TU intern - Mai 2000 - Hochschulpolitik

Leistungsabhängige Professorengehälter

Bundesministerin stellte Anfang April die Reform des Dienstrechtes vor


Die Faultiere unter den Professoren sollen in Zukunft weniger verdienen als ihre fleißigen Kollegen

Es ist eines der zentralen Vorhaben der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn - die Reform des Dienstrechts an den Hochschulen. Die Vorschläge der von der Ministerin eingesetzten Expertenkommission liegen nun auf dem Tisch.

"Klar ist: die Besoldung der Professoren soll leistungsgerechter, aber insgesamt nicht weniger werden", betonte Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn bei der Vorstellung der angedachten Hochschuldienstrechtsreform Anfang April. Damit packte sie einen ihrer zwei wichtigsten Neuerungsvorschläge in Watte. Der andere, der ihr ebenso am Herzen liegt, betrifft den Nachwuchs an deutschen Hochschulen: "Mit der Juniorprofessur haben in Zukunft junge hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler größere Entwicklungsmöglichkeiten als sie in der bisherigen Personalstruktur der Hochschule bestehen. Sie können bereits mit Anfang 30 erstmals eigenverantwortlich forschen und lehren." Damit teilte die Ministerin die Auffassung der Expertenkommission, die die Empfehlungen ausarbeitete, dass mit der Einführung der Juniorprofessuren die Habilitation entbehrlich werde. "Mit dem Verzicht wird auch der Wissenschaftsstandort Deutschland im Wettbewerb um die besten Nachwuchswissenschaftler international konkurrenzfähiger", so Frau Bulmahns Schlussfolgerung.

Beides, so ihr ausdrücklicher Wille, solle noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden. Man habe nur ein schmales Zeitfenster zur Verfügung, um den anstehenden Generationswechsel nutzen zu können. Neben der Neuordnung der Studiengänge mit Bachelor- und Masterabschlüssen ist das das zweite Mammutprojekt, das den großen Tanker "Hochschule Deutschland" im internationalen Gewässer wieder flott machen soll.

SCHWIERIGE FRAGEN

Doch vor einer Realisierung müssten noch einige schwierige Fragen geklärt werden. Dabei gehe es zum Beispiel um die Ämterdifferenzierung zwischen Fachhochschulen und Universitäten sowie die Befristung leistungsabhängiger Bezahlungsbestandteile, so die Ministerin weiter. Der Vorschlag für die neue Besoldungsregelung läuft vor allem darauf hinaus, dass es bei den unterschiedlichen Gehältern für Universitäts- und Fachhochschulprofessoren bleibt. Dabei können die Universitätsprofessoren von einem Grundgehalt von 8300 Mark ausgehen, ihre Kollegen an den Fachhochschulen von 7000 Mark. Mit Leistungszulagen kann derjenige rechnen, der beispielsweise viele Drittmittel einsammelt oder in der Lehre mehr Studierende als andere bis zum Studienabschluss betreut. Das Geld für diesen leistungsbezogenen Teil soll aus dem Topf genommen werden, der bisher für die Alterszuschläge genutzt wurde. Damit das neue Besoldungssystem Anreize bietet und nicht Sanktionen verhängt, gibt es nach dem Vorschlag der Kommission alle fünf bis sieben Jahre eine Leistungsbeurteilung. Um das in die Tat umsetzen zu können, müssen die Hochschulen für ihre Fächer Leistungskriterien aufstellen, ein von der Hochschulleitung eingesetztes Gremium soll dann nach Vorschlag aus den Fachbereichen über die Vergabe entscheiden. Diese individuelle Leistungsbewertung soll Teil eines umfassenden Evaluationssystems werden. Auch externe Fachgutachten erhalten dabei eine zentrale Bedeutung. Im Bereich der Lehre bilden die Ergebnisse der studentischen Veranstaltungsevaluationen eine Basis für die Professorenbeurteilung.

KRITIK DES HOCHSCHULVERBANDES

Doch so euphorisch wie das Ministerium sehen andere die Vorschläge nicht. Prof. Schiedermair, Präsident des Deutschen Hochschulverbandes, übte insbesondere Kritik an der Einführung einer Juniorprofessur: "Das ist nichts anderes als die Wiedereinführung der in der Praxis vollständig gescheiterten Assistenzprofessur der 70er Jahre." Geradezu mit atemberaubender Blauäugigkeit fordere man die Zuweisung eines eigenständigen Ausstattungsbudgets für diese Juniorprofessuren. "Woher soll das Geld für die von der Kommission geforderten 6000 Juniorprofessuren eigentlich herkommen?", fragt der Präsident. Die Erklärung der Kommission, Etatmittel in nennenswerten Umfang von den Ländern bereitzustellen, dokumentiere die vollständige Entfernung des Vorschlags von der Realität an der Universitäten.

Auch die Vorschläge für eine leistungsgerechte Besoldung der Hochschullehrer stoßen beim Deutschen Hochschulverband auf erhebliche Kritik. "Wenn man wissenschaftliche Leistungen durch Zulagen honorieren will", so Schiedermair, "muss man bei zwei Kernfragen Farbe bekennen: Was sind die Kriterien für eine wissenschaftliche Leistung und wer entscheidet über diese Kriterien?" Schiedermair kündigte an, die Empfehlungen im Einzelnen zu prüfen und vor Beginn des Gesetzgebungsverfahrens die Vorschläge des Hochschulverbandes der Öffentlichkeit vorzustellen. Die Diskussion hat begonnen.

Stefanie Terp

Der Bericht der Expertenkommission zum download unter http://www.bmbf.de/deutsch/aktuell/i_041000.htm.

Ein Spiegelstreitgespräch zum Thema Dienstrechtsreform zwischen Edelgard Bulmahn und Hartmut Schiedermair auf der Homepage des deutschen Hochschulverbandes unter http://www.hochschulverband.de/spiegel.html.


Leserbriefe

  TU intern -
        Mai 2000


© 5/2000 TU-Pressestelle