TU intern - April 1998 - Aktuelles

Fit für den Wettbewerb: TU Berlin mit neuem Profil

Strukturplan mit großer Mehrheit verabschiedet

Acht Fakultäten, 327 Professoren, 16315 Studienplätze: Der Akademische Senat hat den abstrakten Begriff "Struktur mit Inhalt gefüllt"
Erleichtert und auch ein wenig glücklich waren die Vertreter und Vertreterinnen des Akademischen Senats der TU Berlin am Abend des 26. März, als nach einer zweitägigen Dauerdiskussion die strukturellen Veränderungen der Universität mehrheitlich, bei nur einer Stimmenthaltung beschlossen waren. Hat doch nach Jahren der politischen Zerrissenheit der Wille zur Suche nach einer richtungsweisenden gemeinsamen Lösung gesiegt. Dazu gehört die im Januar dieses Jahres beschlossene Fakultätsstruktur ebenso wie die Frage nach dem Verbleib der Lehrerbildung oder der Fortführung des Modellversuchs Studienbüro. Auch über die Ausstattung der Fakultäten mit Hochschullehrerstellen und Stellen für Akademische Mitarbeiter ist abschließend verhandelt worden.

Etwa vor einem Jahr unterzeichneten die einzelnen Hochschulen mit dem Land Berlin einen Vertrag, der die Absenkung der konsumtiven Staatszuschüsse für die Jahre von 1997 bis 2000 festlegte, der aber auch die Hochschulen in diesen vier Jahren von weiteren Haushaltskürzungen des Landes ausnahm. Mit diesem Vertrag hat sich die Technische Universität Berlin verpflichtet, bis Ende des Wintersemesters 1997/98 einen Strukturplan vorzulegen, der die Ausstattung der TU auf der Basis des zugesicherten Globalbudgets von 505 Millionen DM für das Jahr 2000 (gegenüber noch 543 Millionen DM im Jahre 1997!) beschreibt. Nur rund 70 Prozent, also etwa 360 Millionen DM, stehen dabei für die Finanzierung des Personals zur Verfügung. Auf der Grundlage dieses Finanzrahmens fanden die Diskussionen des Akademischen Senats (AS) in den letzten Wochen und Monaten statt.

Im Januar dieses Jahres hat der Akademische Senat die Neustrukturierung der TU Berlin in acht Fakultäten beschlossen. Die Ausstattung dieser Fakultäten und ihrer Wissenschaftsbereiche ist dabei jedoch nur in einem Orientierungsrahmen festgelegt worden, der sich an den künftig finanzierbaren etwa 320 Hochschullehrerstellen orientierte. 309 Hochschullehrerstellen waren dabei auf die Fakultäten aufgeteilt worden, 11 Stellen hielt man sich für den damals noch nicht abschätzbaren Bedarf im Bereich der Lehrerbildung offen.

Nach diesen Entscheidungen ist eine Präsidialkommission unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten, Professor Günther Seliger (Maschinenbau), eingesetzt worden, die die Ausstattungs- und Studiengangsplanung der Fakultäten auf der Basis dieses Beschlusses überprüfen und konkretisieren sollte. Als Mitglieder wurden die Vorsitzenden der Ständigen Kommissionen, Vertreter der drei Fraktionen im AS sowie ein Vertreter für die jüngeren Professoren benannt. Das waren für die Kommission Forschung und Nachwuchs (FNK) der Elektrotechnikprofessor Klaus Petermann, für die Kommission für Lehre und Studium Klaus Bednarz von den Erziehungswissenschaften, und für die Entwicklungsplanungskommission war es der Mathematikprofessor Hansgeorg Jeggle. Von den AS-Fraktionen waren die Professoren Horst Nowacki (Verkehrswesen) und Jürgen Starnick (Chemie) sowie der Verwaltungsleiter des Fachbereichs Umwelt und Gesellschaft, Ulrich Schubert, in die Kommissionen gesandt worden. Professor Jörg Steinbach vertrat die jüngeren Professoren.

Die Präsidialkommission hat bei ihrer Arbeit die forschungs- und entwicklungsplanerischen Konzepte der Fachbereiche einbezogen. Sie hat auch die Stellungnahmen der Landeshochschulstrukturkommission aus dem Jahr 1992, des Wissenschaftsrates sowie die der Landeskommission zur Evaluierung der Naturwissenschaften an den Berliner Universitäten hinzugezogen, und sie hat alle Fachbereiche angehört. Im Ergebnis dieser Überprüfung schlug die Präsidialkommission die Verteilung von insgesamt 312 Hochschullehrerstellen auf die einzelnen Wissenschaftsbereiche vor. Acht Professuren sollten für die Lehrerbildung reserviert bleiben, bis die Verhandlungen der Berliner Universitäten zur Lehrerbildung des Landes insgesamt abgeschlossen sind. Das Profil der Technischen Universität ist nach dieser Verteilung geprägt von disziplinärer Vielfalt (Natur-, Ingenieur-, Planungs- und Wirtschaftswissenschaften sowie Geistes- und Sozialwissenschaften) und einer profilgebenden, disziplinabhängigen Akzentuierung. Der Kommission war dabei wichtig, das ingenieurwissenschaftliche Profil der Technischen Universität Berlin entsprechend ihren komparativen Vorteilen auf der Basis solider universitärer Grundlagenfächer und mit Blick auf das regionale Umfeld zu schärfen und zu stärken.

Profil schärfen

In dem AS-Sitzungsmarathon am 25. und 26. März wurde das Votum der Präsidialkommission ausführlich diskutiert mit dem Ergebnis, daß nunmehr nicht 320, sondern insgesamt 327 Hochschullehrerstellen auf die Fakultäten verteilt werden, wobei die Lehrerbildung 14 Stellen erhält. Die Gründe für die getroffenen Verteilungsentscheidungen sind in einem umfangreichen vom AS mitbeschlossenen Papier dargelegt worden.

Ein weiterer zentraler Punkt der Beratungen der Präsidialkommission und der folgenden AS-Sitzung war die Frage der Ausstattung mit Akademischen Mitarbeitern. Künftig wird aus den ca. 1130 finanzierbaren Stellen für Akademische Mitarbeiter unter Vorabzug eines Pools von 125 Stellen für zentrale Aufgaben der verbleibende Stellenbestand von ca. 1000 Stellen wie folgt verteilt: 45 Prozent werden als Mindestausstattung den Wissenschaftsbereichen zugewiesen, um die Arbeitsfähigkeit eines Fachgebietes in Abhängigkeit von seiner disziplinspezifischen Charakteristik sicherzustellen und damit die Konkurrenzfähigkeit im internationalen Wettbewerb zu gewährleisten. Dabei wird ein fächerspezifisches Ausstattungsverhältnis zugrunde gelegt, das sich an anderen Universitäten und auch an den Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur Personalplanung an den Hochschulen orientiert.

50 Prozent der Stellen für Akademische Mitarbeiter sollen künftig nach leistungsabhängigen Parametern verteilt werden. 25 Prozent werden nach Forschungsleistungen und 25 Prozent nach Kriterien der Aufgaben in der Lehre vergeben. Zu Beginn des Wintersemesters 1998/99 will der Akademische Senat die zugrunde gelegten Indikatoren für die Bemessung von Leistungen in der Forschung überprüfen und für die Lehre neue, stärker qualitätsorientierte Kriterien beschließen. Die verbleibenden 5 Prozent dienen dazu, die NC-Studiengänge im Interesse der Studienbewerber zusätzlich auszustatten.

Insgesamt hat die künftige Ausstattung der TU Berlin auf der Basis des vom Land zugesicherten finanziellen Zuschusses auch Einfluß auf die Zahl der Studienplätze und das künftige Angebot an Studiengängen. Die vom Berliner Senat für die TU angestrebten 18500 Studienplätze für das Jahr 2000 werden nicht erreicht. Ermittelt wurde von Präsidialkommission und AS, daß vielmehr nur 16315 Studienplätze finanziert werden können (vgl. Tabelle).

Von zentraler Bedeutung in der jetzt im AS gefundenen gemeinsamen Lösung ist auch die neue Fakultätsstruktur, die in mehrfacher Hinsicht zukunftsweisende Synergiepotentiale eröffnet, so durch die Zusammenführung aller Verkehrstechniken, oder die der Informatik und Elektrotechnik. Auch das Zusammengehen der Planungswissenschaften mit der Architektur und das der Verkehrstechnik mit der Produktionstechnik ermöglichen künftige Synergien.

Allerdings sind mit der neuen Fakultätsstruktur auch Fragen und Wünsche offengeblieben, die der AS noch einmal diskutieren will, wenn er über die künftige Gestaltung der Studiengänge und der Forschungsschwerpunkte im Sommersemester 1998 entschieden hat. Sie betreffen vor allem die Einbindung von Bauingenieurwesen, Geowissenschaften und Naturwissenschaften. Der Ausgang dieser Diskussion ist weitgehend davon abhängig, inwieweit es bei der Gestaltung der Studiengänge und Forschungsschwerpunkte gelingt, die bislang in der institutionellen Struktur der Fakultäten nicht eingefangenen, aber gewünschten interdisziplinären Verflechtungen zu schaffen.

Einen weiteren grundsätzlichen Beschluß fällte der Akademische Senat nun zur Frage der Lehrerbildung an der TU Berlin. Die TU Berlin stellt die Ausbildung für das Amt des Lehrers in einem Fach (L1) ein. Die Ausbildung wird für das Amt des Lehrers mit fachwissenschaftlicher Ausbildung in zwei Fächern (L2), das Amt des Studienrats (L4) und das Amt des Studienrats mit einer beruflichen Fachrichtung (L5) weiterhin angeboten. Lehrerbildende Studiengänge sind dann in den Bereichen berufliche Fachrichtungen, Arbeitslehre, Geschichte, Deutsch, Französisch, Philosophie, Mathematik, Physik, Chemie sowie Sozialkunde vorhanden. Für diese Ausbildungsrichtungen will die TU Berlin 14 Hochschullehrerstellen bereitstellen.

Seit 1993 läuft an der Universität der Modellversuch "Studienbüro", der dazu dient, Maßnahmen zur Verbesserung von Studium und Lehre an den Fachbereichen zu entwickeln. Insgesamt neun Studienbüros an zehn Fachbereichen hat die TU Berlin seit dieser Zeit eingerichtet. Vorgesehen war, nach fünf Jahren das Projekt zu evaluieren. Nun hat der AS entschieden, daß im Falle einer positiven Begutachtung des Versuchs, dieses Modell in geeigneter Weise weitergeführt wird.

TU-Präsident Hans-Jürgen Ewers wird jetzt den Strukturplan inklusive Ausstattungsplanung dem Wissenschaftssenator vorlegen. Senator Radunski will dann den Wissenschaftsrat um Begutachtung der Strukturpläne der Berliner Hochschulen bitten. Am Ende des gesamten Prozesses muß schließlich auch noch das Kuratorium der TU Berlin den Strukturvorschlag und den Ausstattungsplan beschließen.

Die jetzt gefaßten Beschlüsse des Akademischen Senats sind allerdings nur der erste von mehreren Planungsschritten gewesen. Im nun kommenden Sommersemester und dem folgenden Wintersemester wird es noch intensiver Diskussionen und mutiger Beschlüsse im AS bedürfen. Diese werden das Studiengangsangebot, die Bestimmung von Forschungsschwerpunkten, die Verwaltungsreform und die künftige Budgetierung der Fakultäten betreffen.

tui


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