TU intern - Oktober 1999 - Aktuelles

Gegen den Betrug

Grundsätze gegen wissenschaftliches Fehlverhalten im Netz

Fälle wissenschaftlicher Datenfälschungen tauchen leider immer wieder auf. Erinnert sei an den spektakulären Fälschungsskandal um den Krebsforscher Professor Friedhelm Hermann, der Forschungsergebnisse manipuliert und publiziert hat. Um wissenschaftlichem Fehlverhalten entgegenwirken zu können, hat der Akademische Senat der TU Berlin im Juli dieses Jahres Grundsätze beschlossen, die das Verfahren bei einem Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten regeln.

Ein wissenschaftliches Fehlverhalten wird dann als gegeben angesehen, wenn in einem wissenschaftserheblichen Zusammenhang bewusst oder grob fahrlässig Falschangaben gemacht werden, geistiges Eigentum anderer verletzt oder in anderer Weise deren Forschungstätigkeit beeinträchtig wird.

Ratsuchende, die über ein vermutetes wissenschaftliches Fehlverhalten berichten wollen, wenden sich an eine Ombudsperson. Bei dieser handelt es sich um einen Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin, der/die vom Präsidenten berufen wird, die Vorwürfe auf Konkretheit und Bedeutung prüft und gegebenenfalls die vom Präsidenten eingesetzte Untersuchungskommission einschaltet. Die Kommission setzt sich aus drei Mitgliedern der TU Berlin zusammen, die jeweils für die Dauer von drei Jahren berufen werden und von denen mindestens zwei Hochschullehrer/-lehrerinnen sind. Liegen begründete Verdachtsmomente wissenschaftlichen Fehlverhaltens vor, informiert der Vorsitzende der Kommission den Präsidenten und leitet die notwendigen Maßnahmen zur Ermittlung des Sachverhaltes ein. Der oder die Betroffene wird von der Kommission unter Nennung der belastenden Tatsachen und Beweismittel über den Vorwurf informiert und um Stellungnahme gebeten, soweit nicht zu befürchten ist, dass hierdurch eine Verschlechterung der Sachverhaltsaufklärung eintritt. Die Kommission tagt nicht öffentlich und fasst Beschlüsse in einfacher Mehrheit. Sie berichtet dem Präsidenten über die Ergebnisse ihrer Arbeit und legt eine Beschlussempfehlung vor. Auf der Grundlage von Bericht und Empfehlung der Kommission entscheidet der Präsident, ob das Verfahren einzustellen oder ob ein wissenschaftliches Fehlverhalten hinreichend erwiesen ist. Im letzteren Fall entscheidet er auch über die Folgen. Ist der Verdacht eines wissenschaftlichen Fehlverhaltens zu Unrecht erhoben worden, trifft der Präsident die zur Rehabilitation der beschuldigten Person notwendigen Maßnahmen.

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Die vollständigen Grundsätze für das Verfahren bei Verdacht auf wissenschaftliches Fehlverhalten in der TU Berlin finden Sie auch unter http://archiv.pressestelle.tu-berlin.de/doku/fehlverhalten/

Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis

Aufgeschreckt durch einen besonders schweren Fall wissenschaftlichen Fehlverhaltens hatte die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) eine international zusammengesetzte Kommission berufen, die den Ursachen von Unredlichkeit im Wissenschaftssystem nachgehen und Gegenmaßnahmen entwickeln sollte. Die Kommission verabschiedete einen "Ehrenkodex" mit 16 Empfehlungen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Darin heißt es unter anderem: "Hochschulen und außeruniversitäre Forschungsinstitute sollen unter Beteiligung ihrer wissenschaftlichen Mitglieder Regeln guter wissenschaftlicher Praxis formulieren, sie allen ihren Mitgliedern bekanntgeben und diese darauf verpflichten. Diese Regeln sollen fester Bestandteil der Lehre und der Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses sein." Die Vergabe von Fördermitteln durch die DFG wird in den 16 Empfehlungen von der Existenz solcher Regeln abhängig gemacht. Dazu heißt es: "In den Richtlinien für die Verwendung bewilligter Mittel soll der/die für das Vorhaben Verantwortliche auf die Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis verpflichtet werden. Ist eine Hochschule oder ein Forschungsinstitut allein oder gleichberechtigt Empfänger der Mittel, so müssen dort Regeln guter wissenschaftlicher Praxis (Nr. 1) und für den Umgang mit Vorwürfen wissenschaftlichen Fehlverhaltens (Nr. 8) etabliert sein. An Einrichtungen, die sich nicht an die Empfehlungen 1 bis 8 halten, sollen keine Fördermittel vergeben werden."

Die DFG selbst hat mittlerweile ein Gremium von Ombudsleuten eingerichtet, die bei einem Verdacht auf wissenschaftliche Unredlichkeit als Vertrauenspersonen zur Beratung und Vermittlung zur Verfügung stehen. Sie untersuchen eigenständig, ob ein begründeter Verdacht besteht. Dann verweisen sie an die zuständige Kommission der Hochschule oder an den Untersuchungsausschuss der DFG. Sprecher der Ombudsleute der DFG ist Prof. Hans-Heinrich Trute (TU Dresden) außerdem gehören Prof. Gottfried Geiler (Uni Leipzig) und Prof. Siegfried Grossmann (Universität Marburg) dem Gremium an. Das Gremium kann von allen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen angerufen werden, unabhängig davon, zu welchem Fach sie gehören und ob sie Antragsteller der DFG waren oder sind.

Die 16 Empfehlungen der DFG-Kommission samt Begründungen, einem kurzen Überblick über die Probleme im Wissenschaftssystem und über Lösungsansätze im Ausland sind im Internet verfügbar unter: http://www.dfg.de/aktuell/download/empf_selbstkontr.htm

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