MENSCHEN

Harmonie von Natur, Kultur und Technik

TU-Studierende entwarfen ein Schul- und Kulturzentrum in Peru - Heimische Baustoffe und traditionelle Bauweise waren Bedingung

Der Sieger-Entwurf von TU-Student David Knoke bietet Platz für ungefähr 70 Kinder, 10 ältere Menschen sowie 10 Lehrer und Betreuer

"Kreativität ist nicht an einen Überfluß an Mitteln gebunden. Eher das Gegenteil ist der Fall!" heißt es in einem Standardwerk für einfache Bauweise. Unter dieses Motto könnte man den Wettbewerb stellen, an dem rund ein Dutzend Oberstufenstudierende des Faches Architektur der Technischen Universität Berlin teilnahmen.

Die regierungsunabhängige peruanische Hilfsorganisation "Yachay" wandte sich an das Institut für Entwerfen, Baukonstruktion und Städtebau: Den Studierenden wurde die Aufgabe gestellt, ein Schul- und Kulturzentrum für Straßenkinder und "obdachlose Betagte" im Urubambatal nahe Cuzco (Peru) zu entwerfen. Der Herausforderung stellten sich rund ein Dutzend Studierende der TU Berlin, die von Professor Josef Krawina betreut wurden. Das Reizvolle für die Studierenden war vor allen Dingen, die Aussicht darauf, daß der beste Vorschlag realisiert wird.

Daß vielleicht schon bald das von ihm entworfene Gebäude gebaut wird, darauf kann sich TU-Student David Knoke freuen. Sein Entwurf wurde von einer internationalen Jury aus Professoren, Spendenvertretern und Vertretern von Yachay als bester bewertet.

TRADITIONELLE BAUWEISEN

Im Gegensatz zu vergleichbaren Projekten andererer Hilfsorganisationen wurden von Yachay beim Entwurf des Zentrums einige wichtige Prämissen vorgegeben: Das geringe Budget, das sowohl beim Bau, als auch bei der Instandhaltung und den Betriebskosten zur Verfügung steht, zwang dazu, vorwiegend auf einfache, heimische Baustoffe zurückzugreifen. Damit war gleichzeitig eine weitere Voraussetzung erfüllt, nämlich die, an die traditionelle präkolumbianische (Inka-) Bauweise anzuknüpfen.

Andererseits war es Aufgabe der Studierenden, modernste Technologien einzusetzen, um eine möglichst weitgehende Autarkie von der Außenwelt zu erreichen. Dazu sollten die Studenten eine völlige Eigenstromversorgung mittels kleiner Wind- oder Wasserkraftwerke und photovoltaischer Anlagen planen. Die Warmwassergewinnung soll durch Solaranlagen gewonnen werden, und das Trink- und Brauchwasser soll aus einem Gebirgsbach entnommen und in einer eigenen biologischen Kläranlage auf dem Gelände wieder gereinigt werden. Hier schließt sich der Kreis zur Inka-Kultur wieder: Anders als in unserer abendländischen Kultur war die harmonische Verbindung von Wissenschaft, Technik und Natur, also eine ganzheitliche Sicht der Dinge, selbstverständlich.

Das angestrebte Autarkieprinzip gilt auch für die Versorgung mit Nahrungsmitteln: Ein Großteil (ca. 60 %) soll selbst produziert werden. Von den Überschüssen werden nicht eigens produzierte Güter zugekauft, um die ökonomische Unabhängigkeit zu stärken. Dazu mußten kleine Werkstätten, Speichermöglichkeiten, Stallungen und ein Wirtschaftstrakt zur Verarbeitung der eigenhergestellten Lebensmittel und Produkte eingeplant werden.

PREISWERTER BETRIEB

Weitgehende Unabhängigkeit von Spendengeldern ist jedoch nur dann möglich, wenn sowohl die Baukosten, als auch vor allem die Instandhaltungs und Betriebskosten so niedrig wie möglich gehalten werden.

Der Entwurf von David Knoke, der seit 1993 Architektur an der TU Berlin studiert, berücksichtigt all diese Punkte. Sein Haus hat Platz für mindestens 70 Kinder, rund zehn betagte Menschen und etwa zehn Lehrer und Betreuer. Holz und Keramik sind im wesentlichen die Materialien, die er für die Innenausstattung vorschlägt. Als Preis für seinen prämierten Vorschlag bekommt David Knoke einen Flug nach Peru und eine Rundreise an die Stätten der Inka finanziert.

Das Zentrum wird, entsprechend den Spendenaufkommen, in Abschnitten gebaut werden. Vorgesehen ist jedoch, daß es bereits vor der Gesamtfertigstellung für eine kleinere Anzahl von Kindern betrieben wird.

Matthias Beck/Bettina Weniger


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