humbert für eine kinetische Konstruktion, die den Landemast für das Luftschiff und eine Hubplattform für das Ein- und Aussteigen der Passagiere integrierte. Hat gerade kein Luftschiff angelegt, so wirbt die ganze Konstruktion durch winkende Bewegungen wie Halme im Wind für diese sanfte Technologie. Ebenfalls prämiert wurden die Entwürfe von Kai Grollmitz, Sven Morhard, Tobias Rönnefahrt, Attila Saygel und Nikolai Schirmer in der zweiten Preisgruppe sowie der in die engere Wahl genommene Entwurf von Jörg Krämer.

Die Beschäftigung mit dem Thema Luftschiff hat an der TU Berlin lange Tradition. In den zwanziger Jahren boten an der Technischen Hochschule Charlottenburg die beiden Luftschiff-Pioniere August von Parseval, seit 1911 Leiter des aeronautischen Laboratoriums, und Johann Schütte, Professor für Schiffsentwurf und Gründer des Luftschiffbaus Schütte-Lanz, eine der umfangreichsten Lehrveranstaltungen weltweit zu diesem Thema an.

Heute beschäftigt sich die Projektwerkstatt Luftffisch am Institut für Luft- und Raumfahrt mit der Weiterentwicklung der Luftschifftechnik. Im Rahmen des forschenden Lernens in diesem Projekt haben die Studierenden mit dem Luftffisch N. 1 eines der ersten rein aktiv gesteuerten Luftschiffe der Welt entwickelt. Diese Technologie ermöglicht es, das Gewicht der Leitwerke erheblich zu reduzieren und dabei gleichzeitig die Manövrierfähigkeit und Stabilität gegenüber Windböen zu erhöhen. Die charakteristische Pinguinform des Luftffisches sorgt für eine Minimierung des Luftwiderstands und damit für eine Reduktion des Energieverbrauchs.

Beide Innovationen sind wichtige Grundlagen für den Bau von "alltagstauglichen" und ökonomischen Luftschiffen. In Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Raumfahrtgeräte und -anlagen wird in einem neuen Studienreformprojekt die Adaption der Systeme der TUBSAT-Satelliten für luftschiffgestützte Kamerasysteme untersucht.

GUTE ARBEITSPLATZAUSSICHTEN

Die Absolventen der Projekte haben derzeit hervorragende Arbeitsplatzaussichten in der Industrie - zum Beispiel bei der Firma CargoLifter in Brand vor den Toren von Berlin. Dort im Spreewald entsteht das bislang größte Luftschiff, das für die Logistik von Schwergütern genutzt werden soll. Anfang Juni schwebt Luftffisch N°. 1 über dem Stand des Berliner Senats auf der Internationalen Luftfahrtausstellung in Schönefeld und kündet von den Möglichkeiten der modernen Luftschiff-Technologie.

Florian Böhm

Die 1909 gegründete DELAG, ein Tochterunternehmen der Firma Luftschiffbau Zeppelin, war die erste Luftverkehrsgesellschaft der Welt. Luftschiffe waren die ersten Luftfahrzeuge, die 1919 nonstop den Atlantik überquert haben und mit denen 1929 der erste Flug rund um die Welt gelang. Die erste regelmäßige Flugverbindung zwischen Europa und Amerika wurde 1931 mit dem Luftschiff LZ 127 "Graf Zeppelin" aufgenommen. Das Luftschiff war sozusagen die Concorde der dreißiger Jahre. Der damalige Reisekomfort mit Schlafkabinen, Salons, Speisesälen, Bars wird jedoch im heutigen Flugverkehr eher selten erreicht. Das Unglück von Lakehurst 1937, wo sich das Luftschiff LZ 129 "Hindenburg" bei der Landung entzündete, markierte das Ende des Reisens in den fliegenden Hotels. Im Zweiten Weltkrieg waren die behäbigen Giganten kaum nutzbar, nach dem Krieg standen wesentlich schnellere Langstreckenflugzeuge zur Verfügung.


Leserbriefe

  TU intern -
        Juni 2000


© 6/2000 TU-Pressestelle