TU intern - Mai 1998 - Studium

Teufelsberg statt Hörsaal

Der Teufelsberg aus der Luft gesehen. Über seine Zukunft gehen die Meinungen weit auseinander. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald hat mittlerweile Klage gegen die geplante Bebauung des Teufelsberges beim Verwaltungsgericht eingereicht

Landschaftsplaner müssen die "Belange von Natur und Landschaft" aus ökologischer ebenso wie aus rechtlicher und administrativer Sicht beurteilen können. Und sie müssen mit Konflikten umgehen lernen. Das umstrittene Großbauvorhaben auf dem Teufelsberg ist dafür einerseits ein ideales Freilandlabor, andererseits bietet der "eigenwillig-souveräne" Umgang des Berliner Senats mit Planwerken, nachgeordneten Behörden, Schutzbestimmungen, Verträgen und gesetzlichen Vorgaben reichlich konfliktgeladenen Diskussionsstoff.

Eine neue Insel-Großsiedlung mitten im Wald, wie vom Senat befürwortet, kann nicht im Sinne der Landschaftsplanung sein. Doch was wäre dagegenzusetzen? Bieten die umgebenden Wälder, Natur- und Landschaftsschutzgebiete oder die Altlastenverseuchung Argumente? Kann sich ein Konversions-Bauvorhaben ohne Waldumwandlungsgenehmigung auf den Bestandesschutz einer nie genehmigten Militärruine aus der Besatzungszeit gründen? Wie wird ein Großvorhaben gerechtfertigt, das sich nicht aus dem Flächennutzungsplan ableiten läßt, zahlreiche bau- und naturschutzrechtliche Bestimmungen umgeht und die eigentlich zuständigen Behörden ausschaltet?

Mit dieser Thematik beschäftigen sich die Studierenden der neu konzipierten Lehrveranstaltung "Angewandte Ökologie".

Am 28. April erkundeten sie das Areal am Teufelsberg, um die artenreiche Flora und Fauna, die auch in Berlin selten werdenden Trümmerschuttböden, die heutige Bodennutzung und die militärischen Relikte aus der Besatzungszeit kennenzulernen. Im Anschluß daran sollen historische Dokumente, Kaufverträge, Baupläne, Sitzungsprotokolle und weitere Unterlagen studiert werden, z. B. TU-Gutachten über Baugrund, Rechtsfragen, Altlastenprobleme (neben Bauschutt wurde hier in der Blockadezeit auch Müll und Altöl abgelagert). Akten der Behörden, Bürgerinitiativen und Naturschutzverbände sowie ökologische und planerische Spezialliteratur sind verfügbar. Bis zum Semesterende soll eine Gesamtbeurteilung fertig sein, und gleichzeitig kann die Entwicklung "im realen Leben" studiert werden. Die Lehrveranstaltung, die noch weitere ökologisch-planerische Probleme als Fallbeispiele behandelt, wird gemeinsam von Prof. Dr. G. Wessolek (Institut für Ökologie) und Prof. Dr. H. Kenneweg (Institut für Landschaftsentwicklung) betreut.

Hartmut Kenneweg


© 5/'98 TU-Pressestelle