2. Begriff und Ziele der Budgetierung
2.1 Der Budgetierungsbegriff
Budgetierung wird in bezug auf die TU Berlin wie folgt definiert:
Budgetierung ist die Gesamtheit aller Regelungen, nach denen der
Globalhaushalt einer Hochschule an die dezentralen, ebenfalls
über Globalsummen verfügenden Entscheidungsträger
innerhalb der Hochschule verteilt bzw. durch diese Entscheidungsträger
verausgabt wird. Diese Regelungen müssen die dezentrale Autonomie
und Planungssicherheit gewährleisten, gleichzeitig aber auch
wettbewerbliche Anreize und Sanktionen sowie einen Legitimationsrahmen
für dezentrales Handeln schaffen. Budgetierung ist damit
auch ein Leitungs- und Steuerungsinstrument.
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Budgetierung hat demnach folgende Implikationen:
- Es geht um ein hochschulinternes Finanzsystem, das unmittelbar
auf den Umgang mit Globalhaushalten abgestellt ist. Wesentliches
Ziel der Budgetierung ist es, den Autonomiegedanken hochschulintern
fortzusetzen, indem die staatliche Globalzuweisung in hochschulinterne
Globalsummen für alle dezentralen Einheiten aufgespalten
wird. Die Problemnähe, die Informationsvorsprünge und
die Eigenverantwortung der dezentralen Akteure in der Hochschule
schaffen das Potential für einen effizienteren, effektiveren
und flexibleren Mitteleinsatz. Diese ansonsten v.a. im Verhältnis
Staat-Hochschule angewandte Logik gilt demnach ebenso für
die hier betrachtete Beziehung von Hochschulleitung zu dezentralen
Einheiten.
- Die Verteilungs- und Verausgabungsregeln der Budgetierung
machen dieses Potential nutzbar. Dazu müssen sie Leitungs-
und Steuerungsimpulse vermitteln, insbesondere indem sie Wettbewerb
im Hinblick auf die Erreichung der Ziele der TU Berlin erzeugen.
- Budgetierung ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Gestaltung
der hochschulinternen Finanzbeziehungen, umfaßt also aus
Fakultätssicht die Einnahmen- und Ausgabenseite. Budgetierung
bezieht sich aber nicht nur auf die Finanzbeziehungen zwischen
Hochschulleitung und Fakultäten, sondern auch auf
die Gestaltung dezentraler Budgetverantwortung innerhalb der Hochschulverwaltung
und in zentralen Einrichtungen.
- Natürlich gab es auch bisher Regeln der internen Mittelvergabe
und der Mittelverausgabung. Budgetierung bedeutet jedoch, daß
die praktizierten Regeln auf den Prüfstand gestellt und so
verändert bzw. neu abgestimmt werden, daß sie den Erfordernissen
der Finanzautonomie genügen und das Verhältnis zwischen
Hochschulleitung und dezentralen Einheiten konsistent regeln.
In Teilbereichen mag die Budgetierung somit zu umwälzenden
Veränderungen führen; in anderen Bereichen kann sie
lediglich eine graduelle Nachjustierung bestehender Regelungen
implizieren.
Wesentlich ist auch, daß die Budgetierung mit den anderen
Bereichen der aktuellen Reformbestrebungen abgestimmt wird;
so bringt es beispielsweise wenig, Leitbilder und strategische
Ziele einer Hochschule zu formulieren, ohne diese im Budgetierungssystem
auch abzubilden. Umgekehrt sind strategische Ziele notwendig,
um das Budgetierungsverfahren mit Inhalten zu füllen.
Budgetierung ist somit mehr als eine Umschreibung für einen
Globalhaushalt. Sie umfaßt ein hochschulinternes Steuerungs-
und Koordinationssystem mit zahlreichen Komponenten. Die Grundzüge,
Prinzipien, Gestaltungsoptionen und möglichen Umsetzungen
dieses komplexen Systems werden im folgenden für die TU Berlin
entwickelt.
2.2 Ziele der Budgetierung
Die Budgetierung verfolgt folgende Oberziele/Funktionen
(die bereits in die obige Begriffsdefinition eingeflossen sind):
- Budgetierung muß einerseits gewährleisten, daß
die durch Globalhaushalte gewährte Autonomie so weit
wie möglich an die dezentralen Entscheidungsträger in
der Hochschule weitergegeben wird.
- Budgetierung muß andererseits einen Anreiz-, Sanktions-
und Legitimationsrahmen schaffen, der dafür sorgt, daß
die Effizienz- und Effektivitätspotentiale der Finanzautonomie
tatsächlich genutzt werden und daß es gelingt, die
finanziellen Freiheiten langfristig gegen staatliche Interventionen
abzusichern.
Die Oberziele lassen sich weiter präzisieren. Zur Sicherung
der dezentralen Autonomie (1. Oberziel) tragen folgende Unterziele
der Budgetierung bei:
- Zur Sicherung der Autonomie dezentraler Entscheidungsträger
sind alle finanziellen Rahmenregeln als Instrumente der Grobsteuerung
und nicht der Feinsteuerung zu konzipieren. Direkte Reglementierungen
der Ausgabentätigkeit sind so weit wie möglich zu vermeiden.
- Die finanziellen Regeln müssen transparent und durchschaubar
sein, um den einzelnen Entscheidungsträgern Planungssicherheit
zu geben. Die Möglichkeit zu längerfristigen Planungen
ist ein wesentlicher Vorteil der Finanzautonomie und darf nicht
hochschulintern konterkariert werden.
- Die dezentralen Entscheidungsträger müssen durch
entsprechende Managementinstrumente in die Lage versetzt
werden, autonome Ausgabenentscheidungen zu treffen. Dazu gehört
beispielsweise eine adäquate Informationsbasis für die
Entscheidungsfindung und eine neue Entscheidungskultur.
- Durch Freiheit und Eigenverantwortlichkeit wird ein Beitrag
zur Motivation der dezentralen Akteure und eine steigende
Qualität von Arbeitsplätzen und -inhalten realisiert.
Die Setzung eines Ordnungsrahmens (2. Oberziel) läßt
sich anhand folgender Unterziele der Budgetierung konkreter
fassen:
- Die Budgetierung muß wettbewerbliche Anreize
setzen, indem sie den Umfang der Aufgabenübernahme, die
Leistungen und die Realisierung von Innovationen finanziell honoriert
bzw. sanktioniert. Dadurch werden entscheidende Impulse im Hinblick
auf die Profilierung und damit auf die Stärkung der
Wettbewerbsposition der Hochschule erreicht.
- Die Budgetierung muß durch Rationalität und Nachvollziehbarkeit
eine Legitimation für Globalhaushalte und dezentrale
Teilbudgets schaffen. D.h. sie soll sowohl die Verhandlungsposition
der TU gegenüber der staatlichen Seite stärken als auch
hochschulintern das Verteilungsergebnis plausibel machen und damit
interne Verteilungskämpfe entschärfen.
- Wirtschaftliches Handeln und Sparsamkeit muß
finanzielle Vorteile für den jeweils Handelnden erzeugen
und sich dadurch für jeden einzelnen Entscheidungsträger
lohnen.
An der ausgewogenen Erreichung dieser Ziele sind alle Regelungen
der Budgetierung zu messen. Die Ziele bieten damit einen normativen
Kriterienkatalog zur Beurteilung konkreter Reformvorschläge.
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