5/07
Mai 2007
TU intern
5/2007 als
pdf-Datei
(988 kb)
 Themenseiten 
Titel
Inhalt
Aktuell
Innenansichten
Lehre & Studium
Forschung
Alumni
Internationales
Menschen
Tipps & Termine
Vermischtes
Impressum
TU-Homepage

Angriff auf Piraten

 
  Dr. Dieter Brucklacher ist Präsident des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA)
© VDMAe
Maschinen- und Anlagenbau setzt weiter auf Innovationskraft – Kampagne gegen Produktplagiate

Herr Dr. Brucklacher, der deutsche Maschinenbau befindet sich derzeit in einer erfreulichen Aufschwungphase wie seit 30 Jahren nicht mehr. Dafür zeigen sich Probleme an anderer Stelle. Nach Angaben des Aktionskreises der Deutschen Wirtschaft gegen Marken- und Produktpiraterie liegt der volkswirtschaftliche Schaden durch Plagiate weltweit inzwischen bei rund 300 bis 450 Milliarden Euro – Tendenz steigend! Allein der deutsche Maschinen- und Anlagenbau war nach Ihren Schätzungen mit fünf Milliarden im Jahr 2006 dabei. Der VDMA plant eine Kampagne, um gegen Produktpiraten vorzugehen. Wie soll diese aussehen?

Die Kampagne wurde ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für den Wert von Originaltechnologie zu verbessern. Hintergrund der Kampagne ist dabei die immer weiter zunehmende Verletzung von geistigen Eigentumsrechten und dadurch die Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit von VDMA-Mitgliedern. Nicht nur Ersatzteile und Komponenten, sondern komplette Maschinen und Anlagen werden kopiert.

Die „Pro Original“-Kampagne zeigt die Vorteile der Originaltechnologie auf, bestätigt bereits bestehende Kunden in ihrem Kaufverhalten und hat natürlich auch zum Ziel, potenzielle Käuferkreise zu überzeugen. Die Kernargumente der Kampagne sind: Qualität, Innovation, Effizienz, Erfahrung und Sicherheit. Diese Mittel und Argumente integrieren wir mit unseren Mitgliedern und Fachverbänden in unsere tägliche Kommunikation.

Das Logo aus drei ineinander verwobenen C hat eine vielschichtige Symbolik: Das C steht für das Copyright, den Schutz des geistigen Eigentums. Gleichzeitig symbolisieren die ineinander verwobenen C einen Fingerabdruck, der für das Individuelle und Unverwechselbare steht. Die nach außen größer werdenden C repräsentieren den wachsenden Effekt und Bekanntheitsgrad der Kampagne. Im Motto wird die Aussage der Kampagne auf den Punkt gebracht. Der positive Charakter der Kampagne wird durch die Gleichsetzung der Begriffe „Original“ und „Erfolg“ dargestellt. Gemeint ist der Erfolg der Firmen, die Originaltechnologie einsetzen.

Welche Produkte und Branchen sind im Maschinen- und Anlagenbau besonders betroffen?

Obwohl Produkt- und Patentpiraterie als weltweites Phänomen auf vielen Absatzmärkten anzutreffen sind, gilt China neben Russland als Hauptverursacher. Betroffen sind komplette Maschinen und Anlagen sowie Ersatzteile und Komponenten. Aus diesem Grund wird die „Pro Original“-Kampagne nach dem Kick-off in Deutschland zuerst besonders in China lanciert.

Welche Schutzmaßnahmen können Gründer und Unternehmer ergreifen, um sich gegen Plagiate zu schützen?

Das hängt natürlich sehr stark von der zu schützenden Technik und vom betroffenen Markt ab. In vielen Fällen kommt die Anmeldung gewerblicher Schutzrechte, also von Patenten oder Marken, lokal und international in Betracht. Teilweise bieten sich auch technische Kopierschutzmöglichkeiten an, beziehungsweise „Tracking-and-Tracing-Verfahren“, um Maschinen und Komponenten zu verfolgen. Handelt es sich um vertragliche Kontakte, zum Beispiel mit Kooperationspartnern, sollte man unbedingt eine Geheimhaltungsvereinbarung, möglichst bereits in der Verhandlungsphase, treffen. Kern-Know-how sollte man meiner Meinung nach ohnehin nicht aus der Hand geben.

Welche Rolle können die Universitäten bei der Kampagne spielen?

Wir würden uns natürlich freuen, wenn auch die Universitäten die Inhalte unserer Kampagne weiter transportieren und auf die Problematik und Sensibilität des Themas aufmerksam machen.

Auf der Hannover Messe 2007 ist ein neues Produkt namens PROTEXXION ausgezeichnet worden. Ein Verfahren aus Laser-, Informations- und Nanotechnologie soll einen „digitalen Fingerabdruck“ registrieren und entsprechend markierte Originalprodukte eindeutig erkennbar machen. Werden aber nicht Plagiateure alsbald Methoden finden, das System zu überlisten oder die Markierung zu fälschen? Bleibt es so nicht ein ewiger technologischer Aufrüstungswettlauf, der der einen oder der anderen Seite nur kurzfristig Vorteile bringt?

Der technologische Wettlauf wird bleiben. 2005 wurden im deutschen Maschinenbau 32 Prozent des Umsatzes mit Projektneuheiten generiert. Damit liegt der Umsatzanteil um fünf Prozentpunkte über dem Durchschnitt des verarbeitenden Gewerbes. Wir setzen in unserer Branche also weiter auf unsere Innovationskraft und in vielen Bereichen auf unsere Weltmarktführerschaft.

Die USA wollen vor der Welthandelsorganisation (WTO) Beschwerde gegen China einreichen, weil der Staat zu wenig nachdrücklich gegen Fälscher vorgeht. Kann man Regierungen auf diese Weise unter Druck setzen und wäre das eine Option für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau?

Aus unserer Sicht müssen sowohl Bundesregierung als auch Europäische Kommission die Unterstützung für die Unternehmen verbessern.

Der VDMA fordert daher:

  • Erstens: Die Verbesserung des Patentschutzes in der EU durch das Gemeinschaftspatent mit Einsprachenregelung (um die Übersetzungskosten zu senken) und einer Gemeinschaftsgerichtsbarkeit
  • Zweitens: Die Einrichtung eines europäischen Help-Desk in China mit Informationen für die Unternehmen vor Ort
  • Drittens: Politisch-diplomatische Aktivitäten mit dem Ziel, den Schutz intellektuellen Eigentums zur wirksamen Selbstverpflichtung aller Staaten zu machen
  • Viertens: Die Fokussierung der Forschungsförderung auf den technischen Kopierschutz

Schließlich nimmt die Kampagne insbesondere Behörden aus Ländern beim Wort, in denen Originaltechnologie keine besondere Wertschätzung erfährt, wo aber von einer Stärkung des Rechts am intellektuellen Eigentum gesprochen wird. Der VDMA insistiert in dieser Angelegenheit und prangert Missstände so lange an, wie es nötig ist.

Vielen Dank für dieses Gespräch.
Die Fragen stellte Patricia Pätzold

 

© TU-Pressestelle 5/2007 | TU intern | Impressum | Leserbriefe