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Januar 2005
 
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Licht - das Lebensthema Einsteins

100 Jahre Relativitätstheorie und den 50. Todestag des Nobelpreisträgers Albert Einstein begehen wir in diesem Jahr. Lehmanns Fachbuchhandlung und die TU Berlin laden anlässlich des Einsteinjahrs zur Buchpräsentation der neuen Einstein-Biografie von Dr. Jürgen Neffe am 27. Januar ein. Um Ihnen einen literarischen Vorgeschmack auf die Welt des Albert Einstein zu geben, drucken wir einige Passagen aus dem neuen Buch, das im Rowohlt-Verlag erscheint.

 
  Foto: Picture-Alliance/akg-images

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Es war ein Moment, der die Gäste die winterliche Kälte vergessen ließ. Erst "stiegen prasselnd Raketen zum Himmel auf", danach "nahm mit einem Kanonenschlag das überaus gelungene Feuerwerk sein Ende". Was dann geschieht, versetzt die Wartenden in der Schwabinger Pfarrstraße in buchstäblich helle Aufregung - ganz persönliche Sekunden einer Sternstunde der Menschheit, Ende Februar 1889.

"Mit einem Male erstrahlte der Festplatz sowie die Straßen Schwabings im hellsten Bogenlampen- und Glühlichte, begrüßt von den Anwesenden durch lebhafte Beifallsbezeugungen. Herr Einstein, Vertreter der Firma Einstein & Cie, welch' letzterer die Straßenbeleuchtung eingerichtet hat, übergab sodann die Anlage der Stadt, für den ehrenvollen Auftrag bestens dankend."

Wie oft mag der kleine Albert das erlebt haben - Höhepunkte im Familienleben, Augenblicke fast biblischer Tiefe: Vater und Onkel bringen den Menschen das Licht. Ein Schalter wird umgelegt, die gezähmte Glut des Feuers elektrischer Lampen vertreibt das Dunkel, das Publikum staunt und applaudiert. Licht verbindet sich mit Wohlgefühl. Der Vater und dessen Bruder als Helden des Abends. Auch eine Form kindlicher Prägung, die Einstein nur mit wenigen teilt.

Kurz vor Alberts zehntem Geburtstag hat sich Schwabing als eine der ersten Gemeinden Bayerns durch "Kraftstrom" erzeugtes Licht genehmigt. Die öffentliche Einweihung gerät zur rauschenden Party. In einer Korsofahrt von 150 Wagen zieht die Festgemeinde durch die neu erleuchteten Straßen zur Salvatorbrauerei. Dort wird bis in die frühen Morgenstunden gefeiert.

Ein bewegender Moment auch für die Gebrüder Hermann und Jakob Einstein. Ihre 200 Glühbirnen und die zehn gleißend hellen Bogenlampen mit einer Leuchtkraft von 1000 "Neuen Kerzen" funktionieren fehlerfrei.

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Werkstatt, Lager und Ladengeschäft befinden sich in dem Haus, wo der Junge aufwächst. Er spricht noch keine zusammenhängenden Sätze, da stellen Vater und Onkel bereits die Wunderwelt ihrer Waren auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung im Münchner Glaspalast vor. Der bayrische König Ludwig II. als Schirmherr der Schau lässt sie am 16. September 1882 durch seinen Vertreter Herzog Karl Theodor eröffnen - abends, stilgerecht bei künstlicher Beleuchtung, ein Novum. Gleich von Beginn an sollen die Gäste sinnlich erfahren, was es mit dem Wahlspruch der Ausstellung auf sich hat: "Mehr Licht!"

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Diese Nacht im Mai 1905, vielleicht die wichtigste in seinem Leben. Genaues Datum unbekannt. Auch sonst keine Einzelheiten. Keine Zeugnisse oder Zeugen, nur ein Hörensagen vom Davor und Danach. Ein Zuhörer hat mitgeschrieben, Ende 1922 im japanischen Kyoto. Dort schildert Einstein, inzwischen weltbekannt, in deutscher Sprache jene Stunden, die ihm den Durchblick brachten. Die einzige Quelle.

In der Erinnerung geht ein "wunderschöner Tag" voraus. Einstein hockt mit seinem Freund und Patentamtskollegen Michele Besso zusammen. Wie üblich diskutieren sie ein physikalisches Problem. Nicht irgendeins, sondern das ganz große: Wie lassen sich die Widersprüche überwinden, die das herrschende physikalische Weltbild in den letzten Jahren so grundlegend erschüttert haben? Alle Koryphäen sind an dieser Frage gescheitert - nun kapituliert auch Einstein: "Ich gebe auf", teilt er dem Kameraden mit.

 
Foto: Picture-Alliance/akg-images  

Dann die Nacht. Wie hat er sie verbracht? Sicher wieder viel geraucht, Pfeife, Zigarren. Unzählige Zettel voll gekritzelt, Rückseiten von Briefen, Rechnungen, egal was. Hauptsache, die Gedanken finden das Papier. Kann er schlafen? Hält ihn die Erregung wach? Schreit Hans Albert, das einjährige Baby? Berät er sich mit Mileva? Hilft sie ihm beim Rechnen? Oder arbeitet er allein, und sie stellt ihm einmal mehr das Essen vor die Tür?

Irgendetwas muss passiert sein im Gespräch mit Besso. Womöglich hat ihm der Freund den entscheidenden Tipp gegeben. Oder auch nur zur rechten Zeit die rettende Frage gestellt. "Plötzlich verstand ich, wo der Schlüssel zu diesem Problem lag." Sagt Einstein, gut 17 Jahre später in Japan.

Am Morgen trifft er Besso wieder. Er ruft ihm - "bevor ich ihn überhaupt begrüßt hatte" - die großartige Neuigkeit zu: "Danke dir, ich habe mein Problem vollständig gelöst." Die Lösung erhält ihren Namen erst einige Jahre später: Spezielle Relativitätstheorie. Wie Einstein diese Theorie gefunden hat, die mit seinem Namen verschweißt ist wie Evolution und Psychoanalyse mit Darwin und Freud, weiß niemand. Wie ihm die Erleuchtung gekommen ist, welche Synapsen in seinem Gehirn gezündet haben, welche logischen Schritte sich vollzogen, welche Bilder zusammengeflossen sind, wie er sein Heureka erlebt hat, den Höhepunkt nach jahrelanger Grübelei - versunken. Ein Rätsel geknackt, ein neues hinterlassen. Typisch Einstein.

Was aber davor geschah, was er gewusst, worauf er reagiert, was ihn getrieben hat, warum Einstein die Relativitätstheorie finden musste, davon können wir uns ein Bild machen. Nicht der Wahnsinn, das Glück steht dem Genie am treuesten zur Seite. Aus heutiger Sicht ist der Patentbeamte ein Auserwählter - der richtige Mensch am richtigen Ort zur richtigen Zeit.

Die Wurzeln der Revolution reichen tief. Im Rückblick wirkt alles wie perfekt zusammengepasst. Die Jugendlektüre, das Selbststudium, die Physikergefährtin, die Akademie Olympia, die Gespräche mit Besso. Und die Zeit ist reif für seine Entdeckung, durch die der Raum und die Zeit zum vierdimensionalen Gebilde der Raumzeit verschmelzen.

Schon als Schüler hat Albert in Alexander von Humboldts "Kosmos" nachlesen können, "daß wir mit unseren großen Fernrohren gleichzeitig vordringen in den Raum und in die Zeit". Und bei Felix Eberty heißt es: "Auf diese Weise haben wir die Ausdehnung der Zeit mit der des Raumes zusammenfallend der sinnlichen Anschauung so nahe gebracht, daß Raum und Zeit als gar nicht voneinander verschieden begriffen werden können."

Humboldt und Eberty beschreiben ein heiß diskutiertes Thema in Einsteins Jugend: die Zeit als vierte Dimension, eng mit den drei Dimensionen des Raumes verknüpft. Gemeinsam sind sie als Einheit aufzufassen. Das muss er nicht erst herausfinden.

Genau diese Idee aber bildet ein Grundelement zum Verständnis der Relativitätstheorie - auch wenn Einstein sie nach allem, was bekannt ist, auf einem anderen Weg gefunden hat. Er muss sich erst durch einen Irrgarten theoretischer Widersprüche arbeiten. Heute können wir das Labyrinth von oben betrachten und Einstein mit dem Plan in der Hand bei seinen tastenden Schritten begleiten. Und wenn es etwas gab, das ihn geführt hat bei seiner Odyssee, dann ist es sein Lebensthema - das Licht.

Wir danken dem Autor und dem Verlag für die Genehmigung des Vorabdrucks. Das Buch: Jürgen Neffe, Einstein - Eine Biographie, Rowohlt Verlag, 352 Seiten, 22,90 Euro, ISBN 3-498-04685-3

TU Berlin und das Einsteinjahr

Vom 4. bis 9. März findet die 69. Jahrestagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) mit allen Fachverbänden und der Astronomischen Gesellschaft (AG) an TU und HU Berlin statt. Schirmherren sind die beiden Universitätspräsidenten. Diese Veranstaltung ist mit rund 6100 Beiträgen, 672 Fachsitzungen, 21 fachübergreifenden Symposien, elf öffentlichen Plenarvorträgen, neun öffentlichen Abendvorträgen, Schülerprogrammen und Ausstellungen die größte und fachlich umfangreichste Tagung in der 160-jährigen DPG-Geschichte.

Die zweite große Tagung ist der XX. Deutsche Kongress für Philosophie, der vom 26. bis 30. September an der TU Berlin zum Thema Kreativität stattfinden wird. Mit mehr als 1500 erwarteten Teilnehmern zählt er zu den größten und bedeutendsten philosophischen Veranstaltungen in Deutschland. "Zur Teilnahme ist das Fachpublikum wie auch die interessierte Öffentlichkeit eingeladen", betont Kongressleiter TU-Prof. Dr. Günter Abel von der Fakultät I, Geisteswissenschaften, der TU Berlin. Am 29. September wird ein Kolloquium "Kreativität im Denken Albert Einsteins" angeboten.

Aber auch die Kinderuniversität der TU Berlin, der UdK und Arbeiterwohlfahrt Berlin wird sich dem naturwissenschaftlichen Genie widmen. Ihr Titel in diesem Jahr: "Kinderuni - Kunst und Technik im Einsteinjahr". Sie findet vom 9. bis 11. Mai 2005 statt. Am 11. Juni 2005 präsentiert sich die TU Berlin wieder während der Langen Nacht der Wissenschaften. Auch diesmal wird einer von vielen Schwerpunkten im Physik-Gebäude zu finden sein. Viel Spaß bei der Suche nach Albert Einstein an der TU Berlin.

stt

www.tu-berlin.de/presse/doku/einstein/index.html


Lesung

 
Jürgen Neffe
Foto: Darchinger
 

Er war "das Gehirn des Jahrhunderts" und hat unser Weltbild revolutioniert: Albert Einstein. 1879 in Ulm geboren, 1921 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, ab 1933 in den USA lehrend und forschend, 1955 in Princeton gestorben. Zwischen diesen Eckdaten vollzieht sich die bewegte und spannende Biografie eines großen Naturwissenschaftlers, der zugleich als

 
  Günter Abel
Foto: TU-Pressestelle

unkonventioneller und politisch denkender Mensch im Gedächtnis blieb. Der Journalist und Wissenschaftler Jürgen Neffe erzählt die Geschichte Einsteins und seiner Epoche - mit vielen neuen Dokumenten und überraschenden Einsichten. TU-Professor Dr. Günter Abel eröffnet den Abend.

TU Berlin und die Lehmanns Fachbuchhandlung laden zur Lesung am 27. Januar, Hardenbergstr. 5 ein. Beginn: 20.15 Uhr. Die Eintrittskarte kostet 6 Euro.

stt

Karten an der Abendkasse oder:
www.lob.de/haus-hardenberg
veranstaltung@ lehmanns.de

 

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