TU intern - Oktober 2001 - Wahl

Frank Steffel, Spitzenkandidat der CDU

Steffel 1.Wie sehen Ihre Ziele für die Berliner Hochschulpolitik aus? Wie beabsichtigen Sie, den Hochschulstandort zu stärken?

Hochschulpolitik ist Zukunftspolitik. Berlin braucht eine High-Tech-Offensive. Meine fünf Kernziele lauten:

  1. Stärkung der Profile der einzelnen Hochschulen. Die Hochschulen brauchen mehr Autonomie und Eigenverantwortung. Die Universitäten müssen die Möglichkeit besitzen, eigene Leitungsmodelle zu erproben und ihre Studierenden selbst auszuwählen.
  2. Wettbewerb unter den Hochschulen um Mittel, Lehrkräfte und Studierende.
  3. Intensivere Kooperation zwischen Wirtschaft und Hochschulen. Hochschulräte statt Kuratorien sollen als Transmissionsriemen dienen.
  4. Flexibilisierung und Verschlankung der Verwaltung.
  5. Internationale Vernetzung von Wissenschaft, Forschung und Lehre.

2. Welche Reformmaßnahmen stehen bei Ihnen für diesen Bereich im Mittelpunkt?

Die Freie Universität soll als private Stiftungsuniversität Forschung und Lehre auf höchstem Niveau betreiben können. Sie sollte vom öffentlichen Dienst- und Tarifrecht befreit werden und flexiblere Gehälter zahlen können. Wir wollen die Ausbildung an den Universitäten deutlich verkürzen. Dazu gehört die Vereinfachung und Beschleunigung der umständlichen und langen Prüfungsverfahren, aber auch die Einführung von Zwischenprüfungen oder Aufnahmetests, um den Studierenden möglichst früh die Möglichkeit zu geben zu prüfen, ob das gewählte Studium ihnen liegt. Die Universitäten sollen sich ihre Studierenden nach Eignung selber aussuchen können. Studiengebühren sind für uns kein Tabu, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens müssen die Einnahmen den Universitäten zufließen. Und zweitens müssen Kinder aus einkommensschwachen Familien nach wie vor ein Studium nach ihren Wünschen und Fähigkeiten führen können, d.h. es muss eine sozial- und leistungsgerechte Befreiung von der Gebühr geben. Die Zahl der Forschungs- und Gründerzentren in der Stadt muss weiter steigen; von staatlicher Seite bedarf es hier vor allem unkomplizierter Hilfe aus einer Hand für High-Tech-Unternehmen.

3. Die Hochschulen sind trotz der Hochschulverträge unterausgestattet und damit kaum wettbewerbsfähig. Treten Sie für zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten im Rahmen von Sonderprogrammen ein (z. B. Zukunftsfonds)?

Ganz klares Ja. Wir haben 1997 zu Zeiten der großen Koalition den Zukunftsfonds geschaffen, um den Universitäten Flexibilität bei wichtigen Personalentscheidungen zu geben. Es ist unerträglich, wenn dieser Zukunftsfonds durch den rot-grünen Übergangssenat von 250 auf 20 Millionen DM zusammengestrichen wird, während gleichzeitig Länder wie Bayern und Baden-Württemberg ihre Hochschulen für die überall anstehende personelle Erneuerung mit Beträgen zwischen 700 Millionen und einer Milliarde DM ausstatten. In den nächsten vier Jahren wird bundesweit eine ganze Generation von Hochschullehrern abtreten. Berlin befindet sich deshalb in einem heftigen Wettbewerb um die besten Köpfe. Wer hier spart, ebnet für die nächsten Jahrzehnte einen Weg in die Mittelmäßigkeit.

4. Sehen Sie betriebsbedingte Kündigungen als legitimes Mittel für einen Personalabbau im öffentlichen Dienst, und wenn ja warum?

Betriebsbedingte Kündigungen sind eine ultima ratio. Sie dürfen als Instrument für die Universitäten gleichwohl nicht kategorisch ausgeschlossen werden, wenn wir es ernst meinen mit dem hohen Maß an Autonomie und Eigenverantwortung für die Hochschulen. Hochschulen sind zunächst Orte des Forschens und der Lehre, und das auf dem bestmöglichen Niveau. Dazu brauchen sie einen regen Austausch und Wechsel der dort Beschäftigten und somit die Freiheit, ihre Personalplanung und -ausstattung an ihren Möglichkeiten und Bedürfnissen auszurichten.

5. Wann wird die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes aus Ihrer Sicht abgeschlossen sein und welche Akzente wird Ihre Partei dort setzen?

Lieber heute als morgen! Es hat unter unserem Senator Stölzl bereits einen fertigen Entwurf für die Novellierung des Berliner Hochschulgesetzes gegeben, der jedoch von der SPD als Juniorpartner der großen Koalition blockiert und systematisch hintertrieben wurde. Dies übrigens, obwohl wir als Land gegenüber dem Bund mit der Umsetzung des Hochschulrahmengesetzes bereits in Verzug sind. Wann die Novellierung abgeschlossen sein wird, hängt deshalb entscheidend von der künftigen politischen Konstellation in dieser Stadt ab. Wenn wir ein starkes bürgerlich-liberales Mandat für die nächsten vier Jahre erhalten, werden der Umbau und die Modernisierung der Berliner Hochschullandschaft Priorität besitzen. Die Akzente entsprechen den zu den Fragen 1 und 2 genannten Prioritäten.

6. Was würden Sie tun, wenn Sie Universitätspräsident/in wären?

Ich würde die ZVS abschaffen und dafür sorgen, dass die Fachbereiche sich ihre Studierenden nach deren Eignung weitestgehend selbst aussuchen können. Ich würde einen Board of Trustees installieren und mich um möglichst enge Kontakte zur Wirtschaft bemühen. Ich würde mich dafür einsetzen, "meine" Universität aus dem öffentlichen Tarifrecht zu befreien, um eine flexible und leistungsbezogene Vergütungsstruktur schaffen zu können. Ich würde die Fachbereiche ermutigen, ihre Forschungsergebnisse eigenständig zu vermarkten.

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