TU intern - Erstsemester-Special 1998 - Politik

Demokratie zum Mitmachen

Studentische Mitbestimmung an der Uni

Hochschulpolitik ist nicht nur ein abstraktes Thema, das regelmäßig in den Tageszeitungen erwähnt wird. Daß die Studierenden sich davon unmittelbar betroffen fühlen, zeigen nicht zuletzt die immer wiederkehrenden Uni-Streiks. Welche Möglichkeiten der politischen Einflußnahme an den Universitäten tatsächlich bestehen, wissen viele Studierende jedoch nicht so genau. Der Allgemeine Studentenausschuß (AStA) der TU Berlin erklärt, wo man ihn findet, was er macht, und warum er gerade für Erstsemester interessant ist:

Zusammen mit der Immatrikulation sind alle Erstsemester automatisch auch Mitglied der Verfaßten Studierendenschaft geworden. Diese Mitgliedschaft, die im Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) verankert ist, bekommen alle Studierenden unter anderem auch dadurch zu spüren, daß sie von nun an bis zum Ende ihres Studiums nicht nur 40,- DM pro Semester an das Studentenwerk abdrücken müssen (das Studentenwerk ist für die Mensen, Wohnheime, Cafeterien, Kindertagesstätten etc. zuständig) sowie 100,- DM ”Verwaltungsgebühren", die eigentlich Studiengebühren sind, sondern auch 12,- DM an die Verfaßte Studierendenschaft, konkret den AStA.

Der AStA ist die Vertretung der Studierenden der TU Berlin. Er wird vom Studierendenparlament (StuPa) gewählt. Das StuPa wird seinerseits von den Studierenden gewählt. An der TU Berlin werden jeweils gegen Ende des Sommersemesters StuPa-Wahlen durchgeführt, an denen jede Studentin bzw. jeder Student aktiv und passiv teilnehmen kann.

Im StuPa sind 60 Sitze zu vergeben, von denen in den letzten Jahren jeweils etwa 45 bis 50 an das sog. Breite Linke Bündnis (BreiLiBü) gingen. Im BreiLiBü sind als stärkste Gruppe die verschiedenen INIs vertreten, ansonsten die Linke Liste, die AusländerInnen Liste und die Feministische Frauenliste.

Die wichtigsten Aufgaben des StuPa, welches laut BerlHG mindestens zweimal pro Semester zusammenkommt, sind: den AStA zu wählen sowie den Haushalt, also die Summe dessen, was durch die vielen Semesterbeiträge zusammenkommt, zu beraten und abzustimmen.

Der AStA besteht aus 14 Referaten, sowie drei autonomen Referaten. Autonomes Referat bedeutet in erster Linie, daß der Referent oder die Referentin von der jeweiligen Vollversammlung (z. B. AusländerInnen-VV) gewählt wird, und nicht vom StuPa direkt, wie die anderen AStA-ReferentInnen. Die AStA-tragenden Gruppen (also das BreiLiBü) beraten nach jeder Stupa-Wahl darüber, welche Personen die Referate des neuen AStA übernehmen sollen.

Der AStA besteht jedoch nicht nur aus den gewählten Referenten, sondern auch aus einer Vielzahl anderer Menschen, die im AStA mitarbeiten. Einige wenige werden für diese Arbeit bezahlt (Bürodienst, Finanzsachbearbeiter, Drucker und die Menschen in der Beratung), die meisten arbeiten allerdings unbezahlt, denn es gilt der Grundsatz: Rödelarbeit wird bezahlt, politische Arbeit nicht.

DIE AStA-VILLA

Wer in der Villa BEL hinter dem Mathe-Gebäude die Treppe in den zweiten Stock ersteigt, findet geradeaus das AStA-Büro, den Dreh- und Angelpunkt des AStA. Während der Vorlesungszeit sind dort werktäglich von 11 bis 14 Uhr Finn, Gerit, Katja, Kirsten (der zur Zeit noch Aycan vertritt) und Vincent anwesend (Telefon: 314-2 56 83). Manchmal ist hier ziemlich viel los, so daß der erste Eindruck vielleicht nicht ganz so anheimelnd ist. Das liegt u. a. daran, daß hier alle Leute mit den unmöglichsten Fragen anrufen, wie z. B. neulich die besorgte Mutter, die wissen wollte, in welche Kneipen sie ihre Tochter schicken könne ohne Gefahr zu laufen, daß der hoffnungsvolle Sproß mit Drogen vollgepumpt werde, wenn er auf Klassenfahrt nach Berlin komme. Im Normalfall werden sich aber alle bemühen, jedem - ebensogut wie jener Mutter - weiterzuhelfen. Am besten ist es, Ausdauer und gute Laune mitzubringen! Wer Fragen zur aktuellen hochschulpolitischen Lage hat, eine Veranstaltung organisieren will und dafür einen Raum in der Uni braucht, Handzettel oder Plakate gedruckt haben will, einfach irgendeine dumme Frage hat und nicht weißt, wem man sie stellen soll, oder, oder, oder… ist im AStA-Büro an der richtigen Adresse.

Ebenfalls im zweiten Stock, im Westflügel, liegt der große Sitzungssaal, seit Herbst 1993 ”Rudi-Dutschke-Plenarium" genannt. Dort finden donnerstags ab 18 Uhr die AStA- Sitzungen statt. Die Sitzungen sind öffentlich und jeder ist herzlich willkommen, vorbeizuschauen und zu bleiben. Im Wechsel gibt es Finanz- und Inhaltssitzungen. Alle 14 Tage werden zuerst die Finanzanträge diskutiert, dabei geht es häufig um die Finanzierung von Veranstaltungen und Projekten wie zum Beispiel zu Kurdistan, AntiFa, Palästina, Frauen und Lesben, usw… Danach werden ”Inhalte" besprochen, so wie auf allen anderen AStA-Sitzungen auch. Dabei geht es dann um Berichte aus den unterschiedlichen Gremien, Entwicklungen in der Hochschulpolitik, Berichte von Kongressen und studentischen Arbeitskreisen, Fortschritte in den Verhandlungen über das Semesterticket, um hier nur einige Beispiele zu nennen. Manchmal wird auf den Sitzungen heftig gestritten, manchmal konstruktiv diskutiert und mitunter dumm gelabert. In der Regel ist die AstA-Sitzung zwischen 22 und 2 Uhr zu Ende und alle, die es so lange ausgehalten haben, gehen gemeinsam noch was essen.

Während des Erstsemestertages am 29. Oktober findet um 15 Uhr im Raum H 1029 ein Forum zum Thema ”Uni kontrovers - und wo bleibe ich?" statt. Hier werden Macher der TU-Unipolitik zu ihren Anschauungen über Lehre und Studium und wie sie verbessert werden können befragt.


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