TU intern - Juli 1998 - Aktuelles

Neue TU-Satelliten: Vom U-Boot ins All

Das gab es noch nie: Aus mehreren Dutzend Metern unter der Wasseroberfläche starteten am 7. Juli um 5.15 Uhr morgens zwei Weltraumsatelliten von einem Atom-U-Boot aus ins All. Es war das erste Mal, daß unter Wasser eine Rakete zu zivilen Zwecken abgefeuert wurde. Um 6.40 Uhr befanden sich die Satelliten TUBSAT-N und TUBSAT-N1, die von TU-Wissenschaftler um Professor Udo Renner am Institut für Luft- und Raumfahrt entwickelt wurden, im All. Knapp sieben Stunden später, um 13.32 Uhr, haben sie die ersten Signale von TUBSAT-N empfangen können. Der Satellit meldete unter anderem eine Außentemperatur um die 10° Celsius in 770 Kilometern Höhe. Knapp weitere zwei Stunden später trennte sich TUBSAT-N1 von TUBSAT-N. Mittlerweile werden auch von TUBSAT-N1 eigene Signale empfangen.

Diese ungewöhnliche Weltpremiere ist ein Produkt deutsch-russischer Zusammenarbeit: Die Raumfahrtwissenschaftler der TU Berlin suchten für ihre neuentwickelten Kleinsatelliten TUBSAT-N und TUBSAT N-1 ein Trägersystem, um die beiden in eine Umlaufbahn in gut 770 Kilometern Höhe zu schicken. Im russischen Staatlichen Raketenzentrum in Miass fanden sie einen Partner, der die Lösung mit dem U-Boot ermöglichte. Für die Wissenschaftler der TU Berlin ein lohnenswerter Versuch: ”Die U-Boot-Lösung kommt uns deutlich billiger als ein Start mit der Trägerrakete ”Ariane" oder anderen Systemen, außerdem sind wir bei Flügen mit der ”Ariane" nur ein kleiner Teil einer großen Ladung und bekommen Flugbahn sowie Starttermin vorgeschrieben. Hier können wir alles alleine bestimmen", sagt Robert Schulte, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am TU-Institut für Luft- und Raumfahrt.

Nicht nur der Start ist eine Besonderheit, auch die neuen Satelliten sind ein Wunderwerk der Technik. Gegenüber dem immer noch aktiven Vorläufer TUBSAT-A, der seit 1991 um die Erde kreist, sind die neuen Satelliten bis zu achtmal leichter und gleichzeitig viermal leistungsfähiger geworden. TUBSAT-N hat in etwa die Größe eines Schuhkartons und wiegt etwa 8 Kilogramm, TUBSAT-N1 sogar nur 3 Kilogramm. Die neuen sogenannten Sternsensoren der Satelliten sind in der Lage, anhand der Sterne genau zu berechnen, wo der Satellit gerade hinschaut. Auch die Reaktionsräder, mit denen der Satellit seine Lage ausrichtet, sind eine Neuentwicklung. Die Entwicklung der beiden Satelliten hat insgesamt 500000 DM gekostet.

Aufgabe der Satelliten ist es, Daten von einem Objekt an die Bodenstation bzw. von der Bodenstation an das Objekt weiterzuleiten. Zum Beispiel werden für das Institut für Angewandte Physik in Kiel Daten, wie Wassertemperatur oder der Salzgehalt, von Meßbojen im Meer übertragen. Ebenso können die Satelliten für die Kommunikation mit Polarexpeditionen oder für Umweltbeobachtungen eingesetzt werden. In der Vergangenheit hatten die TU-Forscher bereits die Wanderungen von Rotwild verfolgt.

Daneben sollen wie mit TUBSAT-A Technologieexperimente durchgeführt werden, die zur Vorbereitung der beiden folgenden Erdbeobachtungssatelliten DLR-TUBSAT (Start voraussichtlich im Januar 1999 mit einer indischen Rakete) und MAROC-TUBSAT (Start mit einer russischen Rakete ist für April 1999 geplant) dienen.

cho


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