TU intern - Januar 1999 - Alumni

"Ungezielt bewerben ist erfolgreicher als viele denken"

Der Pharmakonzern Schering zählt weltweit rund 21500 Mitarbeiter/innen und hat einen Umsatz von rund 6,2 Mio. DM. Wie sehen hier die Möglichkeiten für Hochschulabsolventen/innen aus? TU intern wollte das vom Personalleiter der Schering AG, Dr. Wolfgang Benz, wissen. Wolfgang Benz ist übrigens selbst TU-Absolvent, er hat hier in den siebziger Jahren BWL studiert.

Wieviel Hochschulabsolventen/innen hat Schering im letzten Jahr eingestellt?

Wir haben rund 100 Universitätsabsolventen/innen eingestellt. Viele davon als Ersatz für ausgeschiedene Mitarbeiter/ innen, also auf bereits vorhandene Stellen, die anderen wurden für projektbezogene Arbeiten eingestellt.

Welche Hochschulabschlüsse werden bei Ihnen besonders gesucht? Welche haben zur Zeit gute Aussichten auf Einstellung?

In einem pharmazeutischen Unternehmen beschäftigen wir neben den klassischen Berufen wie Ingenieure, Kaufleute, Juristen natürlich alle naturwissenschaftlich-technischen Qualifikationen, also Chemiker, Biologen, Mathematiker, Informatiker, Physiker etc. Derzeit suchen wir vor allem Pharmazeuten, EDV-Spezialisten und Mediziner in speziell zu uns passenden Fachrichtungen.

Was müssen die Bewerber/innen an Eigenschaften mitbringen?

Natürlich sind hier zuerst gute Abschlußnoten zu erwähnen, die wir von jedem Bewerber verlangen. Wobei wir die Note immer im Zusammenhang des jeweiligen Studienfaches sehen. Ein Chemiker, der mit der Note befriedigend abschließt, hat eigentlich umsonst studiert. Im Fach BWL kann dies durchaus anders gesehen werden. Darüber hinaus verlangen wir vor allen Dingen bei den Naturwissenschaftlern/innen eine Promotion. Durch eine Promotion erkennen wir auch, daß der oder die Bewerber/in gelernt hat, selbständig wissenschaftlich ein Thema zu bearbeiten. Über 90 % der Naturwissenschaftler, die bei Schering arbeiten, haben promoviert. Außerdem müssen die Bewerber/innen natürlich eine ganze Reihe persönlicher Fähigkeiten mitbringen, wie Teamfähigkeit, vernetztes Denken, Entscheidungsfähigkeit, Kreativität um nur einige zu nennen. Wichtig ist immer, daß man sich in seinen Bewerbungsunterlagen gegenüber den anderen abhebt - sei es durch einen Auslandsaufenthalt, durch eine Ausbildung, die man vor dem Studium absolviert hat oder durch praktische Erfahrungen, die man bereits gesammelt hat.

Wo liegen ungefähr die Einstiegsgehälter für Universitätsabsolventen bei Schering?

Für die naturwissenschaftlich-technischen Funktionen gibt es in der chemischen Industrie eine Festlegung der Anfangsgehälter. Sie liegen für die diplomierten Absolventen im 2. Berufsjahr bei rund 80.000 DM, für promovierte Absolventen im 2. Berufsjahr bei rund 93.000 DM.

Was fehlt den Hochschulabsolventen Ihrer Meinung nach am meisten? Wo muß sich die Hochschule verändern?

Das Studium sollte nicht verschult sein. Was den Absolventen/innen z. B. fehlt, sind Erfahrungen in Rhetorik, in Präsentationstechniken oder Visualisierungsfähigkeiten. Dies wird im Studium zu wenig gefordert und gefördert. Auch im Bereich der Fremdsprachen wird zu wenig unternommen. Was am meisten fehlt, ist ein wirklich sicherer Umgang mit der Fremdsprache. Insgesamt müssen die Hochschulen und die Wirtschaft noch mehr aufeinander zugehen und noch mehr miteinander arbeiten. Zwar gibt es Kontakte über einzelne Hochschullehrer, insgesamt wird jedoch zuwenig in dieser Richtung getan. So etwas wie der Tag der Chemie, der im November an der TU Berlin stattgefunden hat, ist ein guter Schritt in diese Richtung, er reicht jedoch nicht aus.

Welchen Weg wählt Schering bei der Stellenausschreibung?

Wir schreiben unsere Stellen in Zeitungen aus, wir nutzen aber auch das Internet und wir benutzen auch die Absolventenbücher, die von einzelnen Unis oder Initiativen herausgegeben werden. Außerdem kann ich nur jedem Stellensuchenden raten, sich ungezielt zu bewerben. Ist eine Stelle einmal irgendwo ausgeschrieben, bewerben sich gleich viele darauf. Wer jedoch zwischendurch schon mal Unterlagen zu uns geschickt hat, fällt stärker auf, hat ebenfalls gute Aussichten auf Erfolg. Man sollte sich auch ruhig nach einer Absage gegebenenfalls ein zweites oder drittes Mal bei demselben Unternehmen bewerben, dies machen noch immer viel zu wenig Bewerber/innen, weil sie sich davon nichts versprechen. Dabei kann dies wirklich aussichtsreich sein. Wir haben vor kurzem eine sehr qualifizierte Bewerberin eingestellt, die sich vorher insgesamt dreimal beworben hat. Zweimal hatte es bei uns nicht so richtig gepaßt, beim dritten Mal war sie genau die Richtige.


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