TU intern - Februar/März 2001 - Alumni
Unternehmensnachfolge:

Wenn das Steuer abgegeben werden muss

Zu den wichtigsten Dingen im Leben eines Unternehmers oder einer Unternehmerin gehört, ja was wohl - das Unternehmen. Vielleicht haben sie es sich selber aufgebaut oder bereits von ihren Eltern übernommen. Auf jeden Fall stellt sich für jeden und jede von ihnen irgendwann die Frage, das Steuer abzugeben. Was liegt da näher, als die geliebte Firma in die Hände der eigenen Kinder, sofern welche vorhanden sind, weiterzugeben.

In den nächsten drei Jahren werden über 75000 Familienunternehmen einen Generationswechsel vollziehen. Bei rund 32000 Unternehmen wird der Wechsel innerhalb der eigenen Familie erfolgen. In 23000 Unternehmen werden unternehmensinterne oder externe Manager die Nachfolge antreten. Bei den verbleibenden 20000 Unternehmen ist die Nachfolge nicht geregelt.

Oft liegen die Probleme darin, dass der "Alte" dem "Junior" nicht zutraut, dass dieser die Firma in eigener Regie führt, obwohl dieser das gerne möchte. Genauso oft kommt es vor, dass Söhne oder Töchter gar keine Lust haben, das Unternehmen ihrer Eltern weiterzuführen, obwohl es von ihnen erwartet wird. Hat man sich geeinigt, und die Jungen steigen mit ein, kommt es unter Umständen zu weiteren Konflikten.

Eine, die sich von Berufs wegen mit den Problemen der Unternehmensnachfolge auskennt, ist TU-Absolventin Silke Anbuhl. Sie arbeitet als Beraterin bei der deutschen Gesellschaft für Mittelstandsberatung (DGM), unter deren Dach 1997 die Deutsche Junioren Akademie gegründet wurde. Anliegen dieser Akademie ist es, Senior- und Juniorunternehmer auf die Unternehmensnachfolge vorzubereiten und zu beraten.

Silke Anbuhl, die an der TU Berlin Psychologie studiert hat, arbeitet seit 1995 bei der DGM und ist seit 1997 in der Junioren Akademie tätig. Den Unternehmen werden hier fünf einzelne Bausteine angeboten, die ihnen bei ihren Nachfolgeregelungen behilflich sein sollen. Das Angebot reicht von einem dreitägigen Karriere-Workshop, einer Jungunternehmer-Konferenz, einem Intensivtraining bis hin zu einem bis zu zwei Jahre dauernden "Lernen in der Praxis"-Programm und einem Coaching, durch einen erfahrenen Paten. Silke Anbuhl ist hierbei für die Durchführung des Karriereworkshops verantwortlich, sie führt Trainings im Bereich Kommunikation, Führung und Motivation und Verhandlungsführung durch. Darüber hinaus coacht sie die Junioren während des gesamten Ablaufs der Akademie. Ganz offensichtlich tauchen beim Thema Nachfolge in den Unternehmen immer wieder dieselben Verhaltenweisen und Konflikte auf.

Dass der Senior nicht loslassen kann, liegt oft daran, dass mit der Aufgabe der Unternehmensführung für ihn oft ein gewisser Machtverlust einhergeht und darüber hinaus der zentrale Lebensinhalt wegbricht. "Häufig fehlt eine private Lebensplanung des Seniors für die Zeit nach der Übergabe des Unternehmens", so die Erfahrung von Silke Anbuhl. Das Leben des Juniors in der Firma hat ebenfalls seine Tücken. Die Führungserfahrung und die unternehmerische Kompetenz müssen erst noch erlernt und das Vertrauen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den neuen Chef oder die neue Chefin muss aufgebaut werden. "Dabei kann der Junior seine Kompetenz nur schwer einschätzen - ihm fehlt das Feedback, da Familienmitglieder und Mitarbeiter kaum in der Lage sind, eine objektive Einschätzung abzugeben", beschreibt Silke Anbuhl.

Bei TU-Absolvent Martin Kerske steht die Übernahme des väterlichen Betriebes erst in drei bis vier Jahren an. Gerade erst hat er sein Ingenieur-Studium an der TU Berlin abgeschlossen. Doch sein Weg geht nicht gleich in das Familienunternehmen, zuerst möchte er noch im Rahmen einer Promotion Erfahrungen sammeln. Für ihn stand immer fest, dass er einmal in das Familienunternehmen einsteigt, deshalb hat er auch während des Studiums an einigen Projekten in der Firma mitgearbeitet. Professionelle Hilfe von einer Unternehmensberatung möchte er nicht in Anspruch nehmen. Sobald er fest im Sattel sitzt, wird sich sein Vater aus der direkten Unternehmensleitung herausziehen. "Allerdings kann ich auch danach immer auf seine Erfahrungen zurückgreifen, was mir sehr wichtig ist", beschreibt der angehende Unternehmer. "Außerdem möchte mein Vater noch einige Ideen realisieren, für die er im Moment leider keine Zeit hat, aufgrund des Alltagsgeschäftes. Einen hundertprozentigen Rückzug, bei dem er sich um gar nichts mehr kümmert, ist mit ihm aber nicht zu machen, was ich auch nie verlangen würde."

bk

www.juniorenakademie.de
www.kontinuum-online.de


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