7-9/06
Juli 2006
TU intern
7-9/2006 als
pdf-Datei
(959 kb)
 Themenseiten 
Titel
Inhalt
Aktuell
Hochschulpolitik
Innenansichten
Lehre & Studium
Von der Schule
in die Uni
Forschung
Alumni
Internationales
Menschen
Tipps & Termine
Vermischtes
Impressum
TU-Homepage

Katrina ist überall

Stadtplaner diskutieren über die "gerechte Stadt"

Amerikanische Ideen zu einer gerechten Stadt? Was soziale Gerechtigkeit betrifft, so ist die Bilanz der letzten Jahrzehnte vernichtend. Insbesondere in den US-Städten herrschen katastrophale Zustände von Armut und Elend. Aber nicht nur dort, auch in Berlin und anderswo vergrößert sich die Kluft zwischen Arm und Reich. Können und sollen Stadtpolitiker und Stadtplaner dem entgegenwirken? Darüber diskutierten deutsche und US-Wissenschaftler auf der zweiteiligen Konferenz "Just City - Was ist eine gerechte Stadt?", die im Januar und Mai am Center for Metropolitan Studies (CMS)/Transatlantisches Graduiertenkolleg an der TU Berlin von Oliver Schmidt und Florian Urban organisiert wurde.

In den 60er-Jahren sei, so Susan Fainstein von der New Yorker Columbia University, die Idee einer sozial gerechten Stadt bereits einmal tragisch gescheitert. Die Folgen der wissenschaftlich begründeten Vision: Kahlschlagsanierung, Betonburgen, Stadtautobahnen, Urban Renewal, Public Housing. Heute denke man daher klein und konzentriere stadtplanerische Aktivitäten nur auf einzelne städtische Gruppen: Stärkung der ethnischen Gruppen in den USA, Bürgerbeteiligung in Deutschland. Doch die ungerechte Stadt blieb. Dagegen fordert Fainstein, dass "Gerechtigkeit" nicht unbedingt Gleichheit für alle, sondern nur die möglichst hohe Chance für jeden sei, seine Fähigkeiten auszuleben. Eine sozial polarisierte Stadt würde ärmeren Menschen versagen, ihre individuellen Fähigkeiten zu entwickeln.

In einer zutiefst ungerechten Gesellschaftsordnung sei nun aber keine gerechte Stadt denkbar, so Peter Marcuse, ebenfalls von der Columbia University. Auch europäische Städte seien sozial ungerecht, so Robert Beauregard von der New York University, da ihre relativ gerechten Lebensumstände oft auf Ungerechtigkeiten anderswo gründeten. So wurden die reichen nordeuropäischen Länder bereits als "Villenvororte der Welt" bezeichnet. In Deutschland, so die Kritik der Politikwissenschaftlerin Margit Mayer aus Berlin, werde zum Beispiel viel über Migranten gesprochen, aber wenig mit ihnen. New Orleans sei im Übrigen ein Paradebeispiel für die Unzulänglichkeit der amerikanischen Gesellschaftsordnung, wie die Ereignisse um den Wirbelsturm Katrina gezeigt hätten - doch "Katrina is everywhere", war man sich einig. Die neue Definition von Gerechtigkeit könne in Amerika wie in Europa ein Leitbild für eine bessere Stadt bieten. Doch planerisch eine gerechte Stadt zu schaffen sei ohne Veränderung der gesellschaftlichen Strukturen nicht wirklich möglich. Das Center for Metropolitan Studies an der TU Berlin, gegründet 2005, arbeitet mit mehreren amerikanischen Universitäten zusammen und fördert den transatlantischen Austausch von Studierenden und Wissenschaftlern.

tui

© TU-Pressestelle 7-9/2006 | TU intern | Impressum | Leserbriefe