WISSENSCHAFT

Neue Lösungen für den Freizeitverkehr

Der Tourismus schafft neue Arbeitsplätze in Stadt und Land. Doch was einerseits die Wirtschaft belebt, kann andererseits die Natur gefährden oder sogar zerstören. Verkehrspolitisch betrachtet ist der Tourismus eine Gratwanderung - zwischen der leichten Erreichbarkeit eines Freizeitraumes und der Erhaltung seiner Attraktivität. Die Freizeit- und Tourismusindustrie lebt von einer sauberen und intakten Umwelt, doch wenn Massennachfrage die Natur gefährdet, dann sind neue Ideen und Lösungen gefragt.

Neue Lösungen bieten G. Wolfgang Heinze, Professor an der TU Berlin, und Heinrich H. Kill in ihrem soeben erschienenen Buch "Freizeit und Mobilität. Neue Lösungen für den Freizeitverkehr". Die Botschaft des Buches lautet, Freizeitverkehr vor allem als Chance für die Zukunft zu begreifen. Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah? Um Freizeit, Erholung und Spaß zu haben, muß man nicht unbedingt immer den teuren Fernurlaub buchen.

Nach Meinung der Autoren geht der Markttrend in Richtung "Freizeitverkehr statt Tourismus". Tages- und Wochenendausflüge sowie Zweit-und Dritturlaube werden immer beliebter. Also nischt wie raus nach Wannsee ... oder vielleicht doch lieber die Wartburg? Ein Wochenendtrip nach London oder Paris?

Auch die eigene Stadt oder das Umland haben interessante Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zu bieten. So können beispielsweise innerstädtische Flächen als Golfübungsplätze, Sandgruben als Downhill-Biking-Strecken oder Steinbrüche als Klettergärten genutzt werden. Ebenso lassen sich kleine ungenutzte Parkflächen für sportliche Aktivitäten aller Altersklassen ohne Vereinsausweis nutzen; die Stadt oder ein Spender muß nur für den Zaun und die Beleuchtung sorgen.

Um den Verkehr so gering wie möglich zu halten, fordern die Autoren Städte mit einem hohen Anteil an Fußgängern und Radfahrern, einen attraktiven und somit finanzierbaren öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und neue Arbeitsplätze, die weniger Verkehr erzeugen. Bereits heute ist eine Vielfalt von Lösungsansätzen erkennbar. Als ein Beispiel von vielen sei die flächendeckende Kleinbusbedienung mit Taxiqualität und zu ÖPNV-Preisen genannt.

Die Autoren sind zwei Hochschullehrer für Verkehrspolitik und Verkehrsplanung, die wissen, wie man fachlich interessierte Laien, Studenten und Verkehrsexperten anspricht und bei ihnen weiterführendes Interesse weckt. Das Buch ist in 60 Thesen gegliedert. Jede dieser Thesen verschafft dem Leser ein Aha-Erlebnis. Sämtliche Lösungen seien bereits irgendwo angelegt, denn die Wirklichkeit, das wahre Leben, so die Autoren, habe viel mehr Phantasie als der beste Planer.

Dieses neue Sachbuch macht all denen Mut, die in der Gegenwart nicht nur hohe Lohnkosten und den Niedergang der öffentlichen Verkehrsmittel beklagen, sondern die auch unkonventionelle Ideen begrüßen und vorhandene Anbieter partnerschaftlich einbinden möchten.

Carina Baganz


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