Blick auf Privates? Arbeitskreis nimmt Videoüberwachung unter die Lupe
Technologien der Überwachung haben fast immer zwei Gesichter: Sie sollen Lebensqualität sichern und erhöhen, doch sie können auch der sozialen Kontrolle und Sortierung dienen, Lebensqualität mindern oder gar Bürgerrechte aushöhlen. Im Juni 2002 wurde auf Initiative des "Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung" der bundesweite "Arbeitskreis Videoüberwachung und Bürgerrechte" in Berlin gegründet. Die interdisziplinäre Gruppe bearbeitet das Thema wissenschaftlich, berät und interveniert. Die Vernetzung von Wissenschaft und Praxis soll gefördert, sachlich und unabhängig informiert werden. Jede unautorisierte Erhebung persönlicher Daten ist ein Grundrechtseingriff, rechtens nur, wenn sie dem Gemeinwohl dient, dem Gesetz entspricht und die Verhältnismäßigkeit gewahrt ist. Das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1983 urteilte in seinem Volkszählungsurteil: "Wer nicht mit hinreichender Sicherheit überschauen kann, welche ihn betreffenden Informationen in bestimmten Bereichen seiner sozialen Umgebung bekannt sind, [...] kann in seiner Freiheit wesentlich gehemmt werden, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden." Aus dem garantierten allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Artikel zwei des Grundgesetzes) leitet das Gericht daher das "Recht auf informationelle Selbstbestimmung" ab. Dies gilt selbstverständlich auch für jeden Blick einer der zahllosen, mittlerweile alltäglichen Überwachungskameras. Dass die Beurteilung des Phänomens Videoüberwachung nicht nur der juristischen Expertise bedarf, liegt auf der Hand. Ob Kameras persönliche Daten erheben, ist eine Frage des Anwendungsbereiches und der eingesetzten Technik. Die Verhältnismäßigkeit ihres Einsatzes hängt auch davon ab, wie die Technik die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt und welche alternativen Lösungen bestehen. Ob und wann Videoüberwachung dem Gemeinwohl dient, ist eine Frage ihrer Wahrnehmung und Akzeptanz und nicht zuletzt der Philosophie. Ingenieurswissenschaften und Informatik sind daher ebenso gefragt wie Sozialwissenschaften, Raumplanung, Psychologie oder Geisteswissenschaften, sich an der Bewertung zu beteiligen. Auf der Website der Arbeitsgruppe werden Links, Quellen und Dokumente zum Thema gesammelt. Eine Mailingliste informiert über das aktuelle Geschehen, und regelmäßige Arbeitstreffen dienen der gegenseitigen Information und Diskussion. Angedacht sind auch gemeinsame Publikationen und öffentliche Veranstaltungen. Eric Töpfer, |
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