Erstmals mehr Frauen als Männer

Repräsentative Befragung von Studienanfängern 1995/96

Im vergangenen Wintersemester 1995/96 haben sich erstmals mehr Frauen als Männer an bundesdeutschen Universitäten eingeschrieben. Das ergab die jüngste Studie der Hannoveraner Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) unter Erstsemestern in den alten und neuen Bundesländern.

"Aus welchen Gründen studieren Sie an Ihrer jetzigen Hochschule" war eine Frage, die den Erstsemestern gestellt wurde. Häufigste Antwort: "Nähe zum Heimatort" - auch an der TU Berlin!

Die Untersuchung, die das Bonner Wissenschaftsministerium seit 1983 einmal pro Jahr in Auftrag gibt, wurde im vergangenen Wintersemester an 58 Fachhochschulen und Universitäten - 19 davon in den neuen Ländern - durchgeführt. Dazu befragten die HIS-Experten Studienanfänger und Studienanfängerinnen per Fragebogen und ermittelten, daß an deutschen Universitäten erstmals mehr Frauen als Männer ein Studium begonnen haben, nämlich 52 Prozent. Nimmt man die Fachhochschulen hinzu, so ergeben sich insgesamt 48 Prozent - ebenfalls der höchste bisher registrierte Frauenanteil. Zwei Gründe führt die HIS-Untersuchung dafür an: Einerseits steigt der Frauenanteil an den Abiturienten, andererseits stellen männliche Abiturienten häufiger ihre Studienabsichten zurück oder verzichten ganz auf ein Studium.

WENIGER ANFÄNGER

Insgesamt gesehen nimmt die Zahl der Studienanfänger seit 1990 weiter ab, im Vergleich zum Vorjahr bundesweit um 4000. Bei einer Gesamtzahl von ungefähr 214000 im Wintersemester 1995/96 ist das ein Rückgang von zwei Prozent. Er errechnet sich aus einem Rückgang um ca. 6000 Studienanfänger und -anfängerinnen in den alten Ländern sowie einem Anstieg um 2000 in den neuen Ländern. Während überall die Neuimmatrikuliertenzahlen heruntergingen, stiegen sie lediglich an den Universitäten der neuen Länder.

Eine weitere Ost-West-Betrachtung zeigte, daß sich die Mobilität der Studienanfänger deutlich erhöht hat. Seit 1991 hat sich die Zahl derjenigen, die anläßlich ihres Studienbeginns zwischen alten und neuen Bundesländern wechselten, auf rund 11500 nahezu verdoppelt. Immerhin über fünf Prozent der Erstimmatrikulierten. 5500 Studierende in den neuen und 6000 in den alten Ländern hatten ihren Hochschulabschluß im jeweils anderen Teil Deutschlands erworben.

Der Ortswechsel einiger westdeutscher Abiturienten erklärt sich allerdings dadurch, daß sie sonst keinen Studienplatz bekommen hätten: Ihr Anteil an den Studierenden ist in den alten Ländern besonders hoch in der Medizin (46 %), Kunst (43 %) und in Agrar-/Ernäh-rungs-/Forstwissenschaften (30 %). Im Durchschnitt bringen es die Westdeutschen in den Studiengängen der alten Länder nur auf 17 Prozent.

WARUM GERADE DIESE UNI?

Ansonsten ist die Flucht vor Zulassungsbeschränkungen bundesweit kein Thema. Bei der Frage "Aus welchen Gründen studieren Sie an ihrer jetzigen Hochschule?" bezeichneten gerade mal elf Prozent aller Befragten diesen Grund als wichtig. An der Spitze der Motive für die Hochschulwahl standen dagegen vier Gründe, die hauptsächlich mit dem Hochschulort und nicht mit der Hochschule selber zu tun haben. Dies galt nicht nur im bundesweiten Durchschnitt, sondern auch ganz konkret auf die TU Berlin bezogen, denn die Antwort auf diese Frage wertete die HIS gesondert nach Hochschulort aus.

Als "wichtig" bezeichneten die Studierenden die folgenden Argumente für ihren Hochschulort: "Nähe zum Heimatort" (bundesweit: 60 %, TU Berlin: 58%), "private Bindungen/Beziehungen" (45 bzw. 50 %), "günstige Lebensbedingungen am Hochschulort (Wohnmöglichkeiten, Lebenshaltungskosten, Jobs u. ä.)" (40 bzw. 45 %) und "Atmosphäre des Hochschulortes (studentisches Leben, Kneipen, usw.)" (37 bzw 44%). Universitätsspezifische Kriterien folgten dann im Mittelfeld: überschaubare Verhältnisse der Hochschule (36 bzw. 23 %), gute Ausstattung der Hochschule (29 bzw. 34 %), vielfältiges Lehrangebot (29 bzw. 37 %) und guter Ruf von Hochschule und Professoren (27 bzw. 23 %).

KONSTANTER BLEIBT DAS ALTER

Bei allen Trends und Veränderungen, ein Wert blieb über die Jahre hinweg gleich, und zwar das Durchschnittsalter bei Studienbeginn. Es liegt nach wie vor etwas über 22 Jahre. Die Frauen sind dabei knapp ein Jahr jünger als die Männer, die Studienanfänger in den neuen Ländern genau ein Jahr jünger als die aus den alten Ländern, und die Neulinge an Universitäten zwei Jahre jünger als ihre Kommilitonen und Kommilitoninnen von den Fachhochschulen.

René Schönfeldt


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