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Nr. 11, November 2003
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Perlen, Vasen und Brillen, die sich selbst anpassen

Der historische Werkstoff Glas wird für die Zukunft getrimmt - ein Blick in die Glasbläserwerkstatt der TU Berlin

Glas ist ein faszinierender Werkstoff. TU-Glasbauer Norbert Zielinski mit seiner Auszubildenden Steffi Seelenbinder. Als Gesellin betreibt sie jetzt die Glasbläserei in der FU-Chemie

Den Beginn des Laserbaus und der Halbleitertechnik an der TU Berlin gegen Ende der 60er-Jahre hat Norbert Zielinski entscheidend mit geprägt. Er ist Meister des Glasapparatebaus und leitet heute die Glasbläserwerkstatt am Institut für Festkörperphysik. Damals arbeitete er im Institut für Hochfrequenztechnik der TU Berlin an kurzwelligen 8-mm-Kathodenstrahlröhren. Das Jahr 2003 ist für ihn ein Jubiläumsjahr: Am 1. September feierte er sein 40. Dienstjubiläum. Kurz darauf, auf der Tagung des Verbandes deutscher Glasbläser e.V. (VDG) in Berlin wurde er zu dessen stellvertretendem Vorsitzenden gewählt, und das Schönste für ihn: "Nach 15 Jahren konnten wir in diesem seltenen und anspruchsvollen Beruf wieder eine Glasapparatebauerin ausbilden. Im Berliner Raum wird zurzeit niemand in diesem Beruf ausgebildet."

Die TU-Glasbläser produzieren insbesondere für den Eigenbedarf. In vielen Bereichen werden Spezialvorrichtungen aus Spezialglas benötigt, die es auf dem freien Markt nicht gibt. Denn der historische Werkstoff ist heute Hightechmaterial. Schon vor 6000 Jahren wurde Glas in Mesopotamien und später in Ägypten hergestellt. Lange wurden vor allem Kunstgegenstände, Vasen, Schalen, Glasperlen, produziert, zum Beispiel in Venedig beziehungsweise auf der Insel Murano. Die mittelalterlichen Apotheken und alchemistischen Laboratorien kannten kaum Glasgeräte. Doch mit der Entwicklung der Chemie zur exakten Wissenschaft entstand auch die Glasinstrumententechnik. Nutznießer war ein ganz Großer dieser Wissenschaft: Justus Liebig. 1818 schrieb er aus Paris an seine Frau: "Denke Dir, ich habe Unterricht im Glasblasen genommen und bin nun weit genug gekommen, um mir alle Glasapparate selbst machen zu können." Mit der Weiterentwicklung der Naturwissenschaften waren immer komplexere und kompliziertere Anlagen gefragt: Glühlampen, Röntgenröhren, Fernsehbildröhren oder gläserne Vakuumanlagen für die Kerntechnik. Der Glasinstrumentenmacher und Glasapparatebauer ist heute insbesondere in Forschung und Entwicklung gefragt, an Universitäten, Forschungseinrichtungen und großen Chemieunternehmen. Sie brauchen Glas, das speziell für Röntgenstrahlen transparent ist, das Röntgen- und radioaktive Strahlen abschwächt und trotzdem transparent bleibt oder das sich an die UV-Strahlung anpasst für selbstadjustierende Brillengläser. Aus der Industrie nicht mehr wegzudenken sind Glasfasern oder extrem dünne Glasfolien und vieles mehr.

Die Zukunft des Werkstoffs Glas, so Professor Hans-Jürgen Hoffmann vom TU-Institut für Werkstoffwissenschaften und -technologien, läge in der Mikrostrukturierung und der Verbundtechnik. Durch die Herstellung photonischer Kristalle eröffneten sich völlig neue Anwendungen in der Optik und Displaytechnik.

Patricia Pätzold

www.physik.tu-berlin.de/institute/IFFP/glastw/

 

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