TU intern - Oktober 1999 - Aktuelles

TU Berlin ehrt Georg Schlesinger

Eine Gedenktafel soll an der einstigen Wirkungsstätte Schlesingers an der TH Charlottenburg angebracht werden. Zur feierlichen Enthüllung der Tafel waren auch Schlesingers Kinder, Lilli Koenigsberger, Mary Fisher und Fred Schlesinger (v. l. n. r.) angereist , rechts Professor Günter Spur
Anlässlich des 50. Todestages Georg Schlesingers veranstaltete die TU Berlin am 6. Oktober 1999 das Georg-Schlesinger-Gedenkkolloquium. Am Tage zuvor hatte TU-Präsident Hans-Jürgen Ewers eine Gedenktafel zu Ehren des ehemaligen TH-Professors enthüllt. Die Tafel wird an der einstigen Wirkungsstätte von Georg Schlesinger, dem Gebäude des ehemaligen Versuchsfeldes für Werkzeugmaschinen, angebracht.

Georg Schlesinger, der am 6. Oktober 1949 im Londoner Stadtteil Wembley starb, gilt als einer der herausragendsten Vertreter des Maschinenbaus in diesem Jahrhundert. 1904 als ordentlicher Professor auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen und Fabrikbetriebe an die Königlich Technische Hochschule Charlottenburg berufen, erwarb er sich in den Bereichen Rationalisierung und Normung besondere Verdienste. Er gründete das Institut für Psychotechnik, um durch die Einbeziehung von psychologischen Faktoren in Arbeitsprozesse die Arbeit für den Menschen geeignet zu machen, und schuf die Basis für die biomedizinische Technik an der Technischen Hochschule Charlottenburg. Sein Anspruch, als Schnittstelle zwischen Hochschule und Industrie zu wirken, dem er hoch engagiert nachkam, erscheint aus der Distanz von über einem halben Jahrhundert bemerkenswert aktuell und vorausschauend.

Die Technische Hochschule Charlottenburg hat ihm seinen Einsatz nicht gedankt, im Gegenteil: Als Jude unerwünscht, wurde er 1933 von Mitarbeitern denunziert und wegen Werkspionage und Hochverrats neun Monate in Untersuchungshaft genommen. Nach seiner Freilassung wurde er konsequent aus dem Amt gedrängt - der Zutritt in sein Institut wurde ihm ebenso verwehrt wie der Zugriff auf seine Unterlagen. Ohne nennenswerten Protest von Kollegenseite wurde er am 1. 1. 1934 mit der Begründung, zur Erziehung deutscher Ingenieure unfähig zu sein, in den Ruhestand versetzt. Mit dem Gedenkkolloquium und einer Gedenktafel will die TU Berlin den bedeutenden Wissenschaftler spät - aber hoffentlich nicht zu spät - ehren. Präsident Ewers wies darauf hin, dass die TU Berlin sich im Rahmen der anstehenden Jubiläen auch mit den dunklen Kapiteln der Geschichte der TU Berlin auseinandersetzen müsse, um einem bedeutenden Wissenschaftler wie Georg Schlesinger den Rang einzuräumen, der ihm gebührt. Auf wissenschaftlicher Ebene verfolgt die TU Berlin dieses Ziel unter anderem mit dem DFG-Projekt "Leben und Wirken jüdischer Betriebswissenschaftler", das am Produktionstechnischen Zentrum Berlin unter der Leitung von Professor Günter Spur und Professor Wolfram Fischer bearbeitet wird.

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