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Oktober 2006
 
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Wie ein römischer Legionär

Althistoriker Werner Dahlheim wird emeritiert

 
  Werner Dahlheim
© TU-Pressestelle

Am Ende dieses Sommersemesters wird Professor Werner Dahlheim emeritiert. An die TU Berlin berufen wurde er Anfang 1972 zusammen mit dem Mediävisten Ernst Pitz, wodurch aus dem bis dahin allein bestehenden Lehrstuhl für Neuere Geschichte ein alle Epochen umfassendes Geschichtsinstitut wurde. In den langen Jahren seines Wirkens an der TU hat Werner Dahlheim in einem doppelten Sinn Geschichte geschrieben: einerseits als Althistoriker, sogar als einer der erfolgreichsten seiner Generation, und andererseits in den Annalen des einstigen Fachbereichs 1 Geschichts- und Kommunikationswissenschaften, der erst kurz vor seiner Berufung eingerichtet worden war.

Der alte Fachbereich 1 hat gewiss mehrere "Leuchttürme" gekannt, aber nur eine Seele - und die war und ist bis auf den heutigen Tag Werner Dahlheim. Keiner hat häufiger als er Dekanat und Prodekanat bekleidet (alles in allem bald zwanzig Jahre lang), und gar sechzehn Jahre lang - die Dienstzeit eines römischen Legionärs - hat er den Vorsitz von Lehramts- und Magisterprüfungsausschüssen wahrgenommen. Um zu ermessen, welche herkulischen Mühen er damit auf sich genommen hat, möge man sich an die endlosen Schlangen von Studenten (das modische "Studierende" ist ihm ein Gräuelwort) erinnern, die sich Donnerstag für Donnerstag auf dem Flur von TEL 15 gedrängelt haben, um bei ihm Rat zu suchen - und zu finden! Das Problem, mit dem ein Student zu ihm kam, mochte noch so dornig sein, Werner Dahlheim fand eine Lösung, auch wenn dafür höchste Instanzen und Gerichte bemüht werden mussten. Als Hochschullehrer hat Dahlheim stets nach der Devise "Studenten statt Sabbaticals" gehandelt.

Wann er seine zahlreichen und viel gelesenen Bücher geschrieben hat, ist fast ein Rätsel, denn in der Universität war er präsent wie kaum ein anderer: während des Semesters an nahezu allen Tagen (nur den Dienstag hielt er sich gern frei, um sich auf die Vorlesung am folgenden Tag vorzubereiten und auf seine zweite im Sommer am Donnerstag zusammen mit Thomas Cramer), und wo auch immer er sich befand, war er für alle ansprechbar. Ein Essen in der von ihm geliebten Kantine unterbrach er gar mehrfach, um ein paar Worte mit Studenten und Kollegen zu wechseln, und wenn ein Student ihn freitags nach 14 Uhr beim Verlassen des TEL-Gebäudes ansprach, fand die Studienberatung eben auf dem Weg zum Parkplatz statt. Präsent als Hochschullehrer war Werner Dahlheim nicht zuletzt während der Semesterferien. Seit 1973 hat er zweiunddreißig - im Hinblick auf ihre vielen Teilnehmer, auf ihre Dauer und Destinationen - wahrhaft große Exkursionen durchgeführt, durch die er (fast immer im Verein mit dem Kollegen Norbert Miller) den Studenten nähere, ferne und selbst fernste Gebiete des einstigen Imperium Romanum nähergebracht hat. Dieser ganz ungewöhnliche Einsatz für seine Studenten hat 2003 eine außeruniversitäre Anerkennung durch die Verleihung des "Friedlieb Ferdinand Runge-Preises für unkonventionelle Kunstvermittlung" gefunden. Zwar ist es auch einem Werner Dahlheim nicht gelungen, die Abschaffung des Fachs Geschichte an der TU - und in Bälde wohl auch der Geisteswissenschaften insgesamt - zu verhindern. Anstatt hierüber unnütze Klagen anzustimmen, hat er Vorsorge getroffen, dass die vielen Hundert an der TU Berlin noch eingeschriebenen Geschichtsstudenten weiterhin fachgerecht ausgebildet werden. Ganz verwaist werden sie sich auch in Zukunft nicht fühlen müssen, da sie auch weiterhin auf Werner Dahlheim als Rat- und Trostspender sowie als Prüfer rechnen können.

Prof. Dr. Volker Hunecke,
geschäftsführender Direktor des Instituts für Geschichte

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