Was macht der Mittelbau?

Die Studierenden sind seit Semesterbeginn kräftig am Demonstrieren: gegen Studiengebühren, schlechte Studienbedingungen, Schließung von Studienfächern und weitere Kürzungsmaßnahmen. Die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben sich bisher zurückgehalten. Kaum Aktionen, in denen sie und ihre spezielle Lage Thema war. Und dabei haben die Mitglieder des Mittelbaus genug Grund zur Sorge und zum Protest: Sie sind mit ihren zumeist befristeten Arbeitsverträgen die ersten, deren Stellen eingespart werden können. Warum der Berliner Mittelbau bisher so wenig protestierte und ob sich das demnächst ändert, fragte TU intern bei Klaus Thiele nach. Thiele ist Leiter der Fachbereichsverwaltung 2 Erziehungs- und Unterrichtswissenschaften und Sprecher des Landesverbandes Akademischer Mittelbau, der Interessenvertretung der wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Klaus Thiele
Wie wirken sich die aktuellen Sparmaßnahmen auf den akademischen Mittelbau aus?

Verheerend! Neben den sogenannten strukturellen Einsparungen, womit die ersatzlose Streichung von Studiengängen und Studienplätzen gemeint ist, werden die Universitäten mit horrenden Sparsummen im aktuellen Haushaltsjahr überzogen, die unter anderem zu Einstellungssperren führen. Da der Mittelbau hauptsächlich nur befristet beschäftigt ist, wirken sich Einstellungssperren sofort und in großer Zahl beim Mittelbau aus. Längere Einstellungssperren würden den Mittelbau ganz von den Universitäten verschwinden lassen.

Der noch beschäftigte Mittelbau quält sich dann durch übervolle Seminare mit hohem Vorbereitungsaufwand, stark frequentierten Sprechstunden, viel Korrektur- und Prüfungsbelastung; und muß seine Promotionsabsichten hinten anstellen.

Warum verhielt sich der Mittelbau bisher so zurückhaltend?

Es ist unseres Erachtens ganz natürlich, daß den Studenten bei Protestaktionen der Vortritt gebührt. Der Mittelbau hat seine Proteste durchaus formuliert, wenn auch auf den dafür vorgesehenen Bahnen.

Wir haben uns z. B. bei der Anhörung vor dem Abgeordnetenhaus deutlich geäußert und an der gemeinsamen Demonstration aller Hochschulen beteiligt. Inzwischen hat sich aber auch beim Mittelbau die Meinung verbreitet, daß wir als Mittelbau mit Aktionen und gewissen Regelverstößen gegen die immer dreister werdenden Sparauflagen reagieren müssen.

Wie haben sich die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen bisher gewehrt?

Am 4. Juni gab es eine Vollversammlung des TU-Mittelbaus, die unter dem Motto stand "Der Schwachsinn ist steigerbar". Am 10. Juni haben wir die Schloßbrücke in Berlin-Mitte gesperrt. Das war eine gemeinsame Aktion des Mittelbaus der Berliner Hochschulen. Wir wollten damit den Begriff Doppelangebot karikieren, mit dem die Politik die Streichung von Studienplätzen begründet.

Und wie geht es weiter?

Wie es darüber hinaus weitergehen wird, hängt natürlich von der Politik ab, ob sie Einsicht und Umkehr zeigt oder nicht. Natürlich haben wir keine "Generalstabspläne", aber auch der Groll des Mittelbaus wird sich steigern, wenn der Unsinn an den Unis nicht aufhört.


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