Der Präsident ruft: "Hey, wie wollt ihr's heute?"

Umfrage: Was erwarten TU-Mitglieder von der Arbeit der Gremien?



(rk) Die Gremienwahlen stehen vor der Tür. Manche an der Technischen Universität Berlin würden die Gremien ja am liebsten ganz beseitigen, andere halten große Stücke auf die Arbeit dieser Mitbestimmungsorgane. Die Studierenden, das zeigte unsere Umfrage, sind weitgehend desinteressiert. Traurig: Viele wußten mit dem Begriff "Gremium" nichts anzufangen, sie hatten noch nie vom Akademischen Senat, Kuratorium oder Konzil gehört. Was können die Gremien nun wirklich leisten? Welche Vorstellungen haben die Mitglieder der TU Berlin von der Arbeit dieser Gremien? Wir fragten einige TU'ler nach ihren Erwartungen an die Arbeit vom Akademischen Senat, Kuratorium, Konzil und von den Fachbereichsräten:

Prof. Peter Gummert, Institut für Mechanik:

"Gremienarbeit ist für mich ein Meinungsbildungsprozeß auf breiter Basis. Sie ermöglicht es, daß nicht nur einzelne über bestimmte Belange der Universität entscheiden können. Ich erwarte natürlich auch, daß dann diese Beschlüsse, so wie im Gremium gefaßt, umgesetzt werden. Will sagen, die entsprechenden Autoritäten der TU Berlin müssen beispielsweise Beschlüsse des Fachbereichsrates auch zur Kenntnis nehmen. Es muß also nicht nur ein Recht zur Mitbestimmung bestehen, sondern auch eine Pflicht zur Umsetzung der Beschlüsse. Natürlich dürfen die Gremien nicht zu 'Quasselclubs' verkommen. Ein gewisser Pragmatismus muß vorherrschen, einen Erfolg erzielen zu wollen. Freude an der Entscheidung muß erkennbar sein."

Klaus Thiele, Fachbereichsverwaltungsleiter, FB 2:

"Über die Gremien erhoffe ich mir die größtmögliche Teilnahme und Mitwirkung aller Beschäftigten der TU Berlin an den Entscheidungen dieser Universität. Diese Teilnahme könnte für alle Gruppen effektiver sein, wenn alle Gremien, vor allem auf Fachbereichsebene, professionelle organisatorische und inhaltliche Hilfe hätten. Ich denke da an eine Geschäftsstelle. So könnte die Gremienarbeit besser vorbereitet und begleitet werden. Aber prinzipiell muß es die Gremien geben, sonst übergeben wir einem Menschen die Verantwortung, alle Entscheidungen alleine treffen zu müssen. Deshalb müssen wir an diesen Entscheidungen teilhaben können. Allerdings in geregelten Bahnen. Wir können nicht jeden Morgen alle im Hof antreten und der Präsident ruft: 'Hey, wie wollt ihr's heute?'"

Kathrin Buhrub, Studentin der Geodäsie:

"Zunächst einmal habe ich mich bisher wenig um die Arbeit dieser Gremien gekümmert. Ich bin noch am Anfang meines Studiums und habe kaum Zeit, mich für die politische Arbeit zu interessieren. Aber natürlich bin ich der Meinung, daß sich diese Gremien vor allem auch für studentische Belange einsetzen müssen. Die Mitglieder sollten sich mehr umhören, was die Studenten wollen und diese Probleme in ihren Sitzungen behandeln. Aber selbst in solch ein Gremium zu gehen, kann ich mir nicht direkt vorstellen. Nicht wegen mangelndem Interesse, sondern wegen mangelnder Zeit. Mir fehlen hierzu eigentlich auch die Informationen über die Gremien."

Klaus Laasch, Direktor der Universität sbibliothek:

"Ich erwarte nichts Vernünftiges von den Gremien. Bei den großen Veränderungen, die der TU Berlin ins Haus stehen, können die Gremien nicht zu durchgreifenden Entscheidungen oder Lösungen gelangen. Das ist darin begründet, daß alle Mitglieder dieser Gremien Interessenvertreter sind. Ich sehe es daher als einen Nachteil an, daß die Gremienmitglieder Interessenvertreter ihrer jeweiligen Gruppierungen sind. Wie soll man sich verständigen? Ich weiß es nicht. Ich habe aber auch keinen Vorschlag, wie man es anders machen könnte. Leider gibt es hier keine Lösung."

Prof. Klaus Petermann, Institut für Hochfrequenztechnik:

"Ich bedauere ein wenig, daß die Organisationsstruktur der Universität voll in den Händen der Gremien ist. Nur sie bestimmen. Ich stelle mir die Frage, ob wirklich jedes kleine Problem durch ein Gremium behandelt werden muß. Ich erwarte von den Gremien eher, daß sie eine Art Aufsichtsfunktion wahrnehmen und mehr Verantwortung auf Einzelpersonen übertragen. Damit kann man sich auch mit bestimmten Entscheidungen nicht immer hinter einem Gremium verstecken, sondern muß Verantwortung übernehmen."

Nazir Peroz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, FB 13:

"Zunächst einmal möchte ich sagen, daß die Zentralen Gremien wichtig und notwendig sind. Aber manchmal gibt es in diesen Gremien etwas viel Bürokratie. Ich wünsche mir also reibungslosere Verhandlungen mit und in den Gremien. Natürlich liegen mir besonders die Belange der ausländischen Studierenden am Herzen. Denen sollte auch in den Zentralen Gremien mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Aber insgesamt glaube ich schon, daß die Arbeit der Gremien einigermaßen effektiv ist. Allerdings muß man einschränkend bedenken, daß dort ausschließlich Interessenvertreter sitzen und manchmal das persönliche Interesse vielleicht diese effektive Arbeit etwas hindert."

Konstantin Tolounine, Student der Chemie:

"Ich komme aus Moskau und studiere erst seit drei Semestern an der TU Berlin und ich tue mich noch etwas schwer, das politische Leben hier richtig einschätzen zu können. Aber obwohl ich mich wirklich bemühe, hier alle Informationen zu sammeln, habe ich den Eindruck, daß diese politische Arbeit der Mitbestimmungsgremien eher schlecht vermittelt wird. Das liegt nicht daran, daß nicht versucht wird, zu informieren. Hier liegen jede Menge Broschüren herum. Aber ich habe immer mehr das Gefühl, daß ich nicht wirklich mitentscheiden kann. Es ist schwer zu verstehen, welchen Einfluß ich auf Entscheidungen ausüben könnte. Manchmal habe ich den Eindruck, diese Möglichkeiten der Beteiligung an Entscheidungen bestehen nur pro forma."


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