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Nr. 11, November 2003
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Dopingliste verführt zu "Menschenversuchen"

TU-Gesundheitsökonom Gert G. Wagner fordert Medikamentenpass für Spitzensportler

Ein Doping-Skandal ungeahnten Ausmaßes überzieht die Sportwelt. Zu bekannten Wirkstoffen wie Ephedrin, Coffein und Erythropoietin (EPO) ist jetzt das Designer-Steroid Tetrahydrogestrinon (THG) gekommen. Die Liste der im Sport verbotenen Arzneimittel wird immer länger. Aber Athleten sind schwer vom Doping abzubringen - mit THG haben sich viele offenbar sogar zu menschlichen Versuchskaninchen gemacht.

Ethische Argumente wie etwa "Doping ist ungesund" ziehen bei Spitzen-Athleten nicht. "Doping ist unfair" ist ein beliebtes Argument der Sportfunktionäre. Aber gibt es überhaupt Chancengleichheit im Sport? In reichen Ländern haben Sportler optimale Trainingsmöglichkeiten und bessere medizinische Betreuung als in ärmeren. Zudem hängt der Erfolg in den meisten Disziplinen heute wesentlich von Ausrüstung und Material ab. Athleten glauben längst nicht mehr an Fairness im Sport - die Norm vom "sauberen Sport" ist auch deswegen zerstört, weil die Dopingliste mit zur Zerstörung beigetragen hat.

Die bestehende Liste ist eine "Negativliste", und die setzt falsche Anreize. Prof. Dr. Gert G. Wagner, TU Berlin, und das Berliner Zentrum für Public Health schlagen deshalb vor, die Dopingliste ersatzlos zu streichen und stattdessen einen Medikamentenpass einzuführen, in dem alle Substanzen aufgeführt sind, die der Sportler einnimmt. Damit entfällt der Anreiz, ständig neue Mittel zu verwenden, bis diese auf die Dopingliste kommen. Probiert ein Athlet etwas Neues aus, wird es sofort öffentlich, und auch die Konkurrenz kann davon profitieren. Kontrollen müssten weiterhin stattfinden. Bestraft würde künftig derjenige, der heimlich etwas einnimmt, das er nicht deklariert, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Ein sinnvoller Beitrag zu Fairness. Ohne diese radikale Transparenz, so Professor Wagner, habe "sauberer Sport" keine Chance. Denn die Dopingliste habe faktisch zu der Norm geführt, dass Sportler überzeugt sind, alles nehmen zu können, was nicht auf der Liste steht und/oder nicht nachgewiesen werden kann. "Ohne eine radikale Änderung der Regeln wird THG nicht die letzte Designer-Droge sein, mit der sich Sportler schädigen", so Professor Wagner.

Stefanie Terp

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