TU intern - Oktober 1998 - Medien

Chemiestudium von morgen

Zischen und Qualmen aus dem Bildschirm

Chemie soll in Zukunft nicht nur im Labor sondern auch per Internet gelehrt werden
Wie war das doch so gleich? Schwefelsäure war H2SO4 und Salptersäure HNO3? Diese vergleichsweise einfachen Fragen schlagen Chemiestudierende der Zukunft nicht mehr in Büchern nach. Auch die Versuche, vor denen uns unsere Lehrer schon in Schulzeiten gewarnt haben, kann nun jeder gefahrlos durchführen. Das Chemiestudium von morgen findet nämlich am Computer statt. Da zischt und qualmt es nur auf dem Bildschirm, wenn Natrium ins Wasser geschmissen wird.

Das Projekt ”Vernetztes Studium - Chemie", das von der Fachinformationszentrum Chemie GmbH (FIZ Chemie Berlin) gemeinsam mit der TU Berlin und zwölf weiteren deutschen Universitäten entwickelt wurde, will jedoch mehr als nur animierte Informationsvermittlung: Mit Hilfe der Multimediatechnologie soll eine ganz neue Lehr- und Lernkultur entwickelt werden. Weg vom Lernen auf Vorrat, hin zum problembezogenen und entdeckenden Lernen, heißt die Losung. Die Lehrinhalte werden dazu in kompakte Pakete aufgeteilt, die über Internet oder CD-Rom abrufbar sind.

Diese sogenannten Wissensmodule umfassen nicht nur Organische Chemie oder Technische Chemie, sondern auch Mathematik und Physik. Mittels multimedialer Aufbereitung und der Möglichkeit zum interaktiven Handeln soll der Inhalt leicht erlernbar sein. Das nötige Basiswesen eignen sich die Lernenden in einem Grundstudium an. Dieses Basiswissen soll den Lernenden ermöglichen, ihr Wissen mit Hilfe der Bausteine selbständig zu erweitern. Zielgruppe sind Studierende und Graduierte, aber auch Nichtakademiker oder Fachfremde, die sich über chemische Probleme informieren wollen.

Dieses Modell überzeugte die Jury des Leitprojektewettbewerbs ”Nutzung des weltweiten verfügbaren Wissens für Aus- und Weiterbildung und Innovationsprozesse", der vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (BMBF) ausgelobt worden war. Das ”Vernetzte Studium - Chemie" ist eines der fünf Siegerprojekte, die in den kommenden fünf Jahren aus einem insgesamt rund 100 Millionen DM umfassenden Fördertopf schöpfen können. Insgesamt hatten sich 251 Projekte beworben. Das Team des ”Vernetzten Studiums" aus Chemikern, Informatikern und Didaktikern muß zunächst Software und Werkzeuge für die elektronische Plattform entwickeln. Parallel dazu geht es um die Gestaltung des Lehrmaterials, das unter anderem Simulationen von Experimenten, Übungen und Lernkontrollen enthält. Auch neue Inhalte wie etwa Ethik, Betriebswirtschaft oder Rechtskunde werden als wichtige Faktoren im späteren Arbeitsleben aufgenommen.

Für die TU Berlin ist der Kooperationspartner Prof. Dr. Dieter Ziessow vom Iwan-N.-Stranski-Institut für Physikalische und Theoretische Chemie. Entwicklungen zur Nutzung von Computern in der Chemie sind ein Hauptthema seiner wissenschaftlichen Tätigkeit, seit Mitte der 1960er Jahre beschäftigt er sich mit diesem Thema. Unter seiner Leitung wird das Teilprojekt ”Physikalische Chemie und Mathematik - Interaktive, multimediale Gestaltung" an der TU Berlin durchgeführt. Aufgabe ist die Konzeption und Herstellung von Modulen für die Physikalische Chemie und die Mathematik. Für diese Module sind Schlüsselworte und ein entsprechendes Wörterverzeichnis zu konzipieren, die über Verknüpfungen und Links in allen Wissensmodulen verfügbar sein sollen.

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