TU intern - Mai 1999 - Arbeitsplatz Uni

Energiesparen: Für die Umwelt und gegen leere Kassen

Diskussion über geeignete Maßnahmen

Energiesparen hilft nicht nur der Umwelt, es spart auch Geld. Zu ersterem hat sich die TU Berlin in ihren Umweltleitlinien verpflichtet, letzteres saniert die weitgehend leeren Kassen. Soweit dürfte Übereinstimmung herrschen an der TU. Über die Maßnahmen, mit denen Energie einzusparen ist, bestehen jedoch unterschiedliche Vorstellungen: Mit dem Für und Wider von Energiesparpartnerschaften und möglichen Alternativen beschäftigen sich die beiden folgenden Beiträge:

Fast zehn Millionen Mark wird die TU Berlin voraussichtlich im laufenden Jahr für Strom ausgeben. Wie können Energiesparpotentiale genutzt werden?

Energiesparverträge für die TU Berlin

Die TU Berlin plant, im Jahr 1999 Strom im Wert von 9,8 Mio. DM und Trinkwasser für 3,5 Mio. DM zu beziehen, hinzu kommen Ausgaben in Höhe von 6,2 Mio. DM für die Fernheizung.

Strom-, Heizungs- und Wassereinsparpotentiale sind vorhanden, aber leere Kassen erschweren die Inangriffnahme entsprechender Projekte. Warum die erforderlichen Investitionen nicht aus den Verbrauchskosten bezahlen? Möglich wird dies durch Abschluß einer sogenannten Energiesparpartnerschaft (ESP) zwischen dem Gebäudebetreiber und entsprechenden Anbietern. Für definierte Gebäude garantieren diese neun bis elf Prozent Energieeinsparung und einen festen, dem Auftraggeber zufließenden Einsparbetrag in DM. Der Anbieter erarbeitet ein Konzept, wie in den Gebäuden Energie eingespart werden kann, und führt die erforderlichen Maßnahmen durch. Finanziert werden die Arbeiten aus den eingesparten Energiekosten, nach Vertragsende gehört die neue Technik dem (öffentlichen) Grundeigentümer.

Über dieses im Land Berlin bewährte Verfahren berichtete Friedrich Brüne - ein TU-Absolvent - von der Berliner Energieagentur Mitte März in einer öffentlichen Veranstaltung, die von den Abteilungen SDU und ZEK/WB durchgeführt wurde. Bei den "Energiesparpartnerschaften" (ESP) des Landes Berlin investieren seit Jahren Konsortien erfolgreich in energiesparende Gebäudetechniken bei Schulen, Dienstgebäuden etc.

Im Rahmen der Energiesparpartnerschaften können auch weitere Gebäudedienstleistungen, wie das Kerngeschäft der Instandhaltung oder die Reinigung, vergeben werden. Das dazu erforderliche, bereits vorhandene Betriebspersonal hilft dem Investor (dem Anbieter der ESP), zu den Nutzern Kontakt zu halten. Das Optimieren der zwecks Energieeinsparung installierten Anlagen nimmt jedoch der Investor selbst vor.

ANGEBOTE LIEGEN VOR

Bei der TU könnten ESP bei einem Pool von Gebäuden mit kurzen und längeren Amortisationszeiten eingesetzt werden, z.B. für Anlagen, die mit hochwertigem Trinkwasser gekühlt werden, oder für Raumlüftungen in Hörsälen, die sich in ihrem 100 %-Energieverbrauch nicht auf eine 30 %ige-Zuhörerzahl einstellen können.

Die Freie Universität Berlin und die Universität Frankfurt bedienen sich mit Erfolg der Energiesparpartnerschaften. In Deutschland bieten 15-20 namhafte große Contractoren Energiesparpartnerschaften an. Auch der TU Berlin liegen Angebote vor. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie bietet der TU Berlin an, die Ingenieurdienstleistungen für die Ausschreibung kostenfrei zu übernehmen. Die Erfahrungen anderer Auftraggeber sind mittlerweile in einen Mustervertrag eingeflossen, den das Land Hessen verwendet und kostenlos durch seine Pressestelle herausgibt.

Ergebnis der Diskussion war für mich, daß für die TU das geplante Budgetieren von Strom mit Energiesparpartnerschaften verbunden werden könnte. Das eine um die verhaltensbezogenen, das andere, um die technischen Energie- und Wasserverbräuche zu mindern - das Investitionsrisiko liegt allein beim Contractor (Energiesparpartner), der Bürgschaften erbringen muß.

Warum nicht einfach unsere Wünsche und Anforderungen ausschreiben? Entscheiden wird der Markt. Vielleicht steht dann in der Presse: "TU Berlin plant Energieeinsparcontracting für ihre Gebäude. Sie kauft nichts mehr, was sie umsonst bekommt." Zuständig ist die Abteilung IV der ZUV.

Thomas Albrecht,
Umweltschutzingenieur der TU Berlin


… die Rosinen werden herausgepickt

Die Abteilung IV Bau- und technische Angelegenheiten beabsichtigt, für Gebäude außerhalb des Stammstandortes Energiesparleistungen, die denen der Energiesparpartnerschaften vergleichbar sind, im Rahmen von Outsourcingprozessen vertraglich festzulegen. Sie plant die Komplettvergabe von Dienstleistungen für Gebäude außerhalb der Stammstandorte. In bereits entwickelten Standardverträgen sind Klauseln enthalten, die den Dienstleister verpflichten, innerhalb von fünf Monaten nach Vertragsabschluß Konzepte zu möglichen Energieeinsparungen vorzulegen. Jede einzelne Maßnahme wird dabei geprüft und bestätigt und kann entweder durch den Auftragnehmer oder durch die TU Berlin realisiert und finanziert werden. Dabei wird auf relativ kurze Laufzeiten - bis zu maximal fünf Jahren - geachtet.

RISIKO NICHT KALKULIERBAR

Der Weg der Vergabe von Gebäuden zu Energiesparpartnerschaften innerhalb des Stammstandortes (Kernbereich der TU) wurde bisher noch nicht beschritten, da verschiedene inhaltliche Aspekte noch nicht ausreichend geklärt sind.

Die relativ langen Laufzeiten solcher Verträge (7-12 Jahre) beinhalten erhebliche Risiken für eine kalkulierte Einsparung. Beispiele sind fallende Strompreise aufgrund einer Liberalisierung der Strommärkte, die Umsetzung von eigenen, zentralen Stromverbrauchsreduzierungen oder die Veränderungen von Verbrauchssituationen aus den unterschiedlichsten Gründen.

Eine Übertragbarkeit von Erfahrungen, die bei Energiesparpartnerschaften mit Schulen und anderen Gebäuden mit geringen technischen Ausrüstungen gesammelt wurden, auf die technisch anspruchsvollen Gebäude einer technischen Universität ist nicht gegeben.

Die Vergabe von zahlreichen Gebäuden in einem Pool, um das Risiko des Auftragnehmers zu mindern, führt zwangsläufig zu einer Mischbetreibung der technischen Anlagen der Gebäude durch den Investor und die TU, mit allen daraus resultierenden Problemen einer einheitlichen Servicestrategie, der komplizierten Leistungsabgrenzung und der Auftragsvergabe für den Mittelstand.

EINHEITLICHES MANAGEMENT

Die Vergabe aller Serviceaufgaben in den Gebäuden in einem Pool ist gleichzusetzen mit der Privatisierung von Gebäuden im Stammbereich, mit allen damit verbundenen ungeklärten sozialen Fragen der Mitarbeiter. Sie widerspricht einem einheitlichen Gebäudemanagement und einer effizienten Bewirtschaftung, zum Beispiel hinsichtlich einer einheitlichen Steuerung aller Gebäude über die Gebäudeleittechnik, des Energiemanagements sowie des Instandhaltungs- und Wartungsmanagements.

ERNEUERUNGEN NICHT ANGEGANGEN

Da auch der Anbieter der Energiesparpartnerschaften unter wirtschaftlichen Zielsetzungen handelt, besteht die Gefahr - dies zeigen Erfahrungen aus anderen Projekten -, daß sozusagen die "Rosinen herausgepickt werden", aber grundsätzliche Erneuerungen nicht angegangen werden. Diese Aufgabe verbliebe dann bei der TU Berlin. Ein Weg, aus dieser Problemkette herauszukommen, ist die Vergabe von Contracting-Leistungen für das Betreiben und investive Verändern ausgewählter technischer Anlagen-Systeme. Mit der BEWAG als Mehrwertdienstleister, wird derzeit ein Vertragsentwurf erarbeitet, um die Betreibung der Kälteanlagen im Physikneubau auf Absorptionskälteerzeugung mittels BEWAG-Wärme umzustellen.

Andreas Lange
Abteilung IV Bau- und technische Angelegenheiten


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