TU intern - Dezember 1997 - Studium

Preise für Champions in der Lehre

Lob und Verbesserungsvorschläge für den neuen Wettbewerb um bessere Lehre

"Der Stellenwert der Lehre muß erhöht werden und es muß frischer Wind in die Lehre kommen." Mit diesen Zielen hat der TU-Vizepräsident für Lehre und Studium, Professor Christian Thomsen, Anfang April sein neues Amt angetreten. Eine seiner Maßnahmen war die Einführung des Wettbewerbs "Champions in der Lehre". Die Studierenden waren dafür im vergangenen Sommersemester aufgefordert worden, die ihrer Meinung nach besten Lehrveranstaltungen auszuwählen.

Auf Stimmzetteln konnten die Studierenden eine Lehrveranstaltung ihres jeweiligen Fachbereichs sowie eine Serviceveranstaltung benennen. Außerdem sollten sie die Hauptkriterien für ihre Wahl angeben. Damit nicht nur Veranstaltungen mit großen Teilnehmerzahlen am Ende vorne liegen, zählte nur die prozentuale Beteiligung der Hörer einer Veranstaltung. Allerdings war die Beteiligung der Studierenden mit rund 1000 abgegebenen Fragebögen gering. Um den Preis zu erhalten, mußte eine Lehrveranstaltung von mindestens 40% der Teilnehmer als beste genannt worden sein. Nach dieser Vorgabe wurden in sieben der fünfzehn Fachbereichen Champions in der Lehre ermittelt, dazu kamen zwei Preisträger für Serviceveranstaltungen. Die neun Prämierten wurden auf dem Erstsemestertag am 11. November im Rahmen einer feierlichen Verleihung geehrt. Finanziell und ideell wurde der Preis von der "Gesellschaft von Freunden der TU Berlin e.V." unterstützt. Keine detaillierte Evaluation

Doch nicht überall fand die Auszeichnung ungeteilten Beifall. Auch wenn es prinzipiell begrüßt wird, daß - wie es Preisträger Bernd Stary formulierte - "nun mehr begonnen wird, auch diesen Teil der Arbeit des wissenschaftlichen Personals zu würdigen", stieß die Form der Durchführung der Champions-Umfrage auf Kritik. "Die Kriterien, nach denen die Lehrveranstaltungen ausgewählt wurden, sind völlig offen", moniert beispielsweise Petra Jordan vom Studienbüro des Fachbereichs 1 Kommunikations- und Geschichtswissenschaften. "Eine Qualitätsaussage über die Lehre, gar ein Vergleich, läßt sich hiermit nicht erreichen." Zudem bezweifelt sie, daß die Auszeichnung eine breite Diskussion über die Lehre zwischen Lehrenden und Studierenden in Gang setzt: "Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen deutlich, daß Studierende nur dann bereit sind, sich an Evaluationen in nennenswerter Weise zu beteiligen, wenn sie einen unmittelbaren Nutzen sehen".

Der Preisträgerin Dagmar Thorau selbst geht die Art der Befragung nicht weit genug. "Auf diese Weise wird die tatsächliche Situation in der Lehre nicht erfaßt", gibt sie zu bedenken.

Eine detaillierte Evaluation der Lehre kann und soll der Preis nach Ansicht der Verantwortlichen aber gar nicht sein. "Die Umfrage in der Form kann nicht klären, was gute oder schlechte Lehre ist", erklärt Patrick Thurian, Persönlicher Referent der Vizepräsidenten, "die Auszeichnung soll vielmehr Ansporn, positive Motivation der Lehrenden sein, sich in Zukunft mehr Mühe bei der Lehre zu geben als bisher". Auch Thomsen räumte in seiner Festrede ein, daß die Idee des Preises offensichtlich noch nicht von allen verstanden worden sei.

Eine umfassende Evaluation der Lehre soll nach dem Willen des Vizepräsidenten in den einzelnen Studiengängen kommen. Eine Komponente wird eine umfangreiche studentische Befragung sein, bei der die Studierenden ihre Meinung über die Ausbildung wiedergeben sollen. Das beinhaltet Kriterien wie die Motivierungsfähigkeit der Lehrenden, Konzept und Struktur der Lehrveranstaltung, oder auch das soziale und emotionale Klima. Darüber hinaus sollen die Lerninhalte einer internen öberprüfung durch die Lehrkräfte eines Fachbereichs und einer externen öberprüfung durch Fachkollegen unterzogen werden.

Entscheidend wird jedoch sein, welche Folgen die Evaluation haben soll. Preisträger Bernd Stary findet, daß jene Lehrveranstaltungen aufgespürt werden müßten, die "sich weit unterhalb eines als normal zu betrachtenden Niveaus befinden. Mit diesen Lehrenden müßte dann im Dialog mit den Studierenden erläutert werden, wie die Lehre verbessert werden kann." éhnlich argumentiert auch Dagmar Thorau: "Ziel müßte es sein, einen beständigen Dialog zwischen Lehrenden und Studierenden einzurichten, um Schwächen von Lehrveranstaltungen zu korrigieren und Stärken weiter auszubauen".

Professor Thomsen geht sogar noch weiter: Ihm schwebt eine Anreizstruktur vor: zum Beispiel durch die leistungsabhängige Vergabe von Mitteln auf Basis der fundierten Evaluation. Die Lehre könnte auch bei Bewerbungsverfahren eine größere Rolle spielen, schlägt Preisträgerin Ulrike Weckel vor. Die Aussicht auf ein neues Feld für Konkurrenzdenken ist ihr aber nicht geheuer.

Mit der bisherigen Resonanz sind die Organisatoren des Preises dennoch zufrieden. "An dem Modus der Preisvergabe wird zunächst nichts geändert", stellt Patrick Thurian fest. Allerdings würde man gerne Ergebnisse fachbereichseigener Evaluationen als Grundlage für die Championsverleihung übernehmen.

Aufgefordert sind jetzt Lehrende wie Studierende sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen, wie Lehre angemessen beurteilt werden kann und welche Kriterien über die Qualität von Lehrveranstaltungen entscheidend sind. Sollte das gelingen, hätte dieses Championat bei aller Kritik durchaus einen Zweck erfüllt: Das Thema bessere Lehre kommt verstärkt auf die Tagesordnung.

Christian Hohlfeld


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