seite 2 tu intern · nr. 12/2016 aktuell vg wort: kein beitritt zum rahmenvertrag – lösung in sicht tui die in der landeskonferenz der rektoren und präsidenten der berliner hochschulen (lkrp) vertretenen berliner hochschulen haben einstimmig erklärt, dass sie dem „rahmenvertrag zu § 52a urhg“ der verwertungsgesellschaft wort (vg wort) nicht beitreten. die lkrp erkenne an, so die erklärung vom 7. dezember, dass autorinnen und auto- ren für die nutzung ihrer werke fair und angemessen vergütet werden müssten. doch im zeitalter der digitalisierung müsse es ein verfahren zur erhebung und abrechnung der lizenzgebühren für die hochschulen geben, das zeitge- mäß und mit einem vertretbaren auf- wand verbunden sei. die vorgesehene einzelerfassung, die im rahmenvertrag zwischen der vg wort und der kmk festgelegt wurde, wäre mit unverhältnis- mäßig hohem technischen, organisatori- schen und personellen aufwand für die hochschulen verbunden. die dadurch entstehenden kosten stünden in keinem verhältnis zu der angestrebten adäqua- teren vergütung der autorinnen und au- toren. kurz darauf beschlossen nun hrk, kmk und vg wort, eine gemeinsame lösung für die handhabung des urhe- berrechts im kontext der hochschulleh- re zu entwickeln. kurzfristig wurde eine einvernehmliche lösung gefunden, um eine bruchlose weitere nutzung der di- gitalen semesterapparate an deutschen hochschulen über die jahreswende hin- aus zu gewährleisten. zunächst soll nun die pauschale abgeltung bis zum 30. september 2017 verlängert werden. www.tu-berlin.de/?id=180835 www.kmk.org tu-ehrenausschuss befasst sich mit der ehrendoktorwürde von binali yildirim tui die kurdische gemeinde deutsch- lands und der tu-asta haben die tu berlin aufgefordert, dem heutigen türki- schen ministerpräsidenten binali yildirim die ehrendoktorwürde abzuerkennen, die ihm 2011, damals noch als minis- ter für verkehr, schifffahrtswesen und kommunikation, verliehen worden war. kritisiert wurden vor allem die aktuellen arbeitsbedingungen für wissenschaftle- rinnen und wissenschaftler in der türkei. am 7. dezember 2016 befasste sich der akademische senat mit dem thema. das berliner hochschulgesetz setze „unwür- diges verhalten“ für eine aberkennung voraus. diese unbestimmte formulie- rung reiche bis ins dritte reich zurück. der bund schaffte sie im entsprechenden gesetz bereits 2010 ab. der as beschloss, den ehrenausschuss in dieser sache ein- zuberufen und sich im kommenden jahr weiter mit dem thema zu befassen. präsi- dent christian thomsen wurde gebeten, bei der zuständigen senatsverwaltung auf die problematische formulierung im berliner hochschulgesetz hinzuweisen und um eine streichung zu bitten. www.tu-berlin.de/?id=179822 dach für die neurowissenschaften tui das berliner einstein-zentrum für neurowissenschaften (ecn), das ver- schiedene forschungsverbünde vereint, hat seine arbeit aufgenommen. es soll neue strukturen für forschung und leh- re in den neurowissenschaften schaffen, um die vernetzung der teildisziplinen wie genetik, molekularbiologie, phy- siologie, neurologie und psychiatrie, philosophie und informatik auszubauen. zentrale aufgabe ist es, die forschungs- und ausbildungsbedingungen für nach- wuchswissenschaftler zu optimieren. partner sind die charité – universitäts- medizin berlin (sprecherschaft), die hu zu berlin, die fu berlin, die tu berlin und außeruniversitäre einrichtungen wie das max-delbrück-centrum für molekula- re medizin und das leibniz-institut für molekulare pharmakologie. von der tu berlin werden fachgebiete der fakultät iv elektrotechnik und informatik sowie der fakultät ii mathematik und natur- wissenschaften beteiligt sein. hochschulpolitik welt lesen zum 80. geburtstag der feministin christinathürmer-rohr von sabine hark […] „es ist trügerisch, zu meinen, frauen führten mehr oder weniger und vielleicht sogar zunehmend ein unabhängiges eigenleben parallel zu den patriarchalentaten; sozusagen an einem anderen ort“ (thürmer-rohr 1987, 41), schreibt christinathürmer- rohr in jenem essay zur mittäter- schaft. [in: „vagabundinnen“, 1983] eine „differenzierte geschlechtliche interessenverquickung in den zivili- sierten patriarchaten“, weil frauen* sich dem „normgefüge der pola- ren ergänzung und der egalität von frauen und männern“ gefügt hätten, habe vielmehr deren mittäterschaft hergestellt – eine mittäterschaft, die im ergebnis dazu führte, dass frauen „männer nicht verraten, bekämpfen oder in ihrentaten behindern“ (ebd.). in der wirklichkeit ankommen. die ordentliche optik aufgeben. sich aus der täuschung in die ent-täuschung bewegen. der differenzierten geschlechtlichen interessenver- quickung in den zivilisierten pa- triarchaten auf den grund ge- hen. das bedeu- tete für christina thürmer-rohr nicht zuletzt, auch sich selbst nicht zu schonen,besonders die eigene,die fami- liäre, gerade die affektive und emotio- naleverstrickung mit der patriarchalen, der rassistischen, der mörderischen ge- waltgeschichte des nationalsozialismus nicht auszusparen. „politische gram- matik der gefühle“ nennen wir heute (bargetz 2014), was sie vor nunmehr dreißig jahren an der eigenen biografie herausarbeitete. im essay „liebe und lüge: ,meine geliebten kinderchen‘“ (thürmer-rohr 1987) unterzieht sie die feldpostbriefe desvaters – „überzeug- ter nationalsozialist, deutscher offizier und evangelischer pfarrer“ (ebd., 57) – mehr als vierzig jahre nachdem sie geschrieben, abgeschickt, empfangen, gelesen und vorgelesen wurden, einer kritischen re-lektüre. sie verschweigt nicht, wie sie die briefe nach dem krieg, als der vater längst den „heldentod“ ge- storben war, „oft und immer heim- lich gelesen“ habe und dabei „die schrift hin- ter tränen ver- schwommen“ sei (ebd.). akribisch und bar jeglicher sentimentalität legt sie die „einübung in eine soldatische moral für mädchen“ frei (ebd., 59), die sie als „kernaussage aller briefe“ des vaters identifiziert – und die sie auch in ihrem ersten lesebuch, hirts deutsches lesebuch für mädchen, oberschule kl. 1, aus dem jahr 1939, wiederfin- det. „es geht“ dabei „zuerst um die produktion einer beziehung: frauen/ mädchen sollen ihre gefühle, gedan- ken und interessen auf diese männer ausrichten.“ […] nein: frauen und mädchen waren nicht ausgeschlossen aus dem nationalsozia- listischen erobern,vernichten und mor- den; in einem „gnadenlos-normalen zusammenspiel von sorge und emoti- onaler rückmeldung der versorgten“ (ebd., 69) wurden sieteil der kriegsma- schine, dazu erzogen, empathie nur für die einen, die eigenen, zu empfinden, während das recht deranderen, in der welt zu hause zu sein, radikal negiert wird. noch in den scheinbar privatesten formulierungen der briefe des vaters findetthürmer-rohr diese untrennbare verfechtung von liebe und lüge: „wir erfuhren: deutsche soldaten erobern ein land, um wieder bei ihren kin- dern zu sein. statt: deutsche soldaten erobern ein land aus eroberungs- und unterwerfungswillen, ein verbrechen, nicht um kindern etwas gutes zu tun“ (ebd., 74). vielleicht verdanken wir es dieser ein- sicht in die „untrennbarkeit von liebe undlüge“(ebd.,75),diechristinathür- mer-rohr zur wirklichkeitssucher*in, zurweltleser*in werden ließ. zu einer denker*in, mit anderen worten, de- ren schreiben bis heute motiviert ist vom wunsch, zu verstehen, geprägt von jener […] „nicht endenden tä- tigkeit, durch die wir wirklichkeit, in ständigem abwandeln und verändern, begreifen und uns mit ihr versöhnen, das heißt durch die wir versuchen, in der welt zu hause zu sein“ (hannah arendt 1994, 110). […] und gerade weil diese welt ein so zerbrechliches und riskantes gebilde von men- schenhand ist, […] braucht die welt freund*innen wie christina thürmer- rohr. freund*innen, die der welt eine neuewirklichkeit geben, indem sie sie anders lesen – und die, wie sie im es- say zur kohabitation schreibt, im „ver- such, aus sich selbst herauszutreten“ (ebd.) konkrete andere im eigenen bewusstsein versammeln und in die eigene gegenwart holen. uns daran erneut erinnert zu haben, […] ist ei- ner der vielen freundschaftsdienste, die christina thürmer-rohr der welt erwiesen hat. dass wir uns noch lange an solcher freundschaft erfreuen dür- fen, darauf hoffen wir. www.gwi-boell.de/sites/default/files/thuermer- rohr_-freundschaft_zur_welt-_online.pdf http://blog.feministische-studien.de/2016/11/ welt-lesen christina thürmer-rohr war bis 2005 professorin an der tu berlin © © gwi/stephan roehl wir erfuhren: deutsche soldaten erobern ein land, um wieder bei ihren kindern zu sein. statt: deut- sche soldaten erobern ein land aus eroberungs- und unterwerfungs- willen, ein verbrechen, nicht um kindern etwas gutes zu tun. prof. dr. christina thürmer-rohr eine frage bitte … wo sind die gründungswilligen aus den naturwissenschaften? noch immer wählt nur ein bruchteil der studierenden aus dem bereich der klassischen naturwissenschaf- ten wie chemie, physik und biologie nach dem studium den weg in die existenzgründung. gibt es zu wenige fördermöglichkeiten? benötigen die studierenden in den mint-fächern mehr informationen? oder sollte ein grundkurs im bereich management/ bwl zu dem pflichtbereich eines mint-studiums gehören? katharina jung war für „tu intern“ auf dem cam- pus unterwegs und hat sich bei studie- renden umgehört. melina studiert im 5. semester chemie konkret habe ich mir noch nie ge- danken dazu ge- macht, mich selbstständig zu machen. zum ei- nen, weil das ende meiner ausbildung noch weit weg ist, und man hat ja noch keinerlei berufserfahrung. hinzu kommt: in der regel sitzt man nach dem studium auf einem grö- ßeren schuldenberg. da erscheint es mir sinnvoller, den erst mal in einem angestell- tenverhältnis abzuarbeiten, bevor ich an eine existenzgründung denke. ein komplettes modul zu betriebswirtschaft für naturwis- senschaftler würde ich nicht besuchen. carsten master of science im bereich chemie „im moment ist selbstständig- keit kein thema für mich, weil ich meine promotion abschließen will. aber für zukünftige pro- jekte könnte ich mir sehr gut vorstellen, ein unternehmen zu gründen. das wird im ar- beitskreis von prof. matthias drieß, wo ich promoviere, auch sehr unterstützt. er lädt regelmäßig unternehmensgründer ein, die vorträge halten und berichten, wo man an der tu berlin unterstützung bekommt und welche möglichkeiten es überhaupt für junge naturwissenschaftler gibt, ein unter- nehmen zu gründen. überhaupt: wer sich dafür interessiert, wird an der tu berlin im- mer wieder darauf gestoßen, dass es viele unterstützungsmöglichkeiten für existenz- gründer gibt. nina studiert physik im 6. semester ich arbeite neben dem studium in ei- nem kleinen natur- wissenschaftlichen u n t e r n e h m e n , und da überlegt man schon manchmal, wie es wäre, sich selbstständig zu machen. al- lerdings glaube ich, dass selbstständigkeit nicht zuletzt auch eine typ-frage ist, zum beispiel braucht man sehr gute kommuni- kationsfähigkeiten. das liegt mir nicht, auch fehlen mir die dazu nötigen betriebswirt- schaftlichen kenntnisse. jan studiert physik im 11. semester selbstständig- keit finde ich im grundsatz sehr spannend, aber man braucht zu- allererst eine gute idee. nur dann lohnt es sich, darüber nach- zudenken, wie, wo und was man realisieren könnte. kurzfristig habe ich sogar mal eine vorlesung aus der betriebswirtschaft be- sucht, aber das war nichts für mich. zwar habe ich von meinen physik-professoren noch nie etwas zum thema existenzgrün- dung gehört. aber wenn ich die eine gute idee hätte, dann würde ich auch rausfinden, wo es unterstützung gibt. jari studiert che- mie im 1. semester klar denkt man auch an selbst- ständigkeit, wenn man überlegt, was man nach dem studium mit dem erlernten anfängt – aber ganz konkret habe ich nichts geplant. mein interesse liegt in der forschung. ich studiere erst im 1. semester, aber bislang habe ich in der studienorgani- sation noch nichts über management oder existenzgründung gelesen oder gehört. ich glaube, wenn ich so weit bin, dann finde ich auch genügend möglichkeiten der un- terstützung und beratung – auch hier an der hochschule. lesen sie zu diesem thema auch das interview mit prof. dr. matthias drieß, seite 7 © © tu berlin/pr/katharina jung (5) prof. dr. christina thürmer-rohr ist eine der einflussreichsten theo- retikerinnen im diskurs feministischer herrschaftskritik. von 1972 bis 2005 hatte die sozialwissenschaftlerin den lehrstuhl feministische forschung/ menschenrechte an der tu berlin inne. als eine der ersten beschäftigte sie sich auch mit dem thema „mit täterschaft von frauen im nationalso- zialismus“. in diesem jahr feierte sie ihren 80. geburtstag. hier lesen sie auszüge aus einem text von prof. dr. sabine hark, soziologin und leiterin des zentrums für interdisziplinäre frauen- und geschlechterforschung der tu berlin, online veröffentlicht am 17. november 2016. pp