STUDIERENDE

Angst vor der Arbeitslosigkeit?

Wie TU-Studierende ihre Arbeitsmarktchancen einschätzen

Regelmäßig einmal im Monat meldet die Bundesanstalt für Arbeit die Arbeitslosenstatistik. Im Februar waren dort 4,7 Millionen Menschen als erwerbslos gemeldet; im März 4,5 Millionen. Und es scheint, daß dieses Problem noch lange akut sein wird. Machen sich in dieser Arbeitsmarkt-Situation auch die Studierenden Sorgen um ihren Berufseinstieg und das professionelle Weiterkommen? TU intern schaute sich auf dem Campus um und fragte Studierende, was sie bei den hohen Arbeitslosenzahlen empfinden.

Mirko Glinski,
promoviert in Chemie

Ich habe mein Chemie-Studium vor anderthalb Jahren abgeschlossen und promoviere jetzt. Am Anfang meines Studiums habe ich mich sicherer gefühlt, was eine Arbeit angeht. Da dachte ich, wenn ich eine gute Ausbildung hinter mir habe, habe ich bestimmt gute Chancen, einen Job zu kriegen. Mittlerweile glaube ich das nicht mehr, weil ich viele Kollegen kenne, die auch nach der Promotion arbeitslos geworden sind. Ich mache mir da keine großen Illusionen, daß ich sofort einen Job bekommen würde. Persönlich macht mir das im Moment noch keine Sorgen. Aber die allgemeine Lage auf dem Arbeitsmarkt bedrückt mich schon. Die Aktienkurse steigen und steigen, und die Arbeitslosigkeit nimmt trotzdem nicht ab. Das sieht man auch sehr gut in der Chemie-Industrie.

Helge Zink,
6. Semester
Wirtschaftsingenieurwesen
Es beunruhigt mich, aber es macht mir keine Angst. Es beunruhigt mich, weil man nicht weiß, ob man später da landen kann, wo man auch arbeiten möchte. Ich studiere nun Wirtschaftsingenieurwesen und hoffe, damit ganz gute Chancen zu haben. Außerdem will ich mich auf zukunftsweisende Technologien spezialisieren und auch mal ins Ausland gehen und dort studieren. Das kommt bei Bewerbungen auch ganz gut an.

Dorothea von Ledebur,
8. Semester
Wirtschaftsingenieurwesen

Es ist schwieriger als früher. Man kann heute nicht mehr sagen: Ich habe studiert, und deshalb habe ich einen Arbeitsplatz sicher. Deshalb muß man versuchen, sich über Praktika, Berufserfahrung, Sprachkurse und so weiter zu qualifizieren. Für das Wirtschaftsingenieurwesen sieht es meiner Meinung nach noch verhältnismäßig gut aus. Die Firmen rennen den Leuten aber nicht mehr hinterher. Aber ich habe noch von keinem gehört, der auf Dauer arbeitslos geblieben ist. Jeder ist immer irgendwie untergekommen. Ob es immer der Traumjob wurde, ist eine andere Frage.

André Schrickel,
16. Semester
Fahrzeugtechnik
4,7 Millionen Arbeitslose ist natürlich eine beachtliche Zahl. Wenn man die Historie betrachtet, ist das natürlich beängstigend. Immerhin gab es das schon mal vor sechzig Jahren mit den bekannten Folgen. Für mich persönlich sehe ich das nicht so schlimm. Ich denke, ich komme da schon irgendwie durch. Gesamtgesellschaftlich macht mir das eher Sorgen.

Martina Wanke,
3. Semester
Physik
Ich habe noch einige Zeit bis zum Studienende. Und die Statistiken sehen ganz gut aus für mich. Denn es schreiben sich immer weniger Leute in den Naturwissenschaften ein. Das ist für mich als Physikerin natürlich gut.

Carsten Reck,
17. Semester
Architektur
Ich sitze jetzt gerade an meinem Diplom und will dann noch ein halbes Jahr Auslandspraktikum machen. Ich habe schon bei zwei Büros gearbeitet, die mich nach dem Studium auch nehmen würden. Ich habe also schon relativ sicher einen Job. Von daher ist das Thema Arbeitslosigkeit für mich kein großes Problem. Die größten Befürchtungen hatte ich zu Beginn meines Studiums. Da hieß es, Architektur sei ein Beruf ohne Chancen. Die Lage hat sich mit der Maueröffnung aber ganz gut entwickelt. Im Moment haben wir zwar wieder einen ziemlichen Einbruch, aber es geht noch. Ich mache mir keine großen Sorgen.

Ulf Munack,
8. Semester
Wirtschaftsingenieurwesen
Man kann heute nicht davon ausgehen, daß man zehn Bewerbungen schreibt und dann eine Stelle hat. Das merkt man ja schon bei Praktikumsstellen. Bei der Bewerbung um eine richtige Arbeit, die auch der Ausbildung entspricht, muß man dann natürlich noch mehr Aufwand treiben. Langfristig strebe ich an, selbständig zu werden. Vorher will ich schon ein paar Jahre Berufserfahrung als Angestellter sammeln.
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