TU intern
10/2003 als
pdf-Datei
(1,2 MB)
Nr. 10, Oktober 2003
 Themenseiten 
Titel
Inhalt
Aktuell
Erstsemestertag
an der TU Berlin
Innenansichten
Lehre & Studium
Forschung
Alumni
Internationales
Menschen
Vermischtes
Impressum
TU-Homepage

25 Sekunden "völlig losgelöst" über dem Atlantik

TU-Student durfte beim Parabelflug mit der ESA Experimente durchführen

Im leeren Flugzeug bauen die Studierendengruppen ihre Experimente auf. Besondere Erfahrung für Boris Wonneberger - als er die Augen wieder öffnet, "sitzt" er an der Decke (Bild oben)

Schwerelosigkeit selbst erfahren, der Traum eines jeden Luft- und Raumfahrt-Studierenden. Boris Wonneberger hat ihn erlebt. Er hatte sich bei dem diesjährigen European Space Agency (ESA) Parabelflugexperiment beworben und war angenommen worden. Wonneberger erdachte mit einer Gruppe anderer Studenten ein Experiment, das Aufschluss über das "Wegstoßverhalten" eines Satelliten im Raum geben sollte. Also: Kann ein Astronaut einen Satelliten, den er im Raum absetzen will, von Hand weit genug und präzise genug wegschleudern, um eine Kollision mit dem Raumschiff und damit eine Beschädigung zu vermeiden?

"Im Parabelflug wird Schwerelosigkeit simuliert, indem das Flugzeug ab einer bestimmten Höhe, 16000 Fuß, steil aufsteigt", erklärt Boris Wonneberger. "Bei einem Anstiegswinkel von 45 Grad werden die Triebwerke auf Leerlauf geschaltet, die Steuersäule losgelassen, und das Flugzeug durchfliegt eine Parabelkurve, in der etwa 25 Sekunden lang völlige Schwerelosigkeit herrscht."

Zum Glück wird die Parabelkurve pro Flug mehrmals durchflogen, denn beim ersten Versuch müssen sich alle erst eingewöhnen und schaffen es kaum, innerhalb von 25 Sekunden ihr Experiment zu starten.

Die ESA sucht jedes Jahr 30 Teams aus je vier Studierenden aus, die an diesem Programm teilnehmen können. Der TU-Student hatte sich während eines 10-monatigen Austauschaufenthalts in Bristol mit weiteren Studierenden im ERASMUS-Austausch-Programm zusammengefunden, um sich bei der ESA zu bewerben. "Ich hatte einen Kurs über Satellitentechnik belegt und erfuhr so von einem Satellitenprojekt, das zurzeit in der Entwicklung steckt." Das Projekt hieß Human Activated Nano-Satellite Deployment, kurz HAND. Es wurde ein Demonstrationssatellit entwickelt, der später mit dem Space Shuttle transportiert und dann von einem Astronauten per Hand (Human Activated) ins All befördert wird. "Unsere Aufgabe war es, herauszufinden, wie akkurat man einen stockartigen Satelliten in Schwerelosigkeit von sich wegstoßen kann."

Für den Versuchsaufbau stand zwar nur wenig Geld zur Verfügung, das auch noch für die medizinischen Untersuchungen reichen musste. Doch schließlich konnte man sich mit einem Satellitenmodell aus einem einen Meter langen und fünf Zentimeter dicken Plastikrohr, dem befestigte Metallkörper das Trägheitsmoment verleihen sollten, und einer Kamera zur Beobachtung auf den Weg nach Bordeaux machen, wo der Parabelflug startet. "Völlig losgelöst", spürt man dabei kaum den eigenen Körper, denn auch die inneren Organe schweben. Boris Wonneberger beurteilt das Erlebnis so: "Das Experiment ist bei diesem Abenteuer in der Schwerelosigkeit zwar wichtig, wird durchgeführt und ausgewertet, aber im Grunde spielt es nur die zweite Rolle. Für alle, die über eine Astronautenlaufbahn nachdenken, ist dieses Programm ein absolutes Muss, da man auch persönlichen Kontakt mit ‚echten' Astronauten bekommt."

Patricia Pätzold

www.estec.esa.nl/outreach/parabolic/

 

© TU-Pressestelle 10/2003 | TU intern | Impressum | Leserbriefe