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Antisemitismus in Europa vor dem Ersten Weltkrieg

Ein neues europäisch-vergleichendes Forschungskolleg am Zentrum für Antisemitismusforschung

Viele Mahnmale erinnern besonders in Deutschland an die Schrecken des Antisemitismus. Berlin: über den Gleisen des ehemaligen Deportationsbahnhofs Putlitzstraße, eingeweiht 1987. Noch 1992 wurde das Mahnmal durch einen Sprengstoffanschlag beschädigt und kurz danach wiederhergestellt
© TU-Pressestelle

Wie die aktuellen Kontroversen über den Antisemitismus in Europa zeigen, ist die Judenfeindschaft kein national begrenztes, sondern ein europäisches Phänomen. Am Zentrum für Antisemitismusforschung wird derzeit unter der Leitung von Prof. Dr. Werner Bergmann ein neues, von der Volkswagenstiftung finanziertes Forschungskolleg aufgebaut.

Dort geht es um die Frage, ob und inwiefern der Antisemitismus auch in der Zeit von der Erfindung des Begriffs (1879) bis zum Ersten Weltkrieg, also in der Formierungsphase der neuen Judenfeindschaft, eine europäische Erscheinung war.

Welche Rolle spielten für die Ausprägung des Antisemitismus spezifische nationale Kontexte, welche unterschiedlichen Formen nahm er in den verschiedenen Ländern an, welche möglichen transnationalen Netzwerke hatten antisemitische Aktivisten entwickelt und welche Folgen hatten die antisemitischen Bewegungen für die historische Entwicklung in den einzelnen Ländern? Viele Fragen, die bisher entweder nationalgeschichtlich begrenzt oder aber in ideengeschichtlicher Vogelperspektive generalisierend erforscht wurden und die nun durch ein konsequent komparatives Vorgehen weiterentwickelt werden sollen.

Da zeitgenössische Beobachter weniger in Deutschland als vielmehr in Rumänien, Russland und der Habsburg-Monarchie den Mittelpunkt der antisemitischen Bedrohung sahen, konzentriert sich das Forschungskolleg in der ersten Stufe auf Osteuropa. Unter der wissenschaftlichen Leitung von Priv.-Doz. Dr. Ulrich Wyrwa werden Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aus Litauen, Polen, Rumänien und Bulgarien sowie Griechenland, das historisch ebenfalls in diesen südosteuropäischen Raum gehört, daher die Entstehung und Entwicklung des Antisemitismus in den entsprechenden Ländern beziehungsweise Sprachräumen untersuchen.

Die fünf von der Volkswagenstiftung finanzierten Dissertationsprojekte bilden jedoch nur den Anfang des anvisierten europäischen Forschungsprogramms. Weitere Projekte sollen sich in der zweiten Stufe auch westeuropäischen Staaten widmen, insbesondere Skandinavien, Spanien und Belgien, für die bisher kaum Arbeiten zum Thema vorliegen.

Der wissenschaftliche Leiter des Kollegs, Ulrich Wyrwa, wird schließlich eine systematisierende, europäisch-integrativ konzipierte Gesamtdarstellung des Antisemitismus für die Zeit von 1879 bis zum Ersten Weltkrieg erstellen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, worin das Spezifische des deutschen, im Nationalsozialismus kulminierenden Antisemitismus lag.

tui

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