MEINUNGEN aus der Praxis
Erhard Albrecht

"Juwel der
Jahrhundertwende"

Die meisten Berliner und Berlinerinnen müssen sich schon einige Minuten oder mehr bewegen, wenn sie während der Arbeitspause etwas Ruhe suchen und sich umgeben von etwas Grün entspannen wollen. Erhard Albrecht hat es da besser. Er ist Technischer Direktor im Botanischen Garten in Dahlem und arbeitet mitten in der grünen Oase im Süden Berlins. Dort ist er zuständig für eine Sammlung von Pflanzen, wie sie ihresgleichen sucht. "Über 20000 Arten von Lebendpflanzen haben wir in unserer Sammlung", beschreibt Albrecht die Artenvielfalt im über dreihundert Jahre alten Botanischen Garten, der seit knapp hundert Jahren am Standort Dahlem liegt.

Seine rund 130 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen kümmern sich um dieses "Juwel der Jahrhundertwende", pflegen Gewächse, die aus aller Herren Länder kommen. Da kann man in der Mittagspause schon mal eine kleine Weltreise wagen. "Am nördlichen Eingang beginnt es mit deutschem Buchenwald und anderen Waldformen Mitteleuropas. Das geht über in die Alpenregion, dann weiter auf die Balkanhalbinsel und über die russischen Steppen in den Himalaya bis nach China. Am anderen Ende des Gartens liegt dann Amerika." Andere Spaziergänge führen durch den Arzneimittelgarten, den Nutzpflanzengarten oder das Arboretum.

"Die Schönheit des knapp hundert Jahre alten Botanischen Gartens fortführen und pflegen", so beschreibt Albrecht das Ziel seiner Arbeit im Botanischen Garten. Im Tagesgeschäft bedeutet das für ihn hauptsächlich Organisation und Management. Obwohl er viel Zeit am Schreibtisch verbringt, ist er fast täglich im Garten oder in den Glashäusern gefragt. "Da merke ich, was wann blüht und wie sich die Gewächse im Laufe der Wochen ändern. Es ist schon fantastisch, wenn man das so nebenbei mitbekommt."

Daß die Begeisterung für Pflanzen und Landschaft mehr war als nur ein überdurchschnittliches Interesse, zeigte sich schon, als der gebürtige Berliner Ende der 50er Jahre beschloß, an der TU Berlin Landschaftsplanung zu studieren. "Ich hatte auch an andere Ingenieurstudiengänge gedacht", erinnert er sich heute. Aber dann stand sein Entschluß fest, und er absolvierte eine Gärtnerlehre, die damals Voraussetzung für die Zulassung zum Studium war. Ab 1960 ging es dann an der Technischen Universität los, wo er fünf Jahre später sein Studium mit dem damals noch gebräuchlichen Titel "Diplomgärtner" abschloß.

Nach kurzer wissenschaftlicher Tätigkeit an der TU, war er dann die nächsten 25 Jahre im Gartenamt des Bezirks Tiergarten tätig, zuerst als stellvertretender Amtsleiter, sehr schnell dann als Chef. Nicht nur für Bäume und Grünflächen, auch für Kindergärten und den Tiergarten selbst war er zuständig. Nebenbei schrieb er seine Dissertation und promovierte 1985 am damaligen TU-Fachbereich 14 Landschaftsentwicklung.

Auch heute noch trifft er auf Fachkongressen TU-Professoren, tauscht sich mit ihnen über Gärtnerei und Landschaftsplanung aus. Mehr Kontakt wünscht er sich zu den Studierenden: "Es könnten mehr TU-Studenten in den Botanischen Garten kommen". Gelegentlich besuchen ihn Gruppen von der Technischen Fachhochschule oder der Humboldt-Universität und nehmen an Fachführungen teil. Von der Technischen Universität erscheint ihm das Interesse geringer. "Wer Landschaftsplanung und das Drumherum lernen und studieren will, der muß aber auch mit der Pflanze umgehen können." Deshalb empfiehlt er den angehenden Landschaftsplanern den Botanischen Garten auch ganz besonders.

Aber, und darauf legt Erhard Albrecht wert, ein Besuch im Botanischen Garten lohnt sich nicht nur für die zukünftigen Fachleute, sondern für jedermann. "Wir sind ein Garten von Weltrang. Nur wissen das die wenigsten in Berlin!" rs

Wer sich nicht sofort von seinem TU-Arbeitsplatz erheben kann, um in den Botanischen Garten zu eilen, kann über das World Wide Web einen ersten Blick auf das grüne Juwel werfen: http://www.bgbm.fu-berlin.de/


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