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Faszination für die Mitte

Was kreative Ökonomien für die Stadtentwicklung bedeuten

 
  Klaus Brake
© TU-Pressestelle

In den 1990er-Jahren erklärte mancher Politiker und Wissenschaftler die Stadt für tot. Mit dem Aufkommen neuer Kommunikationsmittel wurde ihr kein Entwicklungspotenzial mehr zugestanden. Dr. Klaus Brake, Professor für Stadt- und Regionalentwicklung, hat diese Endzeitszenarien nie vertreten. Als Gastprofessor am Center for Metropolitan Studies an der TU Berlin beschäftigt er sich mit kreativen Wirtschaftstätigkeiten und ihrer Bedeutung für die Stadtentwicklung.

Herr Professor Brake, Sie sprechen von einem neuartigen Bedeutungsgewinn der Stadt. Weshalb?

Neue Kommunikationsmittel ermöglichen es, überall auf der Welt Informationen zu verarbeiten und Prozesse zu steuern. Dezentralisierung ist leichter möglich und Städte verlieren angestammte Vorteile für bestimmte Akteure und Tätigkeiten. Die Suburbanisierung ergänzt das. Doch nun gewinnen große Kernstädte, auch in Deutschland, wieder Beschäftigung, besonders im Bereich Dienstleistung. Damit konzentrieren sich dort wieder Nicht-Routine-Tätigkeiten. Es entsteht eine neue Diskussion darum, dass die Städte dadurch zu Motoren einer neuen, wissensbasierten Ökonomie werden.

Worin wird dieser neuartige Bedeutungsgewinn bestehen?

Dieser entsteht, sofern urbane Gebiete großer Städte für kreative wissensbasierte Wirtschaftstätigkeiten als Standort hochattraktiv bleiben oder werden. Diese Tätigkeiten brauchen offenbar die räumliche Nähe des urbanen Milieus, um ökonomisch erfolgreich zu sein.

Was ist unter kreativen, wissensbasierten Wirtschaftstätigkeiten denn zu verstehen?

Generell diejenigen ökonomischen Aktivitäten, die davon leben, neues Wissen zu generieren, statt nur Informationen zu verarbeiten. Dafür ist ebenso direkte wie offene Kommunikation hilfreich. Es sind insbesondere Wirtschaftstätigkeiten, die mit Blick auf ihre Produkte und Kunden immer wieder völlig neue Ideen brauchen, die noch keiner hatte. Dafür sind vielfältige und spontane Anregungen aus den unterschiedlichsten Aktivitätsbereichen hilfreich. Das betrifft nicht nur die Leistungen etwa von Mode, Werbung oder Design. Kreative wissensbasierte Tätigkeiten sind solche, die benötigt werden, um letztlich auch ganz alltägliche Produkte zu erzeugen. Dafür sind es aber diejenigen Tätigkeiten, die ‚vor der Routine' liegen: entweder im Sinne von Forschung und Entwicklung oder im Lebenszyklus der Produkte. Das Konzeptionelle in diesen Prozessen ist der Kern kreativer wissensbasierter Tätigkeiten.

Welchen Thesen werden Sie in Ihren Forschungen an der TU Berlin zu den kreativen Wirtschaftstätigkeiten nachgehen?

Einmal der These, inwieweit die Akteure kreativer Ökonomien räumliche Nähe brauchen, um wirtschaftlich erfolgreich sein zu können, obwohl diese doch überall sitzen könnten angesichts von Internet und E-Mail. Und damit, inwieweit diese räumliche Nähe mit urbanem Milieu verbunden ist, sie also nicht an den Peripherien der Städte zu suchen ist - wie das Beispiel Berlin zeigt, wo sich kreative Ökonomien vor allem innerhalb des S-Bahn-Rings angesiedelt haben, während hoch qualifizierte Fertigungen oder Forschungsinstitutionen am Stadtrand sitzen.

Das Gespräch führte Sybille Nitsche

 

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