FORSCHUNG

Wasser für das "Southern New Valley"

Der Forschungsschwerpunkt "Internationale Geosystemanalyse" an der TU Berlin

Seit Ende vergangenen Jahres gibt es an der TU Berlin den fachbereichsübergreifenden Forschungsschwerpunkt für internationale Geosystemanalyse GEOSYS. Entstanden ist er aus dem Sonderforschungsbereich "Geowissenschaftliche Probleme in ariden und semi-ariden Gebieten", der 15 Jahre an der TU Berlin koordiniert wurde.

Das "Southern New Valley" im südlichen Ägypten in der Nähe des Assuan-Staudamms: Hier liegt das Einsatzgebiet von einem der GEOSYS-Projekte

Im Süden Ägyptens, in der Nähe des Assuan-Staudamms, plant die ägyptische Regierung große Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung zu erschließen. Das Vorhaben, das den Namen "Southern New Valley" trägt, betrifft einen Landstrich mit einer bemerkenswert guten Bodenqualität. Da er aber nur über geringe Mengen an Grundwasser verfügt, soll Nil-Wasser aus dem Assuan-Staudamm zur Bewässerung genutzt werden. Das Problem: Schon heute wird dem Nil soviel Wasser entnommen, daß immer weniger Wasser bis ans Mittelmeer fließt und das Nil-Delta wegen zu geringer Ablagerungen immer kleiner wird.

Weitreichende menschliche Eingriffe in die Natur wie das "Southern New Valley" sind Thema einer Geosystemanalyse. Im Rahmen einer Geosystemanalyse führen Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen (etwa Geo- und Ingenieurwissenschaften und Ökologen) Untersuchungen an abgegrenzten Naturräumen durch. Sie erforschen das Zusammenwirken von menschlichen Aktivitäten und den Veränderungen von Klima, Grundwasser, Boden und Rohstoffen und geben Empfehlungen für die weitere Entwicklung des betrachteten Naturraums.

An der TU Berlin sind die entsprechenden Fachleute und ihr Fachwissen seit Ende letzten Jahres im interdisziplinären Forschungsschwerpunkt für internationale Geosystemanalyse (GEOSYS) konzentriert.

GEOSYS wird von vier TU-Professoren geleitet, die durchaus unterschiedliche Fachgebiete vertreten: Eberhard Klitzsch (Geologie), Uwe Tröger (Hydrogeologie), Peter-Dietrich Hansen (Ökotoxikologie) und Hartmut Kenneweg (Landschaftsplanung). Eine ihrer ersten Aufgaben ist es nun, möglichst viele Fachgebiete der TU Berlin für Problemkreise der Geosystemanalyse zu interessieren und sie für gemeinsame Projekte zusammenzuführen.

Ziel der GEOSYS-Forscher ist die Entwicklung von geowissenschaftlich fundierten Konzepten zur Nutzung von Ressourcen und zur Erhaltung der Lebensgrundlage in unter- und fehlentwickelten Regionen der Erde. Diese Erkenntnisse sollen beispielsweise als Grundlage für umweltverträgliche Landesplanungen dienen. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen sensible oder bereits geschädigte Ökosysteme sowie deren Veränderungen durch menschliche Eingriffe, z. B. durch Kohleabbau, Brandrodungen oder Siedlungsbau.

Neben der geplanten Mitarbeit im ägyptisch-deutschen Projekt "Southern New Valley" sind GEOSYS-Wissenschaftler am "Observatoire du Sahara et du Sahel" beteiligt, einem Projekt, in dem Grundwasserressourcen der Sahara evaluiert werden sollen. Um den Forschungs- und Wissenstransfer in Länder der Dritten Welt und andere betroffene Regionen zu fördern, will GEOSYS außerdem akademische Qualifikationen und praxisorientierte Fortbildungsmaßnahmen unterstützen und durchführen.

GEOSYS führt die Anstrengungen fort, die von 1981 bis 1995 in dem Sonderforschungsbereich (Sfb) 69 der Deutschen Forschungsgemeinschaft konzentriert waren. Der Sfb "Geowissenschaftliche Probleme in ariden und semi-ariden Gebieten" war von der TU Berlin als Sprecherhochschule koordiniert worden. Derzeit bereitet GEOSYS die Einrichtung eines neuen interdisziplinären Großprojekts vor.

René Schönfeldt


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