TU intern - Dezember 1998 - Alumni

Uli Ude

Multimedia statt Schule

Er schreibt Drehbücher, aber er ist nicht beim Film. Er arbeitet im Auftrag einer der größten Softwarehersteller in Deutschland, aber Computer kann er nicht besonders leiden. Uli Ude, TU-Absolvent und Literaturliebhaber, ist Multimedia-Autor. Er beschäftigt sich mit der Herstellung von Lernprogrammen, wie sie in der beruflichen Fortbildung eingesetzt werden. CBT, Computer Based Trainee, so die neudeutsche Bezeichnung für diese Fortbildungsmethode, bietet eine Alternative zu Handbuch oder Fortbildungskurs. Sie ist in den USA und England weit verbreitet und auch in Deutschland im Kommen. Das Lernprogramm simuliert die Nutzeroberfläche und macht so den Anwender Schritt für Schritt mit den einzelnen Programmteilen bekannt. ”Das ist learning by doing", sagt Ude, ”man wird mit der Benutzeroberfläche vertraut, ohne daß man etwas verstellen oder falsch machen kann. Es gibt nur einen linearen Weg durch das Lernprogramm, in einer logischen Reihenfolge. Beispielsweise kann man eine Option ”Speichern" gar nicht erst aufrufen, ehe man nicht speicherfähige Daten erzeugt hat.

Bevor dieses Lehrmittel programmiert werden kann, ist Uli Ude gefragt. Er schreibt das zugehörige Drehbuch oder ”die Codiervorlage", wie er sagt. Er gibt also an, wie die einzelnen Lernschritte erfolgen müssen, wo Rückmeldungen erforderlich sind, was geschieht, wenn der Lernende falsche Antworten gibt usw. Das Programmieren übernehmen dann die Techniker, die die fertigen Lernprogramme zum Testen an Ude zurückschicken. Erst dann werden sie verkauft.

Uli Ude erarbeitet zur Zeit Lernprogramme für ”R3", ein Programm des Softwarespezialisten SAP, das alle betriebswirtschaftlichen Bewegungen in einem Unternehmen erfassen kann.

”Die meisten großen Firmen benutzen dieses Programm" sagt Ude. ”Zur Zeit boomt das Geschäft, da zum einen viele die Einführung des Euros zum Anlaß nehmen, ihre Buchhaltungsprogramme umzustellen. Ein anderer Grund, auf R3 umzusteigen, ist das ”Jahr 2000 Problem", da R3 mit dieser Jahreszahl korrekt umgehen kann".

Eigentlich hatte Uli Ude Lehramt, mit den Fächern Deutsch und Geographie, studiert und sich, nach Abschluß des Studiums, für ein Referendariat beworben. Doch das ließ auf sich warten. Irgendwann war Udes Geduld zu Ende und er begann, sich zu bewerben. ”Ich hätte damals alles gemacht, was eine Perspektive geboten hätte" sagt er. Gleich die erste Bewerbung war ein Treffer. Am gleichen Tag, an dem er vor zwei Jahren die Zusage für seine jetzige Stelle erhielt, erfuhr er auch - Ironie des Schicksals - daß er als Referendar anfangen könne. Uli Ude entschied sich für die Arbeit bei der PROKODA AG, ”die Aussichten für Lehrer waren schlecht", sagt er ”und es war nicht klar, ob ich danach auch eine Anstellung bekommen würde". Der Anfang war hart, aber mittlerweile macht die Arbeit Spaß und Uli Ude bereut es nicht, das Referendariat ausgeschlagen zu haben. Daß er demnächst als Lehrer arbeiten wird, kann er sich im Moment nicht vorstellen. ”Lehrer", erklärt Ude, ”sind doch Einzelkämpfer. Hier arbeiten wir teamorientiert, das macht wesentlich mehr Spaß. Das Betriebsklima ist gut, man kann sich untereinander austauschen und wenn man nicht weiterkommt, mit anderen beraten". Mit Lehrern hat er übrigens auch so zu tun. Seine Firma, die mittlerweile 11 Jahre alt ist, entstand aus einem Projekt an der Uni Köln. Gegründet wurde sie ausschließlich von (arbeitslosen) Lehrern.

Obwohl er nicht Lehrer geworden ist, würde Uli Ude auch heute wieder Germanistik studieren. ”Man soll das studieren, was einem Spaß macht", sagt er und wünscht sich etwas mehr 'amerikanische Verhältnisse': Man tut etwas für eine bestimmte Zeit, und dann fängt man mit etwas anderem an. Hier in Deutschland sei das schwierig, da sei man durch die Studien- oder Berufswahl viel mehr festgelegt. Was er aus seinem Studium gut verwenden kann, ist der Umgang mit der Sprache. ”Man hat gelernt, Sprache zu reflektieren und - nicht zuletzt durch die Hausarbeiten - hat man auch schreiben gelernt.

Gerne erinnert sich Ude an die Exkursionen während seines Studiums, unter anderem nach Weißrußland, Norwegen und in die Türkei. Dabei habe er diese Länder aus einer Perspektive kennengelernt, die den meisten Touristen wohl verborgen bleibt. Ein Kriterium dafür, an der TU Berlin zu studieren, war für Uli Ude die Überschaubarkeit des Fachbereichs, ”wo man die Leute kennt und nicht in Anonymität untergeht" - auch das gibt es an einer Hochschule mit mehreren zehntausend Studierenden.

Ursula Resch-Esser


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